Die Venloer Straße in Ehrenfeld soll nach der Versuchsphase nun dauerhaft Einbahnstraße bleiben.
Venloer Straße in KölnAusschuss soll Einbahnstraße dauerhaft festschreiben

Mittlerweile ein gewohntes Bild: Radfahrende sind auf dem unteren Abschnitt der Venloer Straße deutlich in der Mehrheit.
Copyright: Meike Böschemeyer
Nach im Wortsinne Jahrzehnte langen Diskussionen war es im Herbst 2021 so weit: Der Verkehrsausschuss der Stadt beschloss, auf der Venloer Straße zwischen Gürtel und Piusstraße eine Einbahnstraße einzurichten. Hintergrund waren unter anderem die Unfallzahlen auf besagtem Abschnitt, die diesem Teilbereich der Venloer Straße auch überregional unrühmliche Schlagzeilen als einer der gefährlichsten Straßenabschnitte überhaupt in Deutschland einbrachten. Ein sogenannter Verkehrsversuch mit Einbahnstraßenregelung Richtung Innenstadt sollte Gewissheit bringen über die Sinnhaftigkeit des Unterfangens.
Die erste Phase
Die zunächst erfolgte, erste Umsetzung eines Verkehrsversuches – die sogenannte „Erprobungsstufe 1“, ein verkehrsberuhigter Geschäftsbereich mit Tempo 20, veranlasste allerdings nicht nur wütende Anwohner, die Sinnhaftigkeit einer wie auch immer gearteten Neuregelung in Frage zu stellen. Überklebte Markierungen, keine Fahrradstreifen mehr, ausgeschaltete Ampelanlagen, ein Schilderwald und unvermittelt rechts vor links: Das Chaos, so hatte man den Eindruck, sei nun erst vollends eingeleitet worden. Und auch das gegenseitige Aggressionspotenzial zwischen Autofahrern, Radfahrern und Fußgängern stieg zunehmend.

Der erste Verkehrsversuch auf der Venloer Straße mündete stellenweise in Chaos
Copyright: Nabil Hanano
Die heutige Regelung
Zwar reifte auch bei der Stadt schnell die Einsicht, dass es so nicht weitergehen konnte. Doch es sollte noch bis Oktober 2023 dauern, bis die heute geltende Regelung eingeführt wurde. Tempo 30, die Radstreifen werden wieder instandgesetzt, Zebrastreifen ordentlich markiert, die Ampel an der Wahlenstraße wieder in Betrieb genommen. Andere provisorische, weitgehend unbeachtete und teilweise auch äußerst ungünstig platzierte Überquerungshilfen wurden wieder abgebaut. Die Autofahrer werden nun bereits weit vor der Venloer Straße auf die neue Regelung hingewiesen, die Polizei fuhr vermehrt Streife sowohl mit Einsatzwagen wie mit Fahrrädern, das Tempo mit mobilen Blitzern überwacht. Zusätzlich wurden Handwerkerzonen eingerichtet.
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Die Öffentlichkeitsbeteiligung
Die Rückmeldungen aus den verschiedenen Phasen der Öffentlichkeitsbeteiligung flossen mit in die Planungen ein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung waren auf der Venloer Straße unterwegs, um Feedback einzuholen. Auch online konnten Interessierte ihre Meinung abgeben. Im Frühjahr 2024 fanden Gestaltungsworkshops mit Bürgerinnen und Bürgern sowie ein Workshop für Gewerbetreibende statt. Bis Ende September 2024 war das Online-Portal zur Venloer Straße geöffnet. Besonders positiv wurden laut Verwaltung die „Verweiloasen“, besonders gestaltete Sitzelemente, bewertet. Die Bezirksvertretung Ehrenfeld erteilte der Verwaltung den Auftrag, die Verweiloasen auch 2025 aufzustellen.
Der Effekt
Seitdem hat sich das Bild auf der Venloer Straße selbst stark gewandelt. Der Autoverkehr hat im Gegensatz zur (Außen-) Gastronomie stark abgenommen, die Unfallzahlen sind stark zurückgegangen und die täglichen Auseinandersetzungen zwischen den einzelnen Verkehrsteilnehmern tauchen nur noch unter „ferner liefen“ auf. Allerdings gibt es nicht nur positive Stimmen. Speziell in den Anliegerstraßen und an den Ausweichrouten Vogelsanger Straße und Subbelrather Straße schimpfen viele Menschen, die sich nun der Wandlung der Venloer Straße ausgesetzt fühlen. Die Umwidmung der Piusstraße zur Anliegerstraße beachtet kaum jemand, die Fahrtrichtung der hier geltenden Einbahnstraßenregelung soll noch gedreht werden. Der Parksuchverkehr drängelt sich mehr denn je durch die engen Straßen Alt-Ehrenfelds, und auch manche Geschäfte beklagen nach wie vor einen Umsatzrückgang.
Das Ergebnis
Insgesamt aber, so stellt die Verwaltung ein einer Beschlussvorlage für den Verkehrsausschuss und die Bezirksvertretung Ehrenfeld fest, habe sich die bisherige Versuchsregelung deutlich bewährt und solle nun auf Dauer festgeschrieben werden. „Mit Umsetzung der Einbahnstraße nahm die Unfallzahl ganz rapide ab (…) Auf der Venloer Straße reduziert sich die Unfallanzahl mit Einführung der Einbahnstraße um zwei Drittel“, ist dort zu lesen. Es sei in keinem Bereich eine Zunahme von Unfällen zu verzeichnen, die auf die Einführung der Einbahnstraße zurückzuführen sei, auch das Verkehrsaufkommen wie die Geschwindigkeit des Autoverkehres habe abgenommen. „Dieser Rückgang bedeutet für die Venloer Straße im Ergebnis einen enormen Gewinn für die Verkehrssicherheit“, so die Verwaltung.
Das weitere Verfahren
„Nach sorgfältiger Abwägung überwiegen aus Sicht der Verwaltung die Aspekte der Sicherheit im Sinne des Wohles der Allgemeinheit gegenüber den teilweise in einigen anliegenden Straßen zu beobachtenden Veränderungen im Verkehrsaufkommen. Die Verwaltung empfiehlt daher die Verstetigung für den erprobten Abschnitt auf der Venloer Straße dauerhaft zur Einbahnstraße“, heißt es in der Vorlage. Ihr muss nun der Verkehrsausschuss in seiner nächsten Sitzung am 13. Mai zustimmen. Sollte die Bezirksvertretung Ehrenfeld sechs Tage später ebenfalls unverändert mitziehen, ist aus dem Versuch eine bleibende Gewissheit geworden.
Die Reaktionen
„Das ist ein Weg, den man gehen kann.“ Roman Suthold vom ADAC hat insbesondere vor dem Hintergrund der jahrelangen Diskussion um eine Entschärfung der Venloer Straße keine Probleme mit der neuen Regelung. Allerdings hätte er sich ein moderates Vorgehen gewünscht: „Evolution statt Revolution“, sagt er. Gerade im laufenden Betrieb, da müsse man behutsam vorgehen und nicht einmal alles überstülpen. Viele Probleme ergäben sich erst in der Praxis, „dann muss man eben nachjustieren“. Den Weg mit der Geschäftsstraßenregelung hielt er von Anfang an für abwegig: „Wir waren uns auch mit dem ADFC von Anfang an einig, dass es eigentlich nur eine Einbahnstraßenregelung geben kann.“ Wie es seit Jahren auch in der Bezirksvertretung diskutiert wurde. Man solle mehr auf die Menschen vor Ort hören.
Warum die Einbahnstraßenregelung nicht von vornherein gekommen sei, könne man eigentlich niemandem erklären, sagt Christoph Schmidt vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Köln (ADFC). Das Tempo-20-Modell sei denkbar ungeeignet gewesen. „Die Situation hat sich jetzt massiv beruhigt und ist eine deutliche Verbesserung insbesondere für die Radfahrer.“ Langfristig könne man darüber diskutieren, die Vogelsanger Straße zu drehen, die nun mehr Verkehr aufnehmen müsse. Schmidt mahnte an, nun den zweiten Teil der Venloer Straße folgen zu lassen: Die Einbahnstraßenregelung zwischen Gürtel und Äußerer Kanalstraße, diesmal in Richtung stadtauswärts. Damit hätten wir den Durchgangsverkehr dann wirklich raus aus der Venloer Straße, erklärt Schmidt.
Überlegungen dazu gibt es bereits seit einigen Jahren, doch vorläufig ist damit wohl noch nicht zu rechnen: Bisher liege der Fokus der Kölner Stadtverwaltung auf dem „Verkehrsversuch zur Einrichtung einer Einbahnstraße auf der Venloer Straße zwischen Ehrenfeldgürtel und Piusstraße/ Franz-Geuer-Straße“, heißt es dort. Aus diesem Grund könne derzeit nicht abgeschätzt werden, wann eventuelle Pläne zur Einrichtung einer Einbahnstraße zwischen Ehrenfeldgürtel und Äußere Kanalstraße stadtauswärts bearbeitet werden könnten.