Mehrere Projekte der Stadt zur Hilfe für Abhängige können nicht wie geplant realisiert oder fortgesetzt werden.
Viele ProblemeKölner Drogenpolitik steht vor Herausforderungen

Ausgebrannter Drogenbus Stadt Köln im Jahr 2021
Copyright: Stadt Köln
Bei der letzten Sitzung des Gesundheitsausschusses im Rathaus vor der Sommerpause zog sich ein Thema wie ein roter Faden durch die Beratungspunkte: Es wird zwar viel getan, um Drogenabhängige in der Stadt zu schützen, es gibt aber auch an vielen Stellen Herausforderungen oder sogar herbe Rückschläge. Die Zahl der Drogentoten steigt seit Jahren kontinuierlich an. Allein in den vergangenen fünf Jahren sind die polizeilich registrierten „drogenbedingten Todesfälle“ um zwei Drittel auf nun 83 Personen gestiegen.

Grafik Drogentote Köln
Copyright: Harald Woblick
Ein Baustein des Hilfskonzepts für Betroffene wird nun dauerhaft wegfallen: Ende 2019 waren zwei Busse von der Stadt eingesetzt worden. In dem einen gab es mobile Beratung für Abhängige, in dem anderen konnten sie unter medizinischer Aufsicht Stoffe konsumieren. Im Jahr 2021 brannte einer der Busse aus und wurde nicht wieder instandgesetzt. Der zweite wurde 2022 noch einmal für kurze Zeit reaktiviert, als der Drogenkonsumraum am Neumarkt umgebaut werden musste. Seitdem war er nicht mehr unterwegs. Nun soll er komplett abgeschafft werden.
Wasserschaden und Schimmel
Dabei war geplant, ihn in der Nähe des Wiener Platzes in Mülheim aufzustellen. Dort fand sich jedoch nach Angaben der Verwaltung kein geeigneter Standort. Außerdem sei der Schutz von Mitarbeitenden gegen den Rauch von Drogen in dem Fahrzeug nicht zu gewährleisten.
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Hinzu kommen die hohen Kosten. 25.000 Euro seien in diesem Jahr schon für Reparaturen und Instandsetzungen ausgegeben worden, obwohl der Bus nie eingesetzt wurde. Auf seinem Abstellplatz habe er zudem einen massiven Wasserschaden durch eindringenden Regen erlitten, was wiederum zu Schimmelbildung geführt habe. Um ihn zu sanieren, müssten rund 80.000 Euro ausgegeben werden.
Immerhin gibt es in der Stadt am Neumarkt und am Hauptbahnhof noch zwei stationäre Drogenkonsumräume. In Kalk und in Porz sollen bald weitere geschaffen werden. Letzteres ist aber schon seit Langem im Gespräch, und Eröffnungstermine gibt es noch nicht. Und der Raum für rauchenden Konsum am Neumarkt war zeitweise wegen einer defekten Rauchgasanlage geschlossen. Seit Januar ist er zwar wieder geöffnet, es können aber nur vier statt sechs Plätze angeboten werden.
Crack auf dem Vormarsch
Dabei bekommt das Inhalieren als Art des Konsums wachsende Bedeutung. Immer weniger setzen sich zum Beispiel Spritzen mit Heroin. Der Trend geht hin zu einem gemischten Konsum, und häufiger spielt dabei die extrem gefährliche Droge Crack eine Rolle. Sie wird geraucht, ist vergleichsweise billig, macht besonders schnell abhängig und lässt die Konsumenten rasant verelenden.
Deshalb bemüht sich die Stadt um ein Modelprojekt, in dem ein Ersatzstoff für Crack an Betroffene abgegeben werden kann, ähnlich wie das bei Heroin schon der Fall ist. Doch die Verhandlungen darüber ziehen sich noch hin. Das NRW-Gesundheitsministerium unterstützt den Angaben der Verwaltung zufolge zwar das Konzept. Es muss aber noch einiges rechtlich geklärt werden, weil es noch kein zugelassenes Arzneimittel für diesen Zweck gibt. Manche Medikamente würden zwar wirken, die juristischen Fragen seien aber vielfältig. Außerdem wäre die Finanzierung einer solchen Maßnahme noch nicht geklärt.
Projekt am Ebertplatz in Gefahr
Unabhängig von diesen Ansätzen beschäftigen sich Arbeitsgruppen mit der Drogenszene und möglichen Hilfen. Polizei, Ordnungsamt und Kölner Verkehrs-Betriebe machen gemeinsame Streifengänge, Streetworkerinnen und Streetworker sprechen Abhängige an. Zeitweise werden dazu auch Vermittler eingesetzt, die mehrere Sprachen sprechen. Der Sozialdienst Katholischer Männer bietet als freier Träger beispielsweise Beratungen auf Englisch, Türkisch, Kurdisch oder Arabisch an.
Seit Anfang März läuft zudem auf dem Ebertplatz ein Projekt zur „milieuspezifischen Sozialarbeit“. Zwei Fachleute sind jeweils in der Umgebung des Drogen-Brennpunkts unterwegs. Die Finanzierung ist aber bis Ende des Jahres befristet.
Ob das Projekt auch im Jahr 2026 fortgeführt werden kann, hänge von der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln ab, betont die Verwaltung: „In den Ergebnisplänen des zuständigen Dezernats ist kein Ansatz planmäßig veranschlagt“, heißt es im bürokratischen Deutsch in einer Mitteilung an den Gesundheitsausschuss. Konkret bedeutet das: Es ist kein Geld vorhanden. Nun soll geprüft werden, ob in anderen Dezernaten gespart werden kann, um die Stellen für den Ebertplatz doch noch finanzieren zu können.