Ortstermin in KölnAppellhofplatz vermehrt Treffpunkt für Drogenabhängige — ein Galerist berichtet

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rostlos und verwahrlost: Die Haltestelle Appellhofplatz ist ein schäbiger Ort und wird vemehrt von Drogensüchtigen als Rückzugsort genutzt.

rostlos und verwahrlost: Die Haltestelle Appellhofplatz ist ein schäbiger Ort und wird vemehrt von Drogensüchtigen als Rückzugsort genutzt.

Der Appellhofplatz in Köln ist das neueste Epizentrum der Drogenproblematik der Stadt, mit Szenen, die für Einheimische und Touristen gleichermaßen schockierend sind. Die Stadt plant nun eine erhöhte Streetworker- und Polizeipräsenz.

Köln ist für Filmemacher ein attraktiver Ort. Sollte ein Regisseur einen neuen Drehort für ein Untergangsszenario suchen, sei ihm der Appellhofplatz empfohlen. Dieser Ort ist selbst am Tag gruselig, geschweige denn in der Dunkelheit. Von der Decke hängen Kabel, Bauzäune, Blutspuren sind auf dem Boden zu sehen, dunkle Gänge, schmutzige und beschmierte Kacheln und immer wieder Drogensüchtige, die durch die Gänge huschen und sich „einen Schuss“ setzen.

Appellhofplatz Köln: Zumutung für KVB-Kunden

Die Haltestelle Appellhofplatz ist eine Zumutung für KVB-Kunden, Kölner und Touristen in dieser Stadt. Das ist nicht erst seit gestern so — aber in den vergangenen Wochen und Monaten entwickelte sich der Ort immer mehr zum Treffpunkt von Dealern, Drogensüchtigen und verwahrlosten Menschen. Ein Kölner, der dies jeden Tag hautnah erlebt, ist Assawin Getbutbaworn vom „Antiquariat Buchholz“. Sein Geschäft ist direkt an einem Abgang zum Appellhofplatz. „Es ist eine Zumutung. Hier wird hemmungslos gedealt. Drogen gespritzt, gebettelt und uriniert“, sagt er. „Nach der Corona-Zeit ist es eindeutig schlimmer geworden“, sagt der Galerist im Gespräch mit der Rundschau weiter.

Galerist Assawin Getbutbaworn.

Galerist Assawin Getbutbaworn.

Auf dem Weg am Morgen zur Arbeit hofft er, dass es heute nicht so schlimm wird und er nicht     wieder Drogensüchtige im Eingang des Geschäftes findet. „Manchmal müssen wir sie aus dem Eingang herausziehen“, berichtet der Galerist. In dem Haus gebe es zwar ein Rolltor. Aber dies könnte wegen der Fluchtwege für die Mitarbeiter nicht geschlossen werden. Seit 23 Jahren arbeite er in dem Laden, „so schlimm war es noch nie“. Auch in den Geschäften nebenan ist die massive Drogenproblematik eine Belastung für Gewerbetreibende. Eine Lösung hat der Galerist nicht parat.

Streetworker sind noch selten zu sehen

Manchmal seien Streetworker vor Ort. Vielleicht könne der vermehrte Einsatz von Streetworkern helfen, sagt er. Die Polizei ist an diesem Ort schon länger häufig im Einsatz. Nun will man sich dem Brennpunkt Appellhofplatz noch intensiver widmen, teilte Polizeipräsident Johannes Hermanns mit. „Es gibt Streifen von Polizei und KVB“, sagte der Behördenleiter beim „Presseclub“ am Donnerstagabend im Excelsior-Hotel. Mehr Streifen soll es nicht nur am Appellhofplatz geben, sondern an allen   Brennpunkten in Sachen Drogenkriminalität. Gemeint sind die bekannten Orte: Ebertplatz, Wiener Platz, Friesenplatz, Neumarkt oder eben Appellhofplatz. Die Kriminalität in den Bereichen sei stark angestiegen — teilweise dramatisch.

In der U-Bahn-Station ist vieles kaputt - wie dieser Fliesenspiegel.

In der U-Bahn-Station ist vieles kaputt - wie dieser Fliesenspiegel.

Das Thema Drogenproblematik war auch nach Beschwerden von der Bezirksregierung und Verwaltungsgericht auf der Tagesordnung. Polizeipräsident Hermanns teilte mit, dass die Brennpunkte der Stadt bei der Tagung besprochen wurden. Bei der Aufsichtsbehörde an der Zeughausstraße mehrten sich in der jüngsten Vergangenheit die Beschwerden von Mitarbeitern und Kunden.

„Uns spiegeln Besucherinnen und Besucher, aber vor allem Mitarbeitende der Bezirksregierung immer wider die unzumutbaren und unhaltbaren Zustände im Bereich der Haltestelle Appellhofplatz“, heißt es in einem Schreiben von Regierungs-Vizepräsident Dr. Christian Nettersheim, das der Rundschau vorliegt. Die Bezirksregierung arbeitet mit dem Verwaltungsgericht zusammen, das in unmittelbarer Nähe ihren Sitz hat. In einer E-Mail wandte sich Vizepräsident Nettersheim an die Präsidentin des Verwaltungsgerichtes, Birgit Herkelmann-Mrowka. „Dort sieht man die Problematik genau so“, sagte ein Sprecher der Bezirksregierung auf Anfrage der Rundschau. Die Behörde habe sich an Polizei und Stadt gewandt, die Behörden sollen gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Probleme dort in den Griff zu bekommen, ergänzte der Sprecher.

Appellhofplatz Köln: WDR verstärkt Sicherheitsdienst

Der WDR hatte mitgeteilt, dass sie ihren Sicherheitsdienst verstärkt haben und Mitarbeitenden anbieten, sie nach der Arbeit aus dem Haus zu begleiten. Aus Sicht des Sicherheitsbeauftragten hat die Zahl der „Nichtsesshaften und Abhängigen“ rund um den WDR deutlich zugenommen. „Wir haben junge Kolleginnen, die steigen am Neumarkt aus und fahren nicht mehr bis zum Appellhofplatz, weil sie sagen, diese Haltestelle ist so unglaublich eklig, und wir haben da Angst“, wird eine Mitarbeiterin des WDR im betriebsinternen „Intranet“ zitiert.

Im jüngsten Hauptausschuss sind 1,5 Millionen Euro für ein Sicherheitskonzept der Kölner Verkehrs-Betriebe (KVB) bewilligt worden. Mit dem Geld wollen die KVB vor allem die Sicherheit an den unterirdischen Haltestellen zwischen Rhein und den Ringen erhöhen. Unter anderem in den Stationen am Appellhofplatz oder auch am Friesenplatz hat sich die Drogenszene nach Verdrängungsmaßnahmen am Neumarkt stark ausgebreitet und verunsichert die Fahrgäste.

Graffitis in der U-Bahnstation Appelhofplatz.

Graffitis in der U-Bahnstation Appelhofplatz.

38 zusätzliche Servicemitarbeiter möchten die KVB einstellen. Sie sollen ein Team verstärken, das dann unter dem Arbeitstitel „KVB SOS“ geführt wird. Dieses Team soll aus den bisher getrennt agierenden drei Servicebereichen des Verkehrs-Betriebs zusammengeführt werden. So sollen Kapazitäten entstehen, um die Haltestellen im Innenstadtbereich 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche bestreifen zu können.

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