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„Es ist nicht mehr zu ertragen“IG Neumarkt beklagt massive Zunahme der Drogenkriminalität

4 min
Rund um den Josef-Haubrich-Hof haben sich viele Drogenkranke niedergelassen.

Rund um den Josef-Haubrich-Hof haben sich viele Drogenkranke niedergelassen.

Der Neumarkt in Köln leidet unter massiver Drogenkriminalität und Verwahrlosung. Händler und Anwohner fordern dringend umfassende Lösungen.

Der Vorsitzende der Interessengemeinschaft Neumarkt, Thomas Kleefuß, fasst es mit einem Satz zusammen: „Die Situation ist katastrophal“. Kleefuß beschreibt die Gefühlslage vieler Händler am Neumarkt, aber auch die Zustände wegen der akuten Drogenproblematik am Neumarkt. „Es ist nicht mehr zu ertragen. Für die Händler und die Kunden“, stellte Kleefuß klar. Er betreibt ein Hörgeräte-Geschäft am Neumarkt. „Unsere Kunden sind angewidert, wenn sie über den Neumarkt zu uns kommen“, sagt Kleefuß. Und auch er ist angewidert. „Wenn ich meine Wohnung am Neumarkt verlassen, trete ich häufig in Kot. Das ist unfassbar.“ Die Verwahrlosung und die Drogenkriminalität hätten massiv zugenommen. Der Neumarkt habe eine Sogwirkung für Drogendealer und -konsumenten. Wer Rauschgift verkaufen oder konsumieren will, komme zum Neumarkt. Die Polizei nennt den Bereich ein „großes Drogenkaufhaus“, genau wie am Ebertplatz.   „Wir brauchen hier dringend eine Lösung“, betont der Vorsitzende der Interessengemeinschaft. Wie zu erfahren war, gibt es bereits Lokale, die am Neumarkt über einen Sicherheitsdienst nachdenken, weil ihre Gäste immer wieder aggressiv angebettelt werden.

Schließung des Drogenkonsumraums Neumarkt gefordert

Der Drogenkonsumraum am Neumarkt müsse geschlossen werden. Nötig sei eine große Fläche, eine große Aufenthaltsmöglichkeit für die Drogensüchtigen unter ärztlicher Aufsicht. „Gebraucht werden dezentral ausgebaute Betreuungs- und Aufenthaltsmöglichkeiten“, sagt Kleefuß.   „Es ist offensichtlich, dass die bisherigen Maßnahmen nicht greifen, um den Neumarkt als zentralen Ausgangspunkt der Kölner Handelslagen aus seiner Krise zu führen“, sagte Kleefuß weiter. Anwohner, Immobilienbesitzer und Gewerbetreibende zeigten sich sehr besorgt über diese Entwicklung.

Spritzen liegen auf dem Boden des Parkhauses.

Spritzen liegen auf dem Boden des Parkhauses.

Das Parkhaus an der Cäcilienstraße, das auf Google unter den Stichworten „Urin“, „Spritzen“ und „Gestank“ von sich Reden macht, scheint derweil ein Symbol für die Problematik zu werden. Auf den Parkebenen sowie in den Treppenhäusern finden sich Exkremente, Körperflüssigkeiten und Drogenbesteck. Besuchende berichten außerdem von Begegnungen mit Konsumierenden. Eigentlich sollen dort Gäste der städtischen Einrichtungen Museum Schnütgen und Rautenstrauch-Joest-Museum über einen vergünstigten Tarif parken. Doch das Museum Schnütgen warnt auf seiner Website vor der Tiefgarage und empfiehlt für „sicheres Parken“ ein anderes Parkhaus.

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Rund um den Josef-Haubrich-Hof haben sich viele Drogenkranke niedergelassen.
Thomas Kleefuß, Vorsitzender IG Neumarkt

Dem Ordnungsamt sei der Fall bekannt. Die Stadt verweist auf die Verantwortung des Eigentümers gegenüber Gefahren, die von seinem Eigentum ausgehen. Sollte dem nicht Folge geleistet werden, komme es zu einem ordnungsrechtliches Verfahren. Die betreibende Firma erklärte, das täglich Sicherheitspersonal und Reinigungskräfte eingesetzt werden. Jedoch sei die Situation eine Gefährdung für Mitarbeitende. Man hoffe deshalb auf einen „konstruktiven Dialog mit der Stadt Köln“. Man sei außerdem auf die Hilfe der Politik angewiesen. Mehrere Ratsfraktionen haben sich für einen großen Drogenkonsumraum in der alten Kaufhofzentrale an der Leonhard-Tietz-Straße ausgesprochen. Einen konkreten Antrag dazu hat die SPD-Fraktion formuliert.

Beschluss für sichere Parkhäuser in Köln

Der Rechtsausschuss   hat Ende Juni den Antrag „Sicherheit in städtischen Parkhäusern“ beschlossen, den das Ratsbündnis aus CDU, Grünen und Volt eingebracht hatte. Dieser beauftragt die Verwaltung mit einer Bestandsaufnahme in Kölner Parkhäusern, unter anderem bezüglich Kriminalprävention und Sauberkeit. Außerdem soll es Workshops geben, in denen beteiligte Personen Standards entwickeln. „Wir fordern, dass der Antrag mit Priorität umgesetzt wird“, sagt Grünen-Fraktionsvorsitzende Christiane Martin. Zudem teilt sie mit: „Wir fordern, dass die Stadt den Betreiber unterstützt und hier schnell nachgebessert wird.“ Auch Bernd Petelkau, CDU-Fraktionsvorsitzender, pocht auf eine schnelle Umsetzung der Punkte im Antrag. „Unsere schlimmsten Befürchtungen sind eingetreten: Die zunehmende Zahl an Crack- und Fentanyl-Konsumenten verschärft das Drogenproblem rund um den Neumarkt spürbar – mit gravierenden Auswirkungen auch auf das Parkhaus an der Cäcilienstraße.“ Die Fraktionsvorsitzende von Volt, Jennifer Glashagen spricht von „besorgniserregenden Zuständen“.

Eine Schließung des Parkhauses ist für den Vorsitzenden der Interessengemeinschaft Neumarkt nur die allerletzte Lösung, quasi ein Aufgeben im Kampf gegen die große Drogenproblematik. „Wir wollen die Innenstädte attraktiver machen. Da ist die Schließung eines Parkhauses das falsche Signal“, sagt Kleefuß weiter. Auch die Stadt nennt diese Maßnahme „Ultima Ratio“. Die Polizei teilt zum Parkhaus an der Cäcilienstraße mit: „Wir beobachten, dass es ein Rückzugsort für die offene Drogenszene ist.“ Crack sei ein großes Problem am Neumarkt, es werde häufig von den Süchtigen zusätzlich mit Alkohol konsumiert, beobachtet Kleefuß.   „Wir haben die Wahrnehmung, dass der Crack-Konsum deutlich zunimmt. Damit wird ein Problem auf Köln zukommen, das weit mehr als Cannabis zu einer deutlich zunehmenden Verelendung führen wird“, warnte Polizeipräsident Johannes Hermanns Anfang des Jahres im Gespräch mit der Rundschau zu der Drogenproblematik.