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Neue ProzesstermineMutmaßlicher Drahtzieher des Kölner Drogenkriegs weiterhin nicht angeklagt

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Tatort: Aus einer Villa in Rodenkirchen wurden Geiseln von Spezialkräften im Sommer 2024 befreit.

Tatort: Aus einer Villa in Rodenkirchen wurden Geiseln von Spezialkräften im Sommer 2024 befreit.

Drei neue Prozesstermine im Kölner Drogenkrieg: Elf Angeklagte stehen wegen Geiselnahmen und Explosionen vor Gericht.

Geiselnahmen, Explosionen und immer wieder Razzien: Vor einem Jahr erschütterten mehrere schwere Gewalttaten die Stadt. Es war der Beginn des sogenannten Drogenkrieges. Die juristische Aufarbeitung ist mittlerweile in vollem Gang und ein Ende ist nicht in Sicht.

Neue Prozesstermine im Kölner Drogenkrieg

Wie die Kölnische Rundschau erfuhr, hat das Kölner Landgericht drei neue Prozesstermine anberaumt. Am 29. Juli 2025, dem 20. August und 2. September wird es neue Verhandlungen geben. Bei den drei Terminen wird elf Angeklagten der Prozess gemacht. Allein am 2. September werden sieben Angeklagte auf der Anklagebank Platz nehmen. Es geht bei den Verfahren um die massiven Vorfälle in der Hürther Lagerhalle und die Geiselnahme und Folterung in einer Villa in Rodenkirchen.

In dem Gesamtkomplex gibt es derzeit rund 60 Beschuldigte. Dies teilte die Kölner Staatsanwaltschaft auf Anfrage der Rundschau mit. 38 Haftbefehle wurden seit Beginn der Taten im vergangenen Jahr verkündet. 21 Personen sind mittlerweile angeklagt und es werden noch weitere Anklage dazukommen. In Justizkreisen geht man davon aus, dass die Prozesse um den Drogenkrieg nach bisherigen Erkenntnissen mindestens noch zwei Jahre in Anspruch nehmen werden; mögliche Revisionen noch nicht mit einberechnet.

Drahtzieher des Drogenkrieges weiterhin nicht angeklagt

Denn: Der mutmaßliche Drahtzieher des Drogenkrieges ist weiter nicht angeklagt, teilte die Behörde am Freitag mit. Die Ermittler halten den Mann für eine „Schlüsselfigur“ in einem gescheiterten Drogengeschäft, das Ausgangspunkt für die Explosionsserie gewesen sein soll, die in den vergangenen Monaten Köln und andere Orte erschüttert hat. Mehrere Spreng- und Brandsätze waren nachts vor Häusern ausgelöst worden. Auch zwei Geiselnahmen werden dem Komplex zugerechnet. Der damals 22-Jährige soll sich Ende Juni 2024 abgesetzt haben. Daraufhin sei er zur Fahndung ausgeschrieben worden. Auf dem Rückweg von Dubai wurde der Mann im Spätsommer 2024 in Paris am Flughafen festgenommen. Er kam in Auslieferungshaft und wurde später nach Deutschland ausgeliefert. Die Staatsanwaltschaft arbeitet weiter an der Anklage, hieß es am Freitag.

Erstes Urteil im Kölner Drogenkrieg gefällt

In einem von mehreren Prozessen um den sogenannten Kölner Drogenkrieg wurde Anfang Juli 2025 ein erstes Urteil gegen einen Angeklagten gefällt. Das Landgericht Köln verurteilte den 30-jährigen Mann wegen Beihilfe zur Geiselnahme und Verstößen gegen das Waffengesetz zu vier Jahren Haft, wie eine Gerichtssprecherin sagte. Auslöser der Streitigkeiten soll der Raub von 350 Kilogramm Marihuana aus einer Lagerhalle in Hürth-Kalscheuren gewesen sein. In der Folge ereignete sich eine Geiselnahme, um die Geiseln zur Rückgabe des Marihuanas oder zur Zahlung eines siebenstelligen Geldbetrags zu drängen.

Der 30-Jährige soll die Geiselnahme als Helfer unterstützt haben. Laut Anklage gab er dafür im Juli 2024 rund 250.000 Euro Bargeld, zwei halb automatische Schusswaffen und Munition an einen Dritten weiter. Wie es vom Gericht hieß, war der verurteilte Angeklagte „ein kleiner Fisch“. Der „großen Fisch“, in Form der „Schlüsselfigur“, wird erst noch auf der Anklagebank Platz nehmen müssen.

Brandanschlag in Deutz: Jugendlicher Täter mutmaßlich verantwortlich

Dem sogenannten „Drogenkrieg“ rechnet die Polizei auch den Brandanschlag auf ein Restaurant im Juni 2025 in Deutz zu. Ein vermutlich jugendlicher Täter hatte eine Sprengvorrichtung in den Eingangsbereich geworfen und damit eine Explosion ausgelöst. Eine Festnahme oder heiße Spur gibt es nach Angaben aus Justizkreisen nicht. Die Ermittler setzen eine Hoffnung auf die veröffentlichten Bilder einer Überwachungskamera, doch die Bilder waren von der Qualität einfach zu schlecht. Möglicherweise sollen die Bilder noch einmal im niederländischen Fernsehen gezeigt werden. Möglicherweise reiste der Täter aus den Niederlanden an und verschwand dann wieder ins Nachbarland — wie bei anderen Taten im vergangenen Jahr. Kölns Kripo-Chef Michael Esser spricht von „Violence as a service“ – Gewalt auf Bestellung.

„Die Täter kennen in der Regel den Auftraggeber und die Hintergründe der Tat nicht und erhalten später über Mittelsmänner eine Entlohnung“, so Esser. Diese Sprenger in der organisierten Drogenkriminalität werden nach Beobachtung der Polizei immer jünger. Die Drahtzieher sprechen in sozialen Medien gezielt 13- bis 17-Jährige an, teilte die internationale Polizeibehörde Interpol mit. Ob die Bilder im niederländischen Fernsehen gezeigt werden, ist noch unklar.