Köln – Eigentlich wollte sich die Patientin am Donnerstagvormittag beim HNO-Arzt am Neumarkt versorgen lassen. Doch dann kam alles anders. „Plötzlich kamen schwer bewaffnete Polizisten in die Räume und durchsuchten die Praxis“, erzählte die Frau um kurz nach 11 Uhr. Eine halbe Stunde zuvor hatte eine 43-Jährige in der Praxis für Nervenheilkunde auf der selben Etage mehrfach mit einer Gaspistole um sich geschossen und zwei Praxis-Mitarbeiterinnen verletzt.
Nach der Tat geflohen
Die Schützin war nach der Tat aus den Räumen geflohen, und die Polizei befürchtete, dass sie sich beim HNO-Arzt oder einer Zahnarztpraxis in dem Gebäude versteckte. Es sei ein mulmiges Gefühl gewesen, plötzlich mitten in einem Polizeieinsatz zu sein, berichtete die Zeugin. „Ich habe keinen Knall gehört und plötzlich waren die Polizisten da“, sagte die Frau weiter. Die Patienten hätten erst die Räume verlassen dürfen, als die Polizei Entwarnung gab. Als die Schützin in dem Gebäude nicht gefunden wurde, eilten Beamte zur Wohnung der 43-Jährigen. „Wir haben sie auf dem Balkon gesehen“, sagte ein Sprecher. So verlagerte sich der Schwerpunkt für die Polizei zur Poststraße ins „Griechenviertel“, wo die Frau seit rund drei Jahren lebt.
In diesem Gebäude am Neumarkt fielen die Schüsse.
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Doch zuerst zurück zum Neumarkt: Die 43-Jährige hatte am Vormittag einen Termin bei der Therapeutin und musste im Wartezimmer Platz nehmen. Dort wurde die Patientin immer ungeduldiger und wollte schneller zur vereinbarten Behandlung mit der Therapeutin. Die 43-Jährige ging schließlich zur Praxistheke und beschwerte sich, weil sie noch nicht dran war. Dann griff sie zur Gaspistole. In der Praxis ist die Patientin bekannt, sie war schon mehrfach dort. Am Nachmittag kam sie dann in eine psychiatrische Klinik. Bei der Kölner Polizei ist sie bisher nur wegen einer Beleidigung aus dem Jahr 2019 aktenkundig, hieß es weiter.
Die Sprechstundenhilfe und eine weitere Mitarbeiterin erlitten ein Knalltrauma und mussten ärztlich versorgt werden. „Für die Zeugen war es ein Schock. Auch deshalb, weil im ersten Moment eine Gaspistole nicht von einer scharfen Schusswaffe zu unterscheiden ist“, sagte ein Polizist am Tatort. Rettungskräfte kamen in die Praxis und führten gegen 12 Uhr die Therapeutin aus dem Gebäude und übergaben sie der Polizei zur Vernehmung.
Zu dieser Zeit hatten sich vor der Wohnung der Schützin an der Haltestelle „Poststraße“ Mitglieder eines Spezialeinsatzkommandos (SEK) in Position gebracht. Gegen 13 Uhr dann der Zugriff. „Sie leistete keinen Widerstand und blieb unverletzt“, teilte die Polizei mit. Die Anwohner konnten keine Angaben zu der Frau machen. „Sie lebte hier ohne großen Kontakt zu Nachbarn“, hieß es.