„Niemals Langeweile“Musiker Peter Horn über Karnevalshits und seinen Bühnen-Abschied

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„Ich muss nichts mehr schreiben, was auf der Bühne funktioniert“: Peter Horn hat jecke Hits wie „Echte Fründe“ und „Dat Hätz vun dr Welt“ zu Papier gebracht, er will weiter kreativ tätig sein.

  • Für Peter Horn neigt sich die Zeit auf der Bühne dem Ende entgegen.
  • Nach dieser Session wird sich der langjährige Frontmann der Höhner stärker dem Lieder schreiben und seinem Enkelkind widmen.
  • Im Interview sprach er über über Karnevalshits, seinen Bühnen-Abschied und Opa-Glück.

Köln – Peter Horn war zehn Jahre lang Frontmann der Höhner und etwas mehr als ein Jahrzehnt prägende Kraft der Kölschfraktion. Nach dieser Session wird der Vollblutmusiker aus dem Vringsveedel von der Bühne abtreten.Thorsten Moeck sprach mit dem 67-Jährigen über das, was fehlen wird und was  nun kommen soll.

Wo wird Ihre Musikkarriere mit der Kölschfraktion enden?

Laut Buchungsplan wird das am Karnevalssamstag  in Bedburg sein. Nichts gegen Bedburg, aber wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne im Maritim spielen oder im Gürzenich. Oder in einer Pfarre, wo vor 44 Jahren alles begann.  Vielleicht lässt sich ja noch was drehen. Wenn’s nicht sein soll, nicht schlimm. So sentimental bin ich nicht.

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Warum ist jetzt der richtige Zeitpunkt fürs Aufhören?

In den vergangenen zwölf Jahren hatte ich zweimal so starke gesundheitliche Probleme, dass es eng war.  Das habe ich zum Glück überlebt und bin gestärkt daraus hervorgegangen.  Und weil es mir gut geht, freue ich mich auf das, was noch kommt.

Wie wird dann Ihr Tag aussehen?

Das Wort Langeweile habe ich noch nie gekannt. Ich habe immer was zu brasseln, das müssen nicht immer sinnvolle Dinge sein. Ich kann auch gut Nichtstun aushalten, aus dem Fenster gucken und Gott einen guten Mann sein lassen. Aber ich bin seit dreieinhalb Jahren Opa, das hat meinem Leben nochmals einen Dreh gegeben. Und ich freue mich darauf, wieder verstärkt Lieder zu schreiben.

Haben Sie das nicht immer schon gemacht?

Früher habe ich einiges an Hits geschrieben, aber in den letzten Jahren ist das zu kurz gekommen. Ich glaube zu wissen, was kein Hit wird. Oft habe ich was angefangen und dann gewusst: Nein, das ist es nicht. Aber wenn die Schere im Kopf so früh aufgeht, bekommst du nichts mehr fertig. Das ist tödlich für einen Liedschreiber.

Die Latte haben Sie selber mit Liedern wie „Echte Fründe“, „Dat Hätz vun dr Welt“, „Winke Winke“, „Blootwoosch, Kölsch un e lecker Mädche“ oder „Ich ben ene Räuber“ sehr hoch gelegt.

Ja, aber jetzt wird diese Blockade hoffentlich fallen.  Ich muss nichts mehr schreiben, was auf der Bühne funktioniert. In den 80ern habe ich die Dinger einfach rausgehauen. Fünf Hits in fünf Jahren.

Aber das Wissen um die eigene Kreativität muss doch beruhigend sein.

Ja. Es gibt einen Plan, wie mein Leben nach der Musik aussehen könnte. Ich hätte einiges zu erzählen, aus dem Nähkästchen sozusagen. Da sind viele Dinge zum Schmunzeln dabei. Ich würde gerne eine Biografie für die Bühne schreiben, Lieder singen, Geschichten aus dem Leben erzählen.  Ohne Blick auf irgendeine Vermarktung. Die Lieder sind ja aus dem Leben heraus entstanden. Diese Geschichten möchte ich erzählen. Vor allem für mich, um das Erlebte zu ordnen.

Wie war das bei Ihnen. Haben Sie mit Zettel und Stift neben dem Kopfkissen geschlafen?

Ja, ja. Nachts war ich überzeugt, gerade die Rente eingeschrieben zu haben – morgens war dann  nur unverständliches Zeug auf dem Diktiergerät.  Der größte Schrott. Vor allem, wenn  man was getrunken hatte und leicht angeschossen  eingeschlafen ist.   Morgens konnte ich meine Schrift kaum lesen.  Inzwischen trinke ich seit 13 Jahren gar keinen Alkohol mehr.

Sie mussten mehrfach im Leben neu anfangen. Zum Beispiel, als sie früh Ihre Eltern verloren haben.

Als ich 15 Jahre alt war, ist meine Mutter gestorben, das war schon heftig. Es gab keine geordneten Verhältnisse, mein Vater war Alkoholiker und ist drei Jahre später gestorben.   Als ich zwischen 18 und 28 Jahre alt war, hätte ich mich selbst nicht kennen wollen. Ich war ein ziemlicher Finger und habe wirklich nichts ausgelassen. Heute lächele ich darüber. Aber im Hinterkopf war immer der Wunsch nach Familie.

Nach Geborgenheit und Orientierung?

Ich habe mit 21 Jahren schon geheiratet, das war der Drang, ein Nest zu bauen. Die Ehe hat ganze zwei Jahre gehalten. Jetzt bin ich seit 39 Jahren mit meiner zweiten Frau glücklich verheiratet und habe zwei wunderbare Kinder.

Ängstigt Sie Neues im Leben?

Nein, denn neue Abschnitte hatte ich nie geplant, die haben sich ergeben. Es gab Zeiten, in denen ich Hunger hatte, weil gar kein Geld da war. Aber das hat mich nie ernsthaft beunruhigt. Tief in mir hatte ich die Gewissheit: Da passiert noch irgendwas.

Die Musik war der Anker in Ihrem Leben?

Als Elfjähriger habe ich meine erste Band gegründet, kurz danach hatten wir im „Cavern Club“ in der Innenstadt unseren ersten bezahlten Auftritt, 100 Mark haben wir bekommen. Die Band war meine Ersatzfamilie, hat aber auch für Instabilität gesorgt. Die Musikszene hat ihre Gefahren.

Zur Person

40 Jahre lang war Peter Horn auf den Karnevalsbühnen präsent. Seit Anfang der 70er Jahre textete er kölsche Songs, bevor er 1977 zu den Höhner kam.

Als deren Frontmann machte er selbst geschriebene Ohrwürmer wie Blotwoosch, Kölsch un e lecker Mädche, Ich ben ne Räuber, Dat Hätz vun dr Welt und Echte Fründe populär.

1987 verabschiedete er sich von den Höhnern, kehrte später als Solist zurück und gründete 2008 die Kölschfraktion. Unter anderem mit dem Höhner-Kollegen F.M. Willizil stand er mehr als zehn Jahre auf der Bühne.

Beruflich gab es auch öfter mal was Neues. Sie haben Musikalienhandel gelernt.

Ich habe nichts zu Ende gemacht. Aber ich habe als Erster in der Familie das Abitur geschafft. Das rechne ich mir heute hoch an. Zwischendurch war ich auch mal nicht zu beurteilen, weil ich 80 Prozent der Stunden gefehlt hatte. Es gab Lehrer, die kannten mich gar nicht. Das schlechte Gewissen war mein ständiger Begleiter. Ich war auch mal für zwei Tage Schreiner-Lehrling. Nachdem ich einen Tag lang nur gehobelt hatte, dachte ich: das kann es ja wohl nicht sein. Dann habe ich im Musikalienhandel gearbeitet, wodurch der Kontakt zu den Höhnern entstanden ist.

Wo es nach zehn Jahren zur Trennung kam. Auch ungeplant?

Im Grunde schon. Alle dachten nach meinem Ausstieg, ich hätte noch was in der Hinterhand. Das war aber nicht so. Wir hatten einen dieser mobilen Star-Caravans an der holländischen Nordseeküste und haben zwei Jahre dort verbracht.  Eine herrliche Zeit. Aber ich hatte keinen blassen Schimmer, wie es weiter geht.

„Ich läv in dr Daach ren“, heißt es in Ihrem Räuber-Lied. Ist das auch Lebensphilosophie?

Ja, aber mit einem Urvertrauen ins Leben. Ich habe keine Angst vor dem, was kommt. Zur Not stelle ich mich mit meiner Gitarre auf die Straße und singe.

Sie stehen immer als Clown auf der Bühne. Warum?

Ich habe mal ein Lied geschrieben, das heißt: Ich ben Clown. Im Text heißt es auf Kölsch, „ich gebe mich wie ich bin, ich brauch mich nicht zu schämen für das, was ich tue“.

Es geht also weniger um Maskerade, sondern um das wahre Gesicht?

Ich bin schon ein Stückchen Clown. Mich spricht eher die traurige, melancholische Seite des Clowns an. Mich hat es immer zu tragischen Verlierern hingezogen.

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