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Kommunalwahl KölnFür die Kölnerin Melanie Bollhorst ist Verkehrspolitik wahlentscheidend

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Melanie Bollhorst macht sich mittlerweile am liebsten mit dem E-Bike auf den Weg zum Messehochhaus. Doch das ist gar nicht so einfach.

Die Verkehrssituation in Köln steht für viele Wählerinnen und Wähler ganz oben auf der Themenliste zur Kommunalwahl. Melanie Bollhorst lebt in Widdersdorf und arbeitet bei der Kölnmesse. Ihr steiniger Weg zum Arbeitsplatz steht exemplarisch für die verkehrsprobleme

Wie Melanie Bollhorst sich morgens auf den Weg zur Arbeit macht, das hängt wesentlich vom Wetter ab. Die 46-Jährige lebt im Widdersdorf. „In einem Neubau in Alt-Widdersdorf“, sagt sie. Die Mutter von zwei Kindern arbeitet als Bauingenieurin bei der Koelnmesse als Projektleiterin. Vier Tage in der Woche arbeitet sie im Messehochhaus in Deutz, einen Tag im Homeoffice. „Da mein Mann eigentlich immer im Homeoffice ist, sind wir eine der wenigen Familien in Widdersdorf, die nur ein Auto hat.“ Dazu hat sie sich kürzlich ein E-Bike angeschafft. Auch ein Motorroller ist vorhanden. „Die Vespa habe ich mir extra wegen der Arbeit gekauft.“

Widdersdorf ist der verkehrspolitische Sündenfall Kölns. Seit den 1970er Jahren wurden immer wieder Neubaugebiete ausgewiesen. 2007 entstand dort mit Widdersdorf-Süd sogar das damals größte Neubaugebiet Deutschlands. Die Bevölkerungszahl nahm über die Jahre stetig zu. Dennoch ist Widdersdorf bis heute nicht an das Stadtbahnnetz der Kölner Verkehrs-Betriebe angebunden. Der Plan ist, die Linie 4 dorthin zu verlängern. Doch kürzlich musste die Stadtverwaltung den Offenbarungseid leisten: Sie habe nicht ausreichend Ressourcen, um die Planung voranzutreiben.

Wetterlage ist entscheidend

Für Melanie Bollhorst bedeutet diese Ausgangslage: Bevor es zur Arbeit geht, muss sie die Wetterlage kontrollieren. „Am liebsten fahre ich mittlerweile mit dem E-Bike“, sagt die innerstädtische Pendlerin. Um 7 Uhr verlässt sie dann das Haus. „Bis zum Messehochhaus brauche ich rund 40 Minuten.“ Das ist unter allen Verkehrsmitteln ihrer Wahl die Bestzeit. Jedoch: Bei Regen fällt das Rad aus. Und auch bei Sonnenschein muss die Projektleiterin immer die Kleiderfrage im Hinterkopf haben. Für die Fahrt mit dem Rad braucht sie was Leichtes, Sportliches. Auch wenn sie sie sich auf der Arbeit legere kleiden kann, Sportkleidung geht dann doch nicht. So schieße ihr beim Radeln oftmals die Frage durch den Kopf: „Habe ich auch die Hose fürs Büro nicht vergessen?“

Doch das ist nicht das einzige Problem mit dem Fahrrad. „Die Radwege, die Parkwege, die Straßen sind auf vielen Abschnitten in einem wirklich schlechten Zustand“, sagt Bollhorst. Die Sauberkeit sei weitestgehend akzeptabel. „Scherben sind in der Regel innerhalb einer Woche entfernt“, berichtet die Pendlerin. Doch durch die vielen Schlaglöcher sei oftmals ein Schlingerkurs notwendig. „Mittlerweile weiß ich schon, wo die ganzen Löcher sind und finde die Optimal-Linie wie im Schlaf.“

Auto als letztes Mittel der Wahl

Das Auto ist für Melanie Bollhorst das letzte Mittel der Wahl, denn es droht permanente Staugefahr. Venloer, Innere Kanalstraße, Zoobrücke lauten die Eckpunkte ihrer Route. Im Berufsverkehr herrscht dort zumeist „Stopp an Go“. Auf dem Hinweg macht sich die Ingenieurin deshalb früher auf dem Weg, um vor der Welle zu sein. Auf den Heimweg macht sie sich, wenn Feierabend ist. „Im schlimmsten Fall brauche ich dann 50 bis 60 Minuten“, berichtet sie. Da ist manch einer aus dem Umland schneller in Köln, als Bollhorst von Widdersdorf nach Deutz.

Nimmt sie tatsächlich mal den ÖPNV, geht der Blick der Projektplanerin wieder gen Himmel. Denn zum Bahnsteig muss sie entweder eine 10-minütige Radtour oder einen 25-minütigen Fußweg zurücklegen. „Entweder fahre ich von Lövenich aus mit der S-Bahn oder nehme von Bocklemünd die Stadtbahnlinie 3 oder 4.“ Bei der S-Bahn muss sie noch den Fußweg vom Bahnhof Deutz/Messe bis zum Messehochhaus einplanen. Und bei den Kölner Verkehrs-Betrieben muss sie mit Verspätungen rechnen. 15 Minuten sind da keine Seltenheit, obwohl die beiden Linien zusammengenommen annähernd im 5-Minuten-Takt kommen. Theoretisch könnte sie auch mit dem Bus fahren. Aber auch dafür müsste sie erst einmal nach Lövenich. Ich habe mir das mal angeschaut, der Bus braucht viel zu lange.“ Er fällt für sie also aus.

„Nach der Kommunalwahl muss sich etwas ändern“

Wie auch immer Melanie Bollhorst sich entscheidet. Ihr innerstädtischer Weg zur Arbeit gleicht einer Odyssee. Wann auch immer die Stadtbahnlinie 4 nach Widdersdorf verlängert wird, was für das große Veedel und viele Widdersdorfer aus Bollhorsts Sicht absolut von Vorteil und notwendig wäre, für ihren persönlichen Arbeitsweg wird es aufgrund der langen Strecke nicht „nicht die beste Lösung“. Wenn sie entscheiden dürfte, gäbe es kurzfristig ein „total zuverlässiges Busnetz für Widdersdorf, von 6 bis 20 Uhr im Fünf-Minuten-Takt“. Das Thema Verkehrsanbindung ihres Veedels ist für sie wichtig beim Gang an die Wahlurne im September. Es wird zur Entscheidung beitragen, wo sie ihr Kreuz macht. „In den vergangenen Jahren hat es kaum Verbesserungen gegeben, es ist so gut wie nichts passiert.“ Für Melanie Bollhorst  muss sich das nach der Kommunalwahl endlich ändern.