Köln-MülheimPläne für Mahnmal des NSU-Anschlags werden konkret

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Visualisierung des geplanten Wohn- und Geschäftshauses, das die Gentes-Gruppe an der Schanzenstraße 1 in Mülheim bauen will.

Zwei Gebäudeblöcke mit begrünten Dächern, dazwischen eine diagonale Passage - das sehen die neuen Baupläne für das Areal an der Schanzenstraße/Ecke Keupstraße vor. Das NSU-Mahnmal entsteht auf einem kleinen Platz an der Südost-Ecke.

Die Pläne für das Areal Schanzenstraße/Ecke Keupstraße werden konkret. Auf dem Gelände entstehen 320 Wohnungen, Geschäfte und das Mahnmal für die Opfer des NSU-Anschlags 2004 auf der Keupstraße. Die Düsseldorfer Gentes-Gruppe hat bereits die Bauanträge eingereicht.

Mehr als 18 Jahre nach dem Nagelbomben-Anschlag auf der Keupstraße in Mülheim nehmen die Pläne für die Bebauung des Grundstücks an der benachbarten Schanzenstraße 1 Gestalt an. Nach Angaben der Stadt Köln hat der Eigentümer, die Düsseldorfer Gentes-Gruppe, am 1. September 2022 zwei Bauanträge für die Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses sowie einer zweigeschossigen Tiefgarage gestellt. Demnach sollen hier zwei vergleichbar große Baublöcke mit begrünten Innenhöfen entstehen, die durch eine diagonal verlaufende Fußgänger-Passage getrennt werden. An der Südostecke des rund 16 000 Quadratmeter großen Areals wird das Mahnmal für die Opfer des Attentats errichtet.

Bombe verletzte 22 Menschen

Am 9. Juni 2004 hatten Rechtsradikale der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) vor einem Friseursalon in der Keupstraße 29 eine mit rund 800 Zimmermannsnägeln gefüllte Bombe gezündet. Sie verletzte 22 Menschen, vier davon schwer. Für das Mahnmal plant der Künstler Ulf Aminde eine 24 mal 6 Meter große und 30 Zentimeter hohe Betonplatte. Sie bildet das Fundament des Hauses nach, vor dem der Sprengsatz detonierte, und wird an der Ecke Schanzenstraße/Keupstraße gebaut, mit Blickbezug zum Tatort. Ringsum entsteht ein virtueller Gedenkort – per WLAN können sich Besucher hier auf ihren Smartphones Videos zum Thema ansehen, darunter Interviews mit Anwohnern der Keupstraße, die über das Erlebte sprechen.

Jahrelang kam das Mahnmal-Projekt nicht voran, weil die früheren Eigentümer den vom Künstler verlangten Standort an der Ecke Schanzenstraße/Keupstraße ablehnten. Das koste zu viel Fläche und mache das Projekt unrentabel, hieß es. Sie boten Alternativen an – doch die lehnte wiederum Ulf Aminde ab.

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Dreiklang „Wohnen, Arbeiten, Gedenken“

Der neue Eigentümer Gentes hat die Probleme gelöst. Das Unternehmen betont, dass das Projekt „im Dialog und mit Respekt“ entwickelt wurde, und stellt es unter den Dreiklang „Wohnen, Arbeiten, Gedenken“. „Es gab einen sehr guten Austausch mit allen Beteiligten. Zentrale Frage war: Was wird gewünscht?“, sagte Gentes-Geschäftsführer Michael Kraus der Rundschau. Wohnen und Arbeiten zusammenzuführen und einen würdigen Gedenkort zu schaffen, seien die Leitlinien gewesen.

Ergebnis: Im Erdgeschoss wird es Geschäfte, Gastronomie und Gewerbe geben, einen Supermarkt mit 1500 Quadratmeter Verkaufsfläche und einen Drogeriemarkt. Ab der ersten Etage entstehen Wohnungen. 320 Wohneinheiten mit 24 400 Quadratmetern Gesamtfläche sind geplant. Die Gebäude haben fünf bis sieben Geschosse mit insgesamt 43 400 Quadratmetern Fläche. Vorgesehen ist ein ebenerdiges Fahrradparkhaus mit 920 Stellplätzen. Die Tiefgarage wird 641 Kfz-Stellplätze haben. Städtebaulich sei das Projekt enorm wichtig, betont Michael Kraus. Hier entstehe das Entrée zum dahinterliegenden reinen Büroviertel I/D Cologne, man schaffe eine einheitliche, hochwertige Freiraumgestaltung und ein Wohnangebot, das hier bislang fehle.

Wir gehen davon aus, dass wir noch in diesem Jahr starten können.
Michael Kraus, Geschäftsführer der Gentes-Gruppe

Das Bauaufsichtsamt teilte mit, man halte das Bauvorhaben bauordnungs- und bauplanungsrechtlich für zulässig und beabsichtige, die Bauanträge zu genehmigen. Michael Kraus erwartet, dass dies bald der Fall sein wird. „Wir gehen davon aus, dass wir noch in diesem Jahr starten können.“ Die Stadt sei nun am Zug. Fertig wird der Bau frühestens 2026. Dann soll das Mahnmal als öffentlicher Platz an die Stadt Köln übergeben werden – rund 22 Jahre nach dem Anschlag. Zu den Kosten des Projekts äußerte sich Kraus nicht.

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