Prozess in Köln32-Jähriger von der Drogenmafia brutal gefoltert

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Landgericht Köln

Das Landgericht Köln

Ein 32-jähriger Albaner wurde in Köln brutal gefoltert. Als Beschuldigter der Geiselnahme und Misshandlungen steht ein 27-Jähriger vor Gericht.

Im kriminellen Drogenmilieu herrschen offensichtlich raue Sitten: Zu spüren bekam das ein heute 32 Jahre alter Albaner. Nachdem der Mann seinen Job in einer Pizzeria in Alsdorf bei Aachen verloren hatte, soll ihn ein Landsmann mit der Aussicht auf einen neuen Job in der Gastronomie nach Köln gelockt haben. Doch aus dem Job wurde nichts; das Angebot war vermutlich nur ein Köder. Stattdessen sollte der 32-Jährige Kokain für die Bande des Landsmanns verkaufen. Als dem 32-Jährige nach kurzer Zeit aber sein „Diensthandy abhanden kam, soll er von seinem Boss und weiteren Mittätern in eine Wohnung in Kalk verschleppt, festgehalten und gefoltert worden sein. Für den Verlust des Handys auf dem sich unter anderem Nummern von Käufern befanden, sollte der 32-Jährige mit Schmerzen bezahlen.

Mit heißen Eisen schwer verletzt

Seit Donnerstag muss sich nun einer der mutmaßlichen Täter (27) wegen Geiselnahme, gefährlicher Körperverletzung und Nötigung einem Prozess stellen. Der Mann soll mit weiteren Mittätern den 32-Jährigen in der Dachgeschosswohnung in Kalk ab dem 3. März 2021 mehrere Tage brutal misshandelt haben. So sollen der Angeklagte und seine Mittäter den 32-Jährigen mit Fäusten und Stangen geschlagen und ihm glühende Zigaretten auf der Stirn ausgedrückt haben. Zudem seien ihm mit einem heißen Eisen Oberschenkel und Gesäß verbrannt worden. Hierdurch seien dem Geschädigten, der in dem Prozess als Nebenkläger auftritt, schwerste Verbrennungen zugefügt worden. Weiter hieß es in der Anklageschrift: „Ein Mittäter versuchte dem Geschädigten mit einer Zange zwei Zehen abzuschneiden“, sagte der Staatsanwalt. Schließlich sei dem 32-Jährigen von einem Täter eine Pistole vors Gesicht gehalten und gedroht worden: „Ich werde dich töten!“ Über seinen Verteidiger Maximilian Klefenz ließ der Angeklagte mitteilen, dass er zu den Vorwürfen schweigen werde. Als Beweismittel wurden dann von den Tätern aufgenommene Videos im Gerichtssaal gezeigt. Sie gaben keine der in der Anklage beschriebenen Misshandlungen wieder. Zu erkennen war aber, dass der 32-Jährige am 3. März 2021 unverletzt war, einen Tag später aber schwere Verletzungen aufwies, die mit in der Anklage geschilderten Misshandlungen in Einklang gebracht werden könnten. Das Gericht stellte aber auch fest, dass der 27-Jährige auf keiner der Aufnahmen zu sehen war. Offen ist, ob ihn das entlastet.

Prozess in Köln: Aussage verweigert

Der Nebenkläger verweigerte jedenfalls im Zeugenstand eine Aussage. Ihm stand wegen eines anderen Verfahrens ein Schweigerecht zu. In einem ersten Prozess in dem Fall im Frühjahr 2022 gegen den Kopf der Drogenbande und ein Bandenmitglied, hatte der Nebenkläger zunächst Angaben gemacht, dann aus Angst – der Mann wurde kreidebleich, Sanitäter wurden geholt – aber plötzlich geschwiegen.

Den beiden damals angeklagten nutzte das Schweigen des Nebenklägers nichts. Sie wurden im März 2022 zu fünf Jahren und drei Monaten beziehungsweise vier Jahren Haft verurteilt. Die Verurteilung erging aber nicht wegen Geiselnahme, sondern wegen Freiheitsberaubung mit gefährlicher Körperverletzung und Nötigung. Freiheitsberaubung wird weniger schwer bestraft als Geiselnahme. Für das nun begonnene Verfahren komme auch eine Freiheitsberaubung in Frage, teilte der Vorsitzende mit.

Der Prozess wird fortgesetzt.

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