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ProzessStaatsanwaltschaft spricht von schlimmer Quälerei in Hürther Schlachthof

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3 min
Das Bild zeigt mehrere Demonstranten vor dem Gerichtsgebäude.

Vor dem Land-/ Amtsgericht Köln demonstrierten am Freitag mehrere Personen gegen Tierquälerei. Anlass war ein Prozess, bei dem es um Tierquälerei in Hürth geht.

Tierrechtsorganisation Aninova hatte Kamera im Schlachthof installiert, die schockierende Bilder ans Tageslicht brachte.

Die Verlesung der Anklageschrift ging für die Zuhörer bis an die Schmerzgrenze. Detailliert listete die Staatsanwältin am Freitag vor dem Kölner Amtsgericht schlimme Quälerei von Schlachtvieh in einem Hürther Schlachthof auf. So sei unter anderem Kühen ohne sachgerechte Betäubung die Kehle durchgeschnitten worden.

Am Freitag stand nun ein Mitarbeiter (32) eines inzwischen vom Kreisveterinäramt des Rhein-Erft-Kreises dicht gemachten Schlachthofs in Hürth wegen Tierquälerei vor dem Kölner Amtsgericht. Es wurde aber ein kurzer Prozess, denn unmittelbar nach der Anklageverlesung vertagte das Gericht den Prozess auch schon wieder.

Anklageschrift nicht in Muttersprache übersetzt

Verteidiger Serkan Alkan hatte die Aussetzung des Verfahrens beantragt, nachdem er gerügt hatte, dass seinem bulgarischen Mandanten die Anklageschrift nicht in seiner Muttersprache vorgelegen habe. Der Mandant habe sich nicht mit den erhobenen Vorwürfen auseinandersetzen können. „Da hat er aber ein Anrecht drauf“, bemerkte Alkan.

Zwischen dem 25. Dezember 2022 und dem 4. Januar 2023 sollen der Angeklagte und drei weitere Beschuldigte — sie waren wegen kurzfristiger Verteidigerwechsel vom Prozess abgetrennt worden — schlimme Tierquälereien bei der Schlachtung von Kühen, Jungrindern, Kälbern, Schafen und Ziegen begangen haben. Zahlreichen Tieren seien unnötig „Schmerzen und Leiden“ zugefügt worden.

Das Bild zeigt einen Schlachthof in Hürth.

In diesem Schlachthof soll Tieren die Kehle durchgeschnitten worden sein. Die Tiere hätten anschließend noch minutenlang Schmerzen erlitten.

So sei Schlachtvieh in zahlreichen Fällen nicht sachgemäß betäubt gewesen, als der Angeklagte oder einer seiner Kollegen ihnen „mit säbelartigen Bewegungen“ die Kehle durchgeschnitten hätten. Die Tiere hätten so „nach Kehlschnitten noch minutenlange Schmerzen" erlitten und sich bewegt, hieß es in der Anklage. Auch wenn die mangelhafte Betäubung von dem Angeklagten oder einem der drei anderen Beschuldigten bemerkt worden sei, seien keine Anpassungen oder Korrekturen vorgenommen worden.

Sie standen dem Empfinden der Tiere gefühllos gegenüber
Staatsanwältin bei der Verlesung der Anklageschrift.

„Sie standen dem Empfinden der Tiere gefühllos gegenüber“, sagte die Staatsanwältin bei der Anklageverlesung über die Beschuldigten. Neben den betäubungslosen Schlachtungen werden dem Angeklagten und den Mitbeschuldigten ein ansonsten als „roh“ bezeichneter Umgang mit dem Schlachtvieh zur Last gelegt. So seien Kühe mit Mistgabeln in den Schlachtraum getrieben und dabei verletzt worden, Schafe seien an den Hinterbeinen über den Boden geschleift worden.

Öffentlich gemacht hatte die Missstände in dem Hürther Betrieb die Tierrechtsorganisation Aninova e.V. (vormals Deutsches Tierschutzbüro) aus Sankt Augustin. Heimlich hatten Aktivisten der Gruppe mindestens eine Kamera in dem Betrieb installiert und so die schockierenden Aufnahmen, die in dem Prozess als Beweismittel dienen sollen, gemacht. Verteidiger Alkan sieht hierin aber ein zusätzliches und grundsätzliches Problem: „Das sind illegale Aufnahmen“, sagte Alkan im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Verteidiger kündigte an, dass er ein Verwertungsverbot erreichen wolle. „Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin auch gegen Tierquälerei. Aber ich bin vor allem für den Rechtsstaat und rechtsstaatliche Verfahren.“

An einer von Aninova angemeldeten Kundgebung, hatten vor dem Prozess rund 40 Personen unter dem Motto: „Tierquälerei bestrafen“, teilgenommen. Jan Peifer, Aninova-Vorstandsvorsitzender, skandalisierte am Rande der Kundgebung gegenüber Pressevertretern, dass sich das Verfahren vor dem Amtsgericht ausschließlich gegen die Mitarbeiter, nicht jedoch gegen den Betreiber des Schlachthofes richte. Gegen den Betreiber hatte das Amtsgericht das Verfahren nicht eröffnet. Peifer: „Wer Strukturen schafft und duldet, in denen Tiere systematisch gequält werden, darf sich nicht hinter Beschäftigten verstecken.“

Wann der Prozess neu terminiert wird, ist noch unklar.