Alle Bedenken ausgeräumt?Ansiedelung von Theo Steil GmbH im Godorfer Hafen
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Keine Schönheit: Der Godorfer Hafen ist ein reiner Industriehafen.
Copyright: Fotos: Wächter
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Godorf/Sürth – Die Anliegergemeinschaft Sürther Aue ist in Alarmbereitschaft. Der Grund ist eine Bekanntmachung der Bezirksregierung Köln zum Umzug der Schrottverwertungsfirma Theo Steil vom Deutzer in den Godorfer Hafen. Pikant daran sei die Passage, in der die Bezirksregierung mitteilt, sie halte eine Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens für „entbehrlich“. „Das verschlägt uns die Sprache“, so Gerd Conrads, Gründer der Anliegergemeinschaft. Er hatte im Vorfeld angekündigt, ein wachsames Auge auf den Umzug zu haben.
Widerspruch bei der Bezirksregierung eingelegt
Doch nicht nur er, auch die AG Hafen und der Bürgerverein „für sürth“ wollen den Umzug kritisch begleiten. Die Anliegergemeinschaft hat bereits auf die Bekanntmachung von Ende Juli reagiert und einen Widerspruch bei der Bezirksregierung eingelegt. Die Anlieger der Sürther Aue formulieren verschiedene Kritikpunkte. Sie protestieren insbesondere gegen die beantragte Erlaubnis zum vorzeitigen Baubeginn, weil das Unternehmen dann schon mit der Errichtung seiner Anlagen beginnen könnte, bevor die Anträge und Unterlagen überhaupt ausgelegt werden und eventuelle Einwände geltend gemacht werden können.
Was ist am Standort Godorf geplant?
Die Theo Steil GmbH ist ein 1924 gegründetes, mittelständisches Familienunternehmen mit Kernkompetenzen im Handel und in der Aufbereitung, bei der Veredelung und beim Recycling von Eisen- und Nichteisenschrotten.
Am künftigen Standort Godorf wird die Theo Steil GmbH im Metallrecycling mit Umschlag-, Lager- und Behandlungsanlagen für Eisen- und Nichteisenschrotte tätig sein.
Das Unternehmen plant, bis Ende des Jahres 2020 mehrere Millionen Euro in die neue Niederlassung im Godorfer Hafen zu investieren. Dort soll eine hochmoderne Anlage für das Metallrecycling entstehen. (swa)
Die Pläne sollen zwischen Montag, 12. August, und Mittwoch, 11. September, ausgelegt werden. Eine öffentliche Informationsveranstaltung ist für Dienstag, 17. Dezember, geplant.
„Wir haben große Bedenken wegen des Hinweises, dass die Theo Steil GmbH eine Zulassung des vorzeitigen Beginns der Errichtung nach Paragraf 8 des Bundesimmissionsschutzgesetzes beantragt hat“, sagt Gerd Conrads, der auch Erster Vorsitzender der Anliegergemeinschaft Sürther Aue ist. Es geht um jenes Gesetz, das zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge erlassen wurde. Dort ist geregelt, dass es die Behörde in bestimmten Fällen bereits vor Erteilung der Betriebsgenehmigung zulassen kann, dass mit der Errichtung von Anlagen begonnen wird, sowie mit Maßnahmen, die zur Prüfung der Betriebstüchtigkeit dieser Anlagen erforderlich sind. Etwa wenn mit einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers gerechnet werden kann und ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers am vorzeitigen Beginn der Errichtung besteht.
Auf relevante Fachgutachten wird nicht verzichtet
Die Bekanntmachung, so die Kritik der Anlieger, lese sich geradewegs so, als ob die Bezirksregierung alle Bedenken ausgeräumt habe. „Die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls hat ergeben, dass keine zusätzlichen erheblichen nachteiligen Auswirkungen hinsichtlich der Schutzgüter zu erwarten sind. Somit ist die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen dieses immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens entbehrlich“, erklärt Dirk Schneemann, stellvertretender Sprecher der Bezirksregierung, auf Nachfrage der Rundschau. Es sei im übrigen keinesfalls die Rede davon, auf Umweltschutzgutachten zu verzichten, fügt Schneemann hinzu. Entbehrlich sei nur die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Das bedeute aber nicht, dass auf die relevanten Fachgutachten verzichtet werde, um die Auswirkungen auf die Umwelt im Rahmen der immissionsschutzrechtlichen Prüfung beurteilen zu können.
Zwar räumt man seitens der Bezirksregierung durchaus ein, dass es möglicherweise zu einer Staubbelastung kommen könne – „aber eben keine Belastungen, die erheblich nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt und die Umgebung zur Folge haben“. Solche Belastungen könnten über technische Maßnahmen verhindert und reduziert werden. Dies werde von der Bezirksregierung überwacht, teilt die Behörde mit.
Das Unternehmen, das industriellen Schrott beispielsweise der Deutschen Bahn aufbereitet, arbeite mit entsprechenden Maschinen. Lärm- und Staubimmissionen hielten sich im gesetzlichen Rahmen. Grundlage dieser Aussagen seien etwa eine schalltechnische Untersuchung sowie eine Immissionsprognose für Staub und Prüfung der Ausbreitungsrechnung. „Im Rahmen der Vollständigkeitsprüfung sind sie auch bereits durch das Landesamt für Umwelt, Natur und Verbraucherschutz auf Plausibilität geprüft worden“, erklärt Schneemann. Danach habe das Unternehmen die Gutachten überarbeiten lassen.
Lärmschutzmauer und Hochlager
Heute versperrt ein Zaun den Zugang zum Hafen. Künftig aber soll eine Lärmschutzmauer hochgezogen werden.
Copyright: Wächter
Die schalltechnischen Untersuchungen vom Juni dieses Jahres und das Gutachten zur Immissionsprognose aus demselben Monat hätten ergeben, dass der Betrieb der Anlage um mindestens sieben Dezibel unter den Grenzwerten liege und auch die Staubbelastung nach den entsprechenden Relevanzkriterien die Grenzwerte deutlich unterschreite.
Aber es gibt noch weitere Diskussionspunkte. So heißt es in der Bekanntmachung der Bezirksregierung, dass sich die Bauten, die Theo Steil auf dem Gelände errichten möchte, in das Landschaftsbild „einfügen“, also keine deutlichen Veränderungen mit sich brächten. Das aber wollen die Anwohner ihrerseits nicht so recht glauben: Heute grenzt ein normaler Zaun das Gelände des Hafens von der Sürther Aue ab. Künftig aber soll dort nicht nur eine Lärmschutzmauer von sechs Metern Höhe errichtet werden, auch ein Hochlager von 17 Metern Höhe ist auf dem Gelände geplant. „Hier von einer Einfügung ins bisherige Landschaftsbild zu sprechen, dazu bedarf es schon viel Fantasie“, so Conrads.
Außerdem würden Maßnahmen zum Hochwasserschutz vermisst: Das Areal liege in einem Überschwemmungsgebiet. Dafür bedürfe es nach dem Wasserhaushaltsgesetz einer Ausnahmegenehmigung. Fazit: Die Bekanntmachung enthält nach Ansicht der Anliegergemeinschaft noch zu viele Unwägbarkeiten.
Drei Fragen an...
Dr. Christian Satlow, Geschäftsführer der Theo Steil GmbH. Diese soll nächstes Jahr von Deutz nach Godorf umziehen.
Die Nachbarn der Sürther Aue und auch die Godorfer Anlieger sind kritisch, was Ihren Umzug betrifft. Spürt das die Firma?
Die Anwohner sind sensibilisiert durch den jahrelangen Kampf gegen den Hafenausbau, und sie sind sehr kritisch. Sie schauen schon ganz genau hin, was wir vorhaben. Das ist aber auch verständlich.
Wie wichtig ist es für Sie, am Standort Köln festzuhalten?
Der Standort Köln ist uns sehr wichtig. Unsere Kunden kommen aus einem Umkreis von bis zu 150 Kilometern. Seit 1989 gibt es den Kölner Standort, der neben der Schienen- auch die Rheinanbindung hat. Das sind optimale Voraussetzungen für uns. Diese benötigen wir allerdings auch am neuen Standort, und das ist in Godorf gegeben. Und nicht zuletzt sind es die über 70 kompetenten Mitarbeiter, mit denen wir in Köln mit einer langfristigen Perspektive weiter arbeiten möchten.
Haben Sie den Eindruck, dass es voran geht mit der Genehmigung seitens der Bezirksregierung?
Der Antrag bei der Bezirksregierung läuft seit Ende 2018, aber er läuft schleppend. Die Bezirksregierung scheint sehr vorsichtig zu sein, als habe sie Angst vor Klagen der Nachbarn. Beim Genehmigungsverfahren geht man nach Art der Salamitaktik vor. Aber die Zeit läuft, denn bis Ende 2020 müssen wir den Standort Deutz geräumt haben. (swa)