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„Ein demokratischer Skandal“Flächenkonflikt in der Kölner Südstadt spitzt sich zu

5 min
Der Jean-Löring-Sportpark in Zollstock aus der Luft fotografiert

Der Jean-Löring-Sportpark in Zollstock. Aktuell herrscht Flächenkonkurrenz im Kölner Süden.

Zwischen den Interessen von Fortuna Köln und einem Tanzverein entstehen in der Kölner Südstadt im Zuge des Parkstadt-Süd-Projekts Konflikte.

In der Kölner Südstadt herrscht Streit um ein Areal. Genauer gesagt: Um ein Areal nahe dem Südstadion, zwischen Vorgebirgsglacisweg und dem Bahndamm. Hier, in einem alten Gewerbegebiet, befinden sich aktuell zwei Tanzinstitutionen: der Verein Swingin' Pool Cologne und die Tanzschule Tango 8. Seit über einem Jahrzehnt wird dort geswingt, gesteppt, geprobt, getanzt.

Tanzverein und die Grünen sind für den Sporthof

„In das Gebäude und die Außentanzfläche haben wir über die Jahre viel Herzblut und Arbeit gesteckt, es wäre schade, das zu verlieren“, erklärt die Vorstandsvorsitzende des Tanzvereins Ella Brauer. Denn das Gelände steht zur Disposition. Im Zuge des groß angelegten Projekts Parkstadt Süd und dem Ausbau des Inneren Grüngürtels soll die Fläche neu genutzt werden. Zwei Konzepte konkurrieren: Ein offener „Sporthof“, mit niedrigschwelligen Bewegungsangeboten, für alle Bürger zugänglich, der dem Ausbau des Inneren Grüngürtels dienen soll.

So würde der Sporthof aussehen

So würde der Sporthof aussehen

Oder aber ein Sportfeld, ursprünglich für die Universität zu Köln angedacht, was auch der umliegende Regionalligist Fortuna Köln zum Training nutzen könnte. Im Mai hätte sich fast eine politische Mehrheit für Letzteres gebildet. Nur: Wenn der Ball rollt, müsste die Bleibe der Tänzer sowie der Sporthof weichen. „Es wäre schwer, einen anderen Standort zu finden. Ein Vereinsheim in der Form, wo wir alle unter einem Dach wären, wo sich niemand über Musik beschwert, gibt es kaum“, erklärt Brauer.

So würde das Sportfeld aussehen

So würde das Sportfeld aussehen

Fortuna Köln favorisiert Sportfeld

Fortuna-Präsident Hanns-Jörg Westendorf hingegen sieht hier die einzige Möglichkeit für eine Erweiterung des Trainingsbetriebs. Der Jean-Löring-Sportpark, das Zuhause von Fortuna Köln, soll im Jahr 2032 ausgebaut werden: „Laut Planung hätten wir drei Plätze, die für unsere 31 Mannschaften vollkommen ausreichen. Unser Bedarf bezieht sich aber auf die Zukunft, nicht auf die Gegenwart. Wenn der Mädchen- und Frauenfußball immer größer wird und mehr Leute hier hinziehen, sind selbst die drei Plätze zu wenig. Die Fläche wird dann im Jahr 2035 oder 2040 nicht mehr ausreichen.“

Brauer hingegen empfindet viele der Argumente als irreführend: „Die Nachfrage für das Fußballfeld können wir nur bedingt nachvollziehen, denn auf mehrfache Nachfrage konnten keine Unterlagen präsentiert werden, warum Fortuna trotz des geplanten Ausbaus Bedarf hat. Hier fehlt Transparenz. Der Bedarf der Uni scheint auch nur marginal gegeben zu sein. Das Grünflächenamt hat mit der Uni bereits Alternativen zum Sportfeld besprochen, daher scheint das Argument vorgeschoben zu sein.“  

So soll die Parkstadt-Süd aussehen

So soll die Parkstadt-Süd aussehen

Christiane Martin, Fraktionsvorsitzende der Grünen, sagt: „In einer Millionenstadt wie Köln gibt es immer Flächenkonkurrenz. Man wird nie jeden Bedarf zu einhundert Prozent erfüllen. An der Stelle eben aus unserer Sicht auch nicht den Bedarf von Fortuna.“

Ihre Partei spricht sich klar für den Sporthof aus: „Wir wollen an der Stelle nicht-vereinsgebundenen Breitensport fördern. Es gibt in Köln viele Menschen, die nicht Fußball in einem Verein spielen, sondern anderen sportlichen Aktivitäten nachgehen wollen. Für die ist der Sporthof. Trotzdem können wir den prognostizierten Bedarf von Fortuna Köln nachvollziehen. Wichtig wäre es, dass jetzt erst einmal der Jean-Löring-Sportpark ausgebaut wird. Das würde Fortuna auch helfen.“

Fortunas Präsident kritisiert die Grünen

Doch Westendorf bezweifelt, ob das ausreicht: „Selbst bei einem Ausbau des Sportparks, wenn das dann auch final so passieren sollte, wird die Fläche in Zukunft nicht mehr reichen.“ Aktuell hat die Vereinsanlage einen Kunstrasen-, einen Rasen- sowie einen Aschenplatz und eine kleine Rasenfläche. Viele der 31 Mannschaften müssen daher zum Training in andere Kölner Stadtteile fahren.

Im Kölner Stadtrat wurde die Entscheidung mehrfach vertagt, auch weil die Grünen Beratungsbedarf anmeldeten. Für Fortuna-Präsident Westendorf ein Affront: „Die Grünen haben das angemeldet, obwohl sie genau wussten, dass sie dagegen sind und die Ratsmehrheit dafürsteht. Das empfinde ich als demokratischen Skandal. Wenn man weiß, wofür oder wogegen man ist, aber trotzdem nicht abstimmen will, weil man auf eine andere Mehrheitskonstellation nach den Kommunalwahlen hofft, halte ich das für undemokratisch.“

Das empfinde ich als demokratischen Skandal. Wenn man weiß, wofür oder wogegen man ist, aber trotzdem nicht abstimmen will, weil man auf eine andere Mehrheitskonstellation nach den Kommunalwahlen hofft, halte ich das für undemokratisch.
Hanns-Jörg Westendorf, Präsident von Fortuna Köln

Hinter den Kulissen wird bereits über Kompromisslösungen nachgedacht. Oliver Seeck, SPD-Mitglied und Vorsitzender des Sportausschusses, warnte bereits davor, die Debatte zu ideologisieren: „Sport gegen Sport sollte nicht gegeneinander laufen. Das sehe ich aber als gescheitert an. Es wird offen angezweifelt, dass die Fortuna überhaupt Bedarf hat. Die Platzsituation jetzt ist ja schon angespannt, sodass Fortuna bereits Doppelbelegungen vornehmen muss. Das ist ja kein Normalzustand, sondern aus der Not heraus.“

Hybride Lösung möglich?

Seeck bringt eine hybride Nutzung ins Spiel: ein Sportplatz mit zusätzlichen Bewegungsangeboten, wie sie im Sporthofkonzept vorgesehen sind. „Ein Sportplatz mit einigen Bewegungsmöglichkeiten, wie auf einem Sporthof, sollte nicht von vornherein ausgeschlossen werden, wenn dies räumlich möglich ist. Hier müsste vielleicht noch einmal etwas Tetris gespielt werden“, sagt er. Eine „Lösung zu finden“, sei das Ziel, so Seeck weiter, auch wenn „zwischen den Beteiligten scharf geschossen wurde.“

Auch Ella Brauer gibt sich versöhnlich. „Wir würden es uns wünschen, dass alle Beteiligten an einen Tisch kämen. Bürger und Bürgerinnen ebenso wie die Sportvereine, denn diese Entscheidung geht uns alle an. Denn hier geht es um den neuen Inneren Grüngürtel und um Kosten von 16 bis 18 Millionen Euro.“ Wann eine finale Entscheidung getroffen wird, ist derzeit noch offen, die Beteiligten rechnen dieses Jahr auf jeden Fall nicht mehr damit, auch weil die Kommunalwahlen die Karten im Stadtrat neu mischten.