Völkermord an ArmeniernKlares Votum für Mahnmal in Köln

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Das Mahnmal, finanziert vom Verein „Völkermord erinnern“, stand bereits am Heinrich-Böll-Platz nahe der Hohenzollernbrücke. Eine etwa drei Meter hohe Pyramide mit Inschriften ist umgeben von Blumen.

Das Mahnmal, finanziert vom Verein "Völkermord erinnern", stand bereits am Heinrich-Böll-Platz nahe der Hohenzollernbrücke. Die Stadt ließ es damals abräumen.

Über ein Mahnmal, das an den Genozid an den Armeniern im Osmanischen Reich mit Unterstützung der Truppen von Kaiser Wilhelm II. erinnern soll, wird in Köln seit 2015 diskutiert.

Etwa 15 Minuten vergehen, bis die Politikerinnen und Politiker der Bezirksvertretung Innenstadt in der Ratssaal zurückkehren. Draußen auf dem Flur wird um Formulierungen gerungen, drinnen warten etwa 100 Gäste auf das Ergebnis der Beratung. Damit allen klar ist, worum es geht, haben Mitglieder der armenischen Gemeinde ein Plakat des Mahnmals, das an den Genozid des Osmanischen Reichs an den Armeniern in den Jahren 1915/16 erinnern soll, an die hölzerne Saaltür geheftet. Dann fasst das Gremium einstimmig einen Beschluss, den Bezirksbürgermeister Andreas Hupke (Grüne) „historisch“ nennt.

An „prominenter Stelle“ in der Stadt soll künftig des Völkermordes an den Armeniern gedacht werden. Eine Findungskommission soll nun eingesetzt werden, um Ort und Art des Gedenkens zu beraten, dem Kunstbeirat der Stadt soll dabei eine Schlüsselrolle zukommen. Der endgültige Beschluss muss nun im Stadtrat getroffen werden. Bis eine „große Lösung“ für eine angemessene Form des Gedenkens gefunden ist, soll das pyramidenförmige Mahnmal des Vereins „Völkermord erinnern“ per Sondergenehmigung an einem „sicheren Ort“ aufgestellt werden dürfen.

Köln: Mahnmal stand schon an Hohenzollernbrücke

Nach jahrelangem Ringen der armenischen Gemeinde und des Vereins um einen repräsentativen Gedenkort ist das Thema nun im höchsten städtischen Entscheidungsgremium angekommen. Die 200 Kilogramm schwere Skulptur war 2018 erstmals in einer nächtlichen Aktion per Hubwagen auf dem Heinrich-Böll-Platz nahe der Hohenzollernbrücke aufgestellt und dann von der Stadt wieder entfernt worden. Der Ort war nicht zufällig gewählt, denn gleich nebenan thront Kaiser Wilhelm II. hoch zu Ross.

„Es ist ungeheuerlich, dass die Stadt diesen Völkermörder noch immer unkommentiert toleriert. Kaiser Wilhelm II. war ein glühender Antisemit“, argumentiert Albert Kieser, Mitglied der Initiative „Völkermord erinnern“. Etwa 80 Offiziere des kaiserlichen Heeres sollen an den Gräueltaten gegen die Armenier beteiligt gewesen sein.

Auf dem Podium im Ratssaal sitzt auch der vielfach ausgezeichnete Architekt Peter Busmann, der einst das Museum Ludwig entworfen hat. Vertreter der Kirchen sind gekommen, der Leiter des NS-Dokumentationszentrums sowie Vertreterinnen und Vertreter von Kulturamt und Integrationsamt. „Es ist gut, dass dieses Verbrechen nun endlich ins Bewusstsein rückt. Ein Mahnmal sollte das Ergebnis eines breiten Konsenses sein“, rät Busmann.

Eine Erinnerungsstätte an den Genozid gibt es bereits auf dem Brücker Friedhof. Intensiv wurde nach dem Beschluss im Jahr 2017 um die Inschrift gerungen, die armenische Gemeinde beklagte damals den immensen Druck, den die türkische Gemeinde ausgeübt habe, um den Genozid nicht in Verbindung zum Osmanischen Reich zu bringen.

Völkermord in Armenien: Bundestag erkennt Genozid an

Der Deutsche Bundestag hatte am 2. Juni 2016 den Völkermord an den Armeniern als genozidales Verbrechen anerkannt. Die Türkei sieht das anders. Bislang hatte die Stadt ein Mahnmal an exponierter Stelle mit Hinweis auf zu „hohes Konfliktpotenzial“ abgelehnt.

Das Mahnmal mit dem Titel „Dieser Schmerz trifft uns alle“ war von den Kölner Künstlern Stefan Kaiser und Max Scholz kreiert worden, der Verein „Völkermord erinnern“ hatte hierfür 20 000 Euro aufgebracht. Etwa zwei Meter hoch ist die Stele. Klar scheint schon jetzt zu sein, dass es damit nicht getan ist. „Die Frage ist, was die richtige Form der Erinnerung ist.

Diese Stele halte ich für problematisch, weil es der Sache nicht angemessen ist“, gibt Kay von Keitz, Vorsitzender des Kunstbeirats der Stadt, zu bedenken. Die Sache selbst scheint inzwischen unstrittig zu sein. „Es gibt ein klares Bekenntnis zur Notwendigkeit eines solchen Mahnmals“, sagt Hermann Koch vom Kulturamt in der Sondersitzung der Bezirksvertretung.

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