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Engagiert und emotionalFeine Sahne Fischfilet und andere Höhepunkte beim 40. Geburtstag von Rock am Ring

Lesezeit 5 Minuten
06.06.2025, Rheinland-Pfalz, Nürburg: Jan Gorkow, Sänger von Feine Sahne Fischfilet, tritt beim 40. Rock am Ring auf. Foto: Sascha Ditscher/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Jan Gorkow, Sänger von Feine Sahne Fischfilet, tritt beim 40. Rock am Ring auf. 

Am Wochenende feierte das Festival Rock am Ring drei Tage lang seinen 40. Geburtstag.

Mitten auf dem Festivalgelände von Rock am Ring steht eine unscheinbare Bühne. Im Vergleich zu ihren großen Geschwistern mit klangvollen Namen wie „Utopia“ ist sie viel zu klein. Trotzdem haben sich am frühen Samstagabend vor ihr wohl fast genauso viele Menschen versammelt. Angelockt hat sie ein Countdown, der auf einer Anzeigetafel an einem Kran hoch über der Menge herunterläuft.

Darüber sind die Worte zu lesen „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ – der Name des neuen Albums der Chemnitzer von Kraftklub. Bei dieser ist Indie-Rock inzwischen nur noch ein Genre-Begriff und sagt nichts mehr über die Größe der Band aus. Mit sozialkritischen Texten, klarer Kante gegen Rechtsextremismus und eingängigen Rhythmen ist Kraftklub längst im musikalischen Mainstream angekommen, wie nicht zuletzt der Auftritt auf der Hauptbühne von Rock am Ring unter Beweis gestellt hat.

Werbung für neues Album

Jetzt also die kleine Bühne bei schätzungsweise ähnlich großem Publikum. Pünktlich zum Ablauf des Countdowns stehen Kraftklub darauf. Sänger Felix Kummer ruft dem Publikum erst ein energisches „Hallo Rock am Ring“ zu, ehe er die Freude bei den Besuchern dann dämpft, in dem er direkt darauf verweist, dass für den Auftritt nur 15 Minuten bleiben.

So erlebt die Menge – insgesamt 90.000 Besucher verzeichnet Rock am Ring zum 40. Festival-Geburtstag – zwar ein intensives, aber eben auch denkbar kurzes Konzert, das allerdings – wie schon der Gratis-Auftritt am Donnerstag in Köln – auch viel von einer Werbeveranstaltung für das neue Album hat. Immerhin lässt die schon veröffentlichte Single „Schief in jedem Chor“ darauf schließen, dass die kommende Platte wieder eine große Hitdichte aufweist.

Engagement gegen Rechts

„Schief in jedem Chor“ bildet dann auch den Abschluss des kurzen Konzerts. Angriffslustig heißt es darin: „Ich hab' noch immer Bock auf Streit, ich singe schief in jedem Chor.“ Der erste Teil des Satzes darf bei Kraftklub, die bekannt für Engagement gegen Rechtsextremismus sind, durchaus eher als Versprechen denn als Drohung verstanden werden.

Der Auftritt von Kraftklub ist indes nicht der einzige Überraschungsauftritt. So werden zum Start des Spektakels in der Eifel am Freitag bei den ersten beiden Auftritten auf der Hauptbühne die Künstler bis zum Betreten selbiger geheim gehalten. Am Ende ist es die Gruppe Electric Callboy aus Castrop-Rauxel, die mit einer Mischung aus Metal und elektronischer Musik die Besucher zum Toben bringt.

Protest gegen neuen Livestream-Partner

Etwas verhaltener nimmt das Publikum im Anschluss den Auftritt der mit viel Selbstironie aufspielenden Italo-Schlager-Gruppe Roy Bianco & Die Abbrunzati Boys auf, einige Besucher wenden sich sogar ganz ab. Protest regt sich im Publikum auch gegen die Liveübertragung des Festivals auf der Internetseite der „Bild“-Zeitung, wie Schildern, die aus der Menge ragen, zu entnehmen ist.

Abseits des Festivalgeländes proben die Punkrocker von Feine Sahne Fischfilet, deren neue Platte „Wir kommen in Frieden“ gerade erst den ersten Platz in den Album-Charts erobert hat, schon mal für ihren großen Auftritt am Abend und bringen dabei den Campingplatz zum Kochen. Als Sänger Jan „Monchi“ Gorkow später beim eigentlichen Konzert über seine Tochter singt, überkommen ihn die Emotionen und Tränen fließen.

Abbruch wegen Stimmproblemen

All dies geht bei Rock am Ring bereits am ersten Tag über die Bühne. Große Geschenke zum 40. Geburtstag werden früh verteilt, die Messlatte für das restliche Festival liegt entsprechend hoch.

Blick auf die Bühne beim Auftritt von «Bullet for My Valentine» beim Festival Rock am Ring.

Zehntausende feiern auch in diesem Jahr wieder beim Festival Rock am Ring.

Doch auch am Samstag stehen wieder große Gefühle auf dem Programm – und es kommt zu großen Gesten. Die Metalcore-Band Heaven Shall Burn muss ihren Auftritt nach kurzer Zeit abbrechen, denn Sänger Marcus Bischoff plagen Stimmprobleme. Statt mit Verärgerung reagiert das bei widriger Witterung – der Regen wird am Samstag stärker – ausharrende Publikum mit Verständnis und sogar viel Beifall, der als Genesungswunsch gedeutet werden darf.

Gitarrenriff wie ein Donnerhall

Pure Partystimmung gibt es beim Auftritt des ehemaligen Bloodhound-Gang-Bassisten Evil Jared, der sich den Digital-Creator Michael „Krogi“ Krogmann als Schlagzeuger geschnappt hat und selbst als DJ der Menge einheizt. Dass die Musik (von Krogmanns Trommeln abgesehen) nicht live ist, stört die feierwütige Meute dabei nicht im Geringsten.

Samstäglicher Höhepunkt ist am späten Abend der Auftritt der US-amerikanischen Metal-Band Slipknot. Der lässt einen angesichts der martialischen Horrorshow samt teuflisch schaurigen Masken auf der Bühne erst ins Gruseln geraten, ruft dann angesichts des dort betriebenen Aufwands auch Bewunderung hervor. Musikalisch haben die Amerikaner durchaus etwas zu bieten. Jedes Gitarrenriff klingt wie ein Donnerhall.

Viele harte Klänge in kurzer Zeit

Das gilt in der Nacht von Sonntag auf Montag kaum weniger für den Auftritt von Korn, Mitbegründer des Nu-Metal aus Kalifornien. Jedoch ist nicht jeder für so viele harte Klänge innerhalb so kurzer Zeit gemacht, was auch auf den Autor dieser Zeilen zutrifft.

Zum Glück gib es da noch die Punkband Beatsteaks aus Berlin, die mit Hits wie „Let me in“ zuvor beste Stimmung unter die Besucher bringen. Derart beseelt, lässt sich die Heimreise problemlos antreten, auch wenn nach den Festival-Tagen nun die Arbeitswoche wartet.

Positive Polizei-Bilanz trotz verschlammter Parkplätze

Was die Sicherheit bei Rock am Ring angeht, so hat die Polizei am Sonntagnachmittag ein vorläufiges Fazit gezogen, das positiv ausfällt. Wie ein Sprecher mitteilte, habe es nur wenige Probleme geben, sowohl mit Blick auf Kriminalität als auch mit Blick auf Verkehrsunfälle rund um den Nürburgring. Beides halte sich im Rahmen. „Die Statistik sieht sehr gut aus“, sagte er unserer Redaktion.

Für manche Herausforderung sorgte allerdings der Regen, der Parkplätze verschlammte. Auf besonders betroffenen Parkplätzen mussten steckengebliebene Autos mitunter aus dem Matsch geschoben werden, wie vor Ort zu beobachten war.