Köln – Trittsicherheit auf dem kulturellen Parkett attestiert ihm Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Denn seine Erfahrungen in unterschiedlichen Sparten seien mannigfaltig. Ihr Vorschlag für den neuen Beigeordneten für das Dezernat Kunst und Kultur: Der 54-jährige Stefan Charles, gebürtig im Kanton Freiburg in der Schweiz.
Probleme und Herausforderungen der Medien dürften ihm als ehemaligen Kulturchef beim Schweizer Radio und Fernsehen SRF so vertraut sein wie die der Museumslandschaft. Er entschied sich zunächst für eine Karriere in der Musikindustrie und war bei der EMI in Berlin. Anschließend übernahm er verschiedene Leitungsfunktionen bei einer Veranstaltungsgesellschaft. Er war Dozent an der Zürcher Hochschule der Künste und auch als Geschäftsführer im dortigen Rohstofflager.
Reker: Traue Stefan Charles die vielfältigen Herausforderungen zu
„Ich traue ihm zu, die vielfältigen Herausforderungen, vor denen die Kultur in Köln steht, professionell zu bewältigen“, so Reker. „Und die Kölner Kulturlandschaft – auch mit ihren hochkarätigen freien Kulturakteuren – so aufzustellen, dass Köln seien Ruf als internationale Kulturmetropole stärken kann.
Stefan Charles war von 2011 bis 2016 kaufmännischer Direktor am Kunstmuseum Basel, wo er ein umfangreiches Bauprojekt zum Abschluss brachte. Danach wechselte er in die Geschäftsleitung von SRF als Abteilungsleiter Kultur. Zwischenzeitlich schloss er ein berufsbegleitendes Studium Design & Kunst an der Hochschule Luzern ab sowie ein Studium in Unternehmensführung an der Universität Zürich sowie aktuell ein Postgraduales Masterstudium im „Umwelt-Governance“ in Genf.
Heißer Stuhl
Die Leitung des Kulturdezernats war bereits für einige eine Hürde, die sich nicht so ohne weiteres nehmen ließ – oft scheiterte es auch an der Politik. Nicht mehr als eine Amtszeit erlebten und erleben Kathinka Dittrich van Weringh, Marie Hüllenkremer, Georg Quander und zuletzt Susanne Laugwitz-Aulbach.
Dittrich van Weringh warf 1998 bereits zur Halbzeit, da sie mit Budgetkürzungen für langfristig planende Kultureinrichtungen nicht klarkam. Journalistin Marie Hüllenkremer hatte keine Verwaltungserfahrung und wurde von Politik und Stadtspitze entmachtet. Der linke Christoph Nix war 2004 von der schwarzgrünen Koalition für das Amt vorgesehen, wurde aber nach wenigen Tagen im Regen stehen gelassen.
Georg Quander, zuvor Intendant an der Staatsoper in Berlin, übernahm 2005. Auf seine Erfahrung setzte die Stadt aber nicht – auf der Suche nach einem neuen Opernchef setzte sie eine Findungskommission ein. Laugwitz-Aulbach wird für das Bühnendebakel gescholten, aber ihre Kompetenzen waren auch arg gekappt. (EB)
Im Mai 2020 verließ er das staatliche Schweizer Radio und Fernsehen nach rund drei Jahren, um sich „außerhalb von SRF neu orientieren“. In seine Zeit fallen unter anderen Serien wie der neue Zürcher „Tatort“, „Wilder“, eine Serie mit dem vielsagenden Untertitel „Dunkles Geheimnis in Schnee und Eis“. Die Miniserie „Frieden“ löste in der Schweiz kontroverse Diskussionen über die Landesgeschichte aus. Das Historiendrama beleuchtet die Gesellschaft der unmittelbaren Nachkriegszeit und schildert, dass vielen jungen Schweizern der Stunde null klar wurde, dass wohlhabende Wirtschafts- und Politikkreise flüchtige Nazis deckten. Die Serie, die auch auf Arte lief, erhielt sehr gute Kritiken.
Sondersitzung am kommenden Montag
Nun ist Stefan Charles Kandidat für die Nachfolge von Kulturdezernentin Susanne Laugwitz-Aulbach. Am kommenden Montag soll der Rat zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um zu wählen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker sagte der Rundschau, dass er alle Voraussetzungen erfülle und seine Personalie unter anderen mit Blick auf die Führungskompetenz von der Bezirksregierung zu hundert Prozent befürwortet werde.
Charles, der auch im Musikverlag gearbeitet hat, weiß um die rasanten Veränderungen in zahlreichen Sparten wie zum Beispiel dem klassischen Konzertbetrieb. In einem Interview mit der „Aargauer Zeitung“ gab er sich jedoch zuversichtlich, dass klassische Musik auch in einem halben Jahrhundert noch gehört werde. Wie, das bleibe allerdings offen. Als Radiomacher zeigte er sich offen für neue Formate auch in der elektronischen Musik. Die Hitparade wolle er hinter sich lassen.
Vor zwei Jahren machte er mit dem Papier „Grüne Museen, jetzt“, eine Initiative des Monopol Magazins für Kunst und Leben, auch hierzulande auf sich aufmerksam. Es war ein offener Brief an Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Darin forderten die Direktorinnen und Direktoren führender deutscher Museen „von Deutschland mehr Anstrengungen zur Bewältigung klima-politischer Herausforderungen und einen Green New Deal für Museen“.
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Hoch sind die Erwartungen an einen künftigen Kulturdezernenten, es dürfte für den Neuen nach Ansicht von Ralph Elster, der für die CDU im Kulturausschuss sitzt, „viel Arbeit geben“. Ein Riesenereignis solle die Eröffnung der Bühnen am Offenbachplatz sein. Der Zeitplan, so Elster, sei sportlich. Die Museen hätten im Digitalen während der Pandemie gut reagiert. „Aber das waren nur Ansätze. Der Ausbau ist Chefsache“. Auch beim Thema Tanz müsse sich was tun, da seien die Verhältnisse nicht klar, Köln habe im Ruf als Tanzstadt Federn gelassen.
Brigitta von Bülow, für die Grünen im Kulturausschuss, sieht in der Personalie Charles „die perfekte Antwort für die Herausforderungen unserer Stadt. Er ist gut für Köln“, sagt sie. Maria Helmis (SPD) wünscht sich, dass sich der Nachfolger von Susanne Laugwitz-Aulbach als „Anwalt der Kultur“ versteht. „Ein solcher Anwalt oder Anwältin wäre auch im Fall von Birgit Meyer nötig gewesen.“ Ein Dezernent müsse vorausschauend handeln. Als Oppositionspartei, so Helmis, hätte die SPD allerdings gerne mit am Tisch gesessen.