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Festival am NürburgringMitreißender Sound im Sonnenschein – so schön war „Rock am Ring“

Lesezeit 4 Minuten
Mike Dirnt, Bassist und Sänger der US-amerikanischen Rockband Green Day  spielt beim Open-Air-Festival ‚Rock am Ring‘ auf der Utopia-Stage.

Mike Dirnt, Bassist und Sänger der US-amerikanischen Rockband Green Day spielt beim Open-Air-Festival ‚Rock am Ring‘ auf der Utopia-Stage.

Zehntausende feierten beim Festival „Rock am Ring“ mit Bands wie Billy Talent oder Green Day bei Sonnenschein in der Eifel am Nürburgring.

Am Ende steht er allein auf der Bühne. Der Großteil der 80 000 Festivalbesucher von Rock am Ring steht am Samstagabend davor. Um die Menge in seinen Bann zu ziehen, braucht Billie Joe Armstrong nicht viel, nur Gitarre und Mikro. Der Frontmann von Green Day stimmt das Stück „Good Riddance“ an. Darin singt er: „I hope you had the time of your life.“

Konzert ihres Lebens

Zumindest das Konzert ihres Lebens, dürften viele Besucher gehabt haben. Manche schon zum wiederholten Male. Denn die kalifornische Punkband trat an gleicher Stelle bereits vor zwei Jahren auf. Diesmal gerät der Auftritt ähnlich fulminant, lässt allerdings auch ein wenig auf sich warten. Queens berühmte wie lange Rockoper „Bohemian Rhapsody“ soll das Publikum einstimmen, ehe dann zu „Blitzkrieg Bop“ von den Ramones ein Crew-Mitglied im Hasenkostüm auftaucht, wild hin und her taumelt – und schließlich die Bühne der Band überlässt.

Day Green führt dann eine eigene Rockoper auf. Viele Stücke stammen auf dem 2004er Album American Idiot. Allein der Song „Jesus of Surbubia“ bringt es – verbunden mit einer ordentlichen Portion Sozialkritik – auf eine Länge von mehr als neun Minuten. Angesichts der immer kürzeren Stücke auf den Streamingplattformen im Internet ist das ein angenehmer Kontrast. Das andere Album, das dominiert, ist Dookie, das Green Day 1994 zum weltweiten Durchbruch verhalf. Hits wie „Basket Case“ und „When I Come Around“ könnte das Publikum auch ohne Armstrong singen.

Textsicherheit ist hier generationsübergreifend gegeben. Unvermeidlich sind die Schmähgesänge, die von der Menge unten nach oben auf die Tribüne schallen. Sie gibt es wohl schon fast so lange wie das Festival. Doch wer glaubt, dass dort nur Leute mit zu viel Geld in ihren Logen weilen, verkennt die Lage. Beim Auftritt der kanadischen Rockband Billy Talent, der Green Day vorausgeht, ist die Stimmung auch oben mehr als ausgelassen. Und das auch bei Menschen, die mit schweren Behinderungen leben müssen. Ein Rollstuhlfahrer etwa lässt sein Gefährt sich per Joystick immer wieder schnell im Kreis drehen. Ein Freund springt hinten drauf, beide drehen sich zusammen und wirken glücklich. Gelebte Inklusion.

Hollywoodstar am Bass

Insgesamt setzt die Konzertagentur Dreamhaus, die Rock am Ring seit 2022 veranstaltet, auch in diesem Jahr wieder auf bewährte Stars. Das ging schon am Freitag los, als Die Ärzte aus Berlin ganz oben im Line-Up zu finden waren. Auch sie gaben dem Publikum, was es verlangte: die gesammelten Hits aus einer mehrere Jahrzehnte umspannenden Karriere. Sogar die weniger bekannten Bands konnten mitunter mit Prominenz aufwarten. So die Gruppe Dogstar, die am Samstagnachmittag nicht nur soliden Alternative Rock bot, sondern mit Schauspieler Keanu Reeves auch einen echten Hollywoodstar am Bass hat.

Erfreulich ist ferner, dass in diesem Jahr vergleichsweise viele Bands mit weiblicher Beteiligung auf den insgesamt drei Bühnen stehen. Besonders interessant gerät zum Beispiel der Auftritt der Japanerinnen von Baby Metal, die fernöstliche Popmusik und harte Gitarrenklänge mit einer aufwendigen Bühnenshow kombinieren. Mit Sandra Nasic hat am Freitag eine der bekanntesten Frontfrauen der deutschen Rockszene die Guano Apes auf der Bühne geführt. Die schönste Geste kam am Freitag direkt zu Beginn von Querbeat. Die Brasspop-Band überließ den letzten Song den Nachwuchsmusikerinnen von „The Red Flags“, einer, weiblichen Grunge-Gruppe aus Köln. Delila Paz, Sängerin von The Last Internationale, paarte am Samstag Stimmgewalt mit Sozialkritik.

Armin Link, Leiter des DRK-Rettungsdienstes Nürburgring, zog am Samstagnachmittag ein erstes Fazit für seine Einsatzkräfte. Grundsätzlich sei Rock am Ring „total ruhig“, ruhiger als in den Vorjahren. Bis dato verzeichnete er 250 Einsätze im Rettungsdienst und 1500 Versorgungen in den Sanitätszelten. Schwerverletzte oder -Erkrankte gebe es nicht. Er sei rundum zufrieden. Ähnlich äußerte sich Polizeiführer Michael Vomland: „Aus polizeilicher Sicht sind wir mit dem bisherigen Verlauf absolut zufrieden.“ Das Verkehrskonzept der Polizei habe gegriffen, so dass es nur zu einigen wenigen Staus gekommen sei. Trotz der vielen Besucher seien nur wenige Straftaten zu verzeichnen gewesen. „Das Groß der Feiernden verhält sich absolut friedlich.“ (wes)