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Stellenabbau in NRWIn Bezirksregierungen sollen Hunderte Stellen gestrichen werden – Beamte wehren sich

Lesezeit 4 Minuten
10.04.2025, Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf: Der neue Eingang der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen

Der neue Eingang der Staatskanzlei: Dass hier aufwändig saniert wird, zugleich untere Ebenen aber sparen sollen, stößt auf Unmut. 

Der geplante Stellenabbau in den nordrhein-westfälischen Bezirksregierungen sorgt für Widerstand bei Beamten, während Luxusausgaben kritisiert werden.

Ein geplanter empfindlicher Stellenabbau der schwarz-grünen Landesregierung bei den fünf Bezirksregierungen des Landes hat heftige Empörung bei einfachen Beamten in den nachgeordneten Behörden hervorgerufen.

100 bis 130 Stellen pro Bezirksregierung

Der Hauptpersonalrat sprach in einem internen Mitarbeiterbrief vom 28. April, der unserer Redaktion vorliegt, von einem „besonders faulen Ei“ zu Ostern. Die Regierungspräsidenten seien aufgefordert worden, dem für die Bezirksregierung zuständigen Innenministerium binnen einer Woche die „konkrete, stellen- bzw. namensscharfe Umsetzung der Personaleinsparungen aus Haushaltsgründen“ mitzuteilen. Von 100 bis 130 Stellen pro Bezirksregierung und einem Einsparvolumen von insgesamt 40 Millionen Euro sei die Rede, so der Hauptpersonalrat.

Zehn-Milliarden-Loch im NRW-Haushalt 2026

Schwarz-Grün geht dem Vernehmen nach das Geld aus. Auch wenn die kreditfinanzierten Investitionspakete des Bundes und die gelockerten Schuldenregeln für die Länder einiges abfedern könnten, ist in Düsseldorf von einem „Zehn-Milliarden-Loch“ im Landeshaushalt 2026 die Rede.

Der Hauptpersonalrat will nicht akzeptieren, dass nun vor allem „unten“ gekürzt werden soll. „Die Bezirksregierungen sind Behörden, die im Auftrag vieler Ministerien agieren. Sie haben kaum eigene Spielräume, ihre Aufgaben selbst zu bestimmen“, heißt es in dem Schreiben. Schulverwaltung, Genehmigungspraxis bei Infrastrukturvorhaben oder Gesundheitsschutz sind hier gebündelt. Schon heute sei man unterbesetzt und schiebe einen Überstundenberg vor sich her, heißt es in den Bezirksregierungen.

Kritik an der Staatskanzlei wegen Luxusausgaben

Ein Sprecher des Innenministeriums wollte sich zu den Sparplänen nicht äußern: „Aufgrund des laufenden regierungsinternen Aufstellungsverfahrens zum Haushaltsgesetz 2026 kann aktuell zum Sachverhalt keine Auskunft gegeben werden.“ Innenminister Herbert Reul (CDU) scheint ohnehin nur zuständigkeitshalber Adressat der Kritik zu sein. In den Bezirksregierungen wird vielmehr kritisiert, dass die Staatskanzlei von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) mit zweierlei Maß messe.

„Währenddessen wird die Staatskanzlei aufwendig luxussaniert – ein Milliardenprojekt, das bei vielen nur noch Kopfschütteln auslöst. Vor diesem Hintergrund wirken die Sparvorgaben besonders zynisch“, heißt es im Schreiben des Hauptpersonalrats. Ein „Milliardenprojekt“ ist die Modernisierung des Regierungssitzes des Ministerpräsidenten in Düsseldorfer 1a-Rheinuferlage zwar nicht. Nach sieben Jahren Bauzeit sind die Kosten explodiert, belaufen sich aber „nur“ auf mindestens 72,5 Millionen Euro.

Während der bauliche Zustand in vielen Bezirksregierungen als „beklagenswert“ beschrieben wird, gönnte sich die neue Staatskanzlei Designerleuchten bis in die Abstellkammer, Wandbepflanzungen sowie ein weitgehend ungenutztes „Edel-Bistro“ für knapp eine halbe Million Euro. Allein eine Tischlampe für den Kabinettssaal schlug mit mehr als 40.000 Euro zu Buche – ungefähr das Jahresgehalt eines Sachbearbeiters in der Bezirksregierung.

Beamte kritisieren „Wasserkopf“ in der Regierungsspitze

Einfache Beamte im Maschinenraum beklagen schon länger hinter vorgehaltener Hand, dass gerade in der Regierungsspitze „ein Wasserkopf“ aus hochbezahlten Beamten entstanden sei. Allein die PR-, Repräsentations- und Reisekosen hätten jedes Maß verloren, während Sparappelle vorrangig an niedere Dienststellen gerichtet würden.

Die Opposition im Landtag stellt sich hinter die Beschäftigten. SPD-Fraktionsvize Christian Dahm erklärte: „Der Ärger der Landesbeschäftigten über die Regierung Wüst ist absolut verständlich. Wie planlos ist die schwarz-grüne Koalition eigentlich, dass die Bezirksregierungen über Ostern quasi aus dem Stegreif Hunderte Stellen streichen sollen?“ Es gebe weder eine Aufgabenkritik, geschweige denn eine Reduzierung der Arbeit in den Mittelbehörden. „Das kann nicht klappen. Hinzu kommt, dass die Landesregierung bei eigenen Angelegenheiten gerne aus dem Vollen schöpft“, so Dahm.

Fotobegleitung und neue Stellen: Luxusausgaben der NRW-Regierung

Im Landtag wird angesichts der Kürzung in den Bezirksregierungen fehlendes Kostenbewusstsein an der Regierungsspitze vorgerechnet. Schließlich habe die Staatskanzlei allein im vergangenen Jahr fast 86.000 Euro für die sogenannte „Fotobegleitung“ des Ministerpräsidenten ausgegeben. Zudem gibt es auf den Parlamentsfluren Gerüchte, Wüst könnte im Sommer auch noch eine weitere Staatssekretärs-Stelle aus der Berliner Landesvertretung in seine üppig ausgestattete Staatskanzlei nach Düsseldorf transferieren.

Dann scheidet der bisherige NRW-Botschafter in der Hauptstadt, Mark Speich, freiwillig aus und wechselt zur Konrad-Adenauer-Stiftung. Allerdings ist eine Herabstufung der Berlin-Repräsentanz schwer vorstellbar, da Speich ohnehin als kaum zu ersetzen gilt. Der bescheiden auftretende, promovierte Cambridge-Absolvent wirkte hinter den Kulissen seit 2017 als einer der klügsten Köpfe der Regierung.

Unklarheit über tatsächliche Sparzwänge in 2026

Noch ist unklar, wie groß die Sparzwänge im kommenden Jahr wirklich sind. Zurzeit führen die Haushälter erste Gespräche zur Aufstellung des NRW-Etats 2026. Durch die anhaltende Wirtschaftsflaute sprudeln die Steuerquellen weit schwächer, als das in der mittelfristigen Finanzplanung veranschlagt worden war. Das kreditfinanzierte 500-Millirden-Sondervermögen der neuen Bundesregierung ist zwar zur Ertüchtigung der Infrastruktur hochwillkommen. Da es sich aber um „zusätzliche“ Investitionen in den kommenden zehn Jahren handeln wird, muss NRW seine Fixausgaben schon weiter aus den laufenden Einnahmen bestreiten.

Auch die jüngste Lockerung der Schuldenbremse für die Länder dürfte keine nachhaltige Lösung bieten. Durch die Grundgesetzänderung darf NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) künftig Kredite in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts einplanen. Optendrenk hat jedoch einst als Ministerialbeamter im Finanzministerium gearbeitet und gilt als Verfechter der goldenen Kaufmannsregel: Jede Schuld muss irgendwann getilgt werden.