Berlin-WahlCDU-Spitzenkandidat Wegner will schnelle Regierungsbildung

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Kai Wegner (CDU), Spitzenkandidat seiner Partei bei der Berliner Wahl zum Abgeordnetenhaus, spricht am Tag nach der Wahl, vor der Präsidiumssitzung der CDU, am Konrad-Adenauer-Haus mit Vertretern der Medien.

Kai Wegner (CDU), möchte die Regierungsbildung in Berlin beschleunigen.

Erstmals seit zwei Jahrzehnten ist die CDU stärkste Kraft in Berlin. SPD und Grüne ringen um Platz Zwei, die FDP scheidet knapp aus.

Bei der Wahl in Berlin ist die CDU erstmals seit mehr als zwei Jahrzehnten wieder stärkste Kraft geworden. Auf Platz zwei landen überraschend die Grünen, die SPD mit Regierungschefin Franziska Giffey stürzt auf ein historisches Tief ab. Die AfD legt zu und ist wieder im Abgeordnetenhaus vertreten, die FDP scheidet knapp aus.

Wegen schwerwiegender Wahlpannen hatte das Landesverfassungsgericht die Wahl des Landesparlaments vom September 2021 und die Bezirkswahlen für ungültig erklärt - und eine Wiederholung angeordnet. Damals hatten lange Warteschlangen vor Wahllokalen sowie fehlende, vertauschte oder kopierte Stimmzettel bundesweit Schlagzeilen gemacht.

CDU gewinnt deutlich vor SPD und Grünen in Berlin

Nach dem eindeutigen Wahlsieg der CDU will Spitzenkandidat Kai Wegner bei der Regierungsbildung aufs Tempo drücken. „Ich hoffe, dass wir sehr schnell Gespräche führen können“, sagte Wegner am Montag im RBB-Inforadio. Sowohl mit SPD als auch mit Grünen wolle er Sondierungsgespräche führen.

Nach Auszählung aller Wahlkreise liegen SPD und Grüne beide bei 18,4 Prozent der Stimmen, die SPD liegt hat mit 105 Stimmen einen hauchdünnen Vorsprung. Nach Angaben des Landeswahlleiters bekommen beide Parteien je 34 Mandate der insgesamt 159 Sitze im Abgeordnetenhaus. „Ich werde beide, da beide Zweitplatzierte sind, zur gleichen Zeit einladen“, so Wegner.

Die CDU hatte 28,2 Prozent (2021: 18,0 Prozent) der Stimmen bekommen. Die Linke rutschte auf 12,2 Prozent ab (14,1). Die AfD legte auf 9,1 zu (8,0). Ein bitterer Wahlabend war es für die FDP, die mit 4,6 Prozent aus einem weiteren Landesparlament flog (7,1).

Die CDU käme demnach auf 42 bis 47 Sitze, die Grünen auf 28 bis 32 und die SPD auf 27 bis 32 Mandate. Die Linke würde 19 bis 21 Sitze erhalten, die AfD 14 bis 15. Wahlberechtigt zur Abgeordnetenhauswahl waren etwa 2,4 Millionen Menschen. Die Wahlbeteiligung lag laut den Prognosen bei 63,5 bis 65,0 Prozent. 2021 waren es 75,4 Prozent, doch wurde in dem Jahr gleichzeitig auch der Bundestag gewählt.

CDU-Spitzenkandidat Wegner sprach von einem „phänomenalen“ Erfolg und sagte: „Unser Auftrag ist es, eine stabile Regierung zu bilden.“ Berlin habe den Wechsel gewählt. Er kündigte an, SPD und Grüne zu Sondierungen einzuladen.

Der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz schrieb auf Twitter: „Der klare Regierungsauftrag für die CDU ist der erste Schritt hin zu unserem Ziel, dass die Bundeshauptstadt besser funktioniert.“

Kai Wegner gewinnt Berlin-Wahl - aber Rot-Grün-Rot wollen an der Spitze bleiben

Doch ob Wegner ein Regierungsbündnis schmieden kann, ist offen. SPD und Grüne hatten angedeutet, dass sie ihre Koalition mit der Linken auch im Fall eines CDU-Siegs fortsetzen wollen - wofür die Mehrheitsverhältnisse auch reichen würden. Giffey erkannte den CDU-Sieg an. Die Wähler wünschten sich, „dass Dinge anders werden“.

Ihr Ziel bleibe aber, an der Regierung zu bleiben. „Wenn wir eine Möglichkeit haben, ein Regierungsbündnis anzuführen unter SPD-Führung, dann werden wir auch versuchen, dafür eine stabile politische Mehrheit zu organisieren.“

Der SPD-Bundesvorsitzende Lars Klingbeil gratulierte der CDU zu ihrem Wahlerfolg. Noch sei aber nicht klar, welche Optionen für die Bildung einer neuen Regierung möglich seien. Die Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch sprach sich für eine Fortsetzung der Koalition mit SPD und Linken aus. „Die jetzige Regierungskoalition hat eine klare und stabile Mehrheit“, sagte sie in der ARD.

Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD, gibt in ihrem Wahllokal in Berlin-Friedrichshain ihre Stimmzettel zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ab.

Franziska Giffey (SPD), Regierende Bürgermeisterin von Berlin und Spitzenkandidatin der Berliner SPD, gibt in ihrem Wahllokal in Berlin-Friedrichshain ihre Stimmzettel zur Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus ab.

Eine Neuauflage von Rot-Grün-Rot wäre eine Kampfansage an Wegner, der die CDU nun wieder nach vorn geführt hat. Der 50-Jährige ist gebürtiger Berliner, verheiratet, Vater dreier Kinder und lebt im Bezirk Spandau. Außerhalb der Stadt ist der Hertha-BSC-Fan wenig bekannt.

Giffey punktete im Wahlkampf mit ihrem Amtsbonus kaum. Die 44-jährige SPD-Landeschefin, die östlich von Berlin aufwuchs, war Bürgermeisterin im Bezirk Neukölln und stieg 2018 zur Bundesfamilienministerin auf. Wegen einer Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit trat Giffey im Mai 2021 aus dem Kabinett zurück.

Die 54-jährige Umweltsenatorin Jarasch hat - sollten die Grünen zweitstärkste Kraft werden - die Option, erste Grünen-Regierungschefin in Berlin zu werden und Giffey abzulösen. Die gebürtige Augsburgerin steht für eine Verkehrswende weg vom Verbrenner-Auto und einen ehrgeizigen Kampf gegen die Erderhitzung - was die politische Schnittmenge mit FDP und CDU verkleinert.

Der Erfolg der Berliner CDU dürfte der Bundespartei und dem Vorsitzenden Friedrich Merz Auftrieb geben, denn in diesem Jahr stehen drei Landtagswahlen in Bremen, Hessen und Bayern an. Für die SPD im Bund ist das Ergebnis ein Dämpfer, weil Giffey ihren Posten als Regierungschefin in Berlin verlieren könnte.

Die Bundes-FDP muss damit rechnen, nach einer Reihe empfindlicher Wahlschlappen ein weiteres Mal aus einem Landesparlament zu fliegen. Großes Thema des kurzen Wahlkampfs war neben der Mieten- und Verkehrspolitik eine scharfe Debatte über die Silvesternacht, in der Krawallmacher Polizei und Rettungskräfte attackiert hatten. (dpa)

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