Demos gegen Rechtsextremismus:Auch Beamte dürfen auf die Straße gehen

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HANDOUT - 24.01.2024, Nordrhein-Westfalen, Oberhausen: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hält bei einer Demo gegen die AfD ein Handylicht hoch.  (zu dpa: «NRW-Ministerpräsident Wüst beteiligt sich an Demo gegen AfD») Foto: Bernd Thissen/Land NRW/dpa - ACHTUNG: Nur zur redaktionellen Verwendung im Zusammenhang mit der aktuellen Berichterstattung und nur mit vollständiger Nennung des vorstehenden Credits +++ dpa-Bildfunk +++

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (vorn M.) bei einer Demonstration gegen die AfD in Oberhausen. Dürfen Beamte bei so einer Kundgebung nicht mitmachen?

NRW-Schulministerin Dorothee Feller hatte die 200.000 Lehrkräfte des Landes an das „Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot“ vor Wahlen erinnert. Jetzt sah sie sich zu einer Klarstellung gezwungen.

Während in Nordrhein-Westfalen am Wochenende wieder Tausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen sind, ringt die Landesregierung mit dem politischen Neutralitätsgebot für Beamte. NRW-Schulministerin Dorothee Feller (CDU) musste nach Protesten klarstellen, dass gesellschaftliches und bürgerschaftliches Engagement auch von Lehrkräften ausdrücklich begrüßt werde.

Zuvor hatten „Hinweise zur Aufgabenerfüllung im öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen" an die mehr als 200.000 Lehrkräfte für erhebliche Irritationen gesorgt. In einem Schreiben der Bezirksregierungen, das unserer Redaktion vorliegt, wurden die Pädagogen an das „Mäßigungs- und Zurückhaltungsgebot“ für Staatsdiener erinnert. Bedienstete sollten sich „in einem Zeitraum von fünf Monaten vor Wahlen zu Vorgängen ihres dienstlichen Aufgabenbereichs grundsätzlich nicht auf öffentlichen politischen Veranstaltungen äußern, wenn eine Rückwirkung auf den Wahlkampf möglich ist“, hieß es dort.

Feller-Schreiben wurde als unpassend empfunden

Bei dem Schreiben handelte es sich offenbar um einen Routinevorgang mit Blick auf die Europawahl am 9. Juni. Regelmäßig werden Beamte von der Landesregierung daran erinnert, dass sie sich im politischen Wettstreit als Verwaltungsmitarbeiter, Lehrer oder Polizisten während der Arbeitszeit bedeckt halten sollen, damit „das öffentliche Vertrauen in ihre unparteiische, gerechte und gemeinwohlorientierte Amtsführung keinen Schaden nimmt“.

Angesichts der seit Wochen anhaltenden Demonstrationen gegen Rechts, zu denen sich auch Lehrerkollegien und Verwaltungsapparate verabreden, wurde das Feller-Schreiben jedoch als unpassend empfunden. Zumal aus der Reihen der AfD mitunter die Verschwörungstheorie verbreitet wird, die Proteste seien wie einst in der DDR staatlich gelenkte Schauveranstaltungen. Die Vorsitzende der Bildungsgewerkschaft in NRW, Ayla Celik, beklagte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) fehlendes Fingerspitzengefühl und einen unpassenden Zeitpunkt für eine offizielle Mahnung zur Mäßigung.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) nennt die AfD „eine brandgefährliche Nazi-Partei“ und hatte in der vergangenen Woche persönlich an einer Demonstration gegen Rechtsextremismus in Oberhausen teilgenommen. Dabei ließ er keinen Zweifel, dass ein Bekenntnis zu Menschenrechten und der freiheitlich demokratischen Grundordnung keine alltägliche politische Meinungsäußerung ist. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) rief am Wochenende sogar dazu auf, nicht nachzulassen: „Wir müssen unsere liberale und tolerante Gesellschaft verteidigen – auch am Stammtisch, beim Straßenfest, am Arbeitsplatz und in der Whatsapp-Gruppe.“

Auslöser der Massenproteste waren Enthüllungen über ein Geheimtreffen von Rechtsextremisten mitranghohen AfD-Funktionären in Potsdam, bei dem Vertreibungspläne für Millionen Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland erörtert worden sein sollen.

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