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„Rüstet sich für weiteren Krieg“Drohnen-Alarm über AKW in Belgien – Pistorius warnt vor Putins Plänen

4 min
Drei Drohnen wurden über dem Kernkraftwerk Doel gesichtet. (Archivbild)

Drei Drohnen wurden über dem Kernkraftwerk Doel gesichtet. (Archivbild)

Erneut werden Drohnen über kritischer Infrastruktur in Belgien gemeldet. Drei Drohnen sollen über ein Kernkraftwerk geflogen sein.

Erneut sind in Belgien Drohnen über kritischer Infrastruktur gesichtet worden – dieses Mal über einem Kernkraftwerk in der Nähe von Antwerpen. Dies habe keine Auswirkungen auf die Aktivität des Kraftwerks Doel gehabt, berichtete die Nachrichtenagentur Belga am Abend unter Berufung auf den Betreiber Engie. Insgesamt seien drei Drohnen gesichtet worden. Die Polizei wollte sich laut Belga nicht zu dem Vorfall äußern.

Zuvor waren den Angaben zufolge auch am Flughafen Lüttich erneut mehrere Drohnen gesichtet worden. Der Flugverkehr wurde daraufhin am Abend für eine knappe Stunde ausgesetzt.

Mehrere Drohnensichtungen in Belgien

Zuletzt waren in Belgien mehrfach Drohnen gesichtet worden, unter anderem bei der belgischen und von der Nato genutzten Militärbasis Kleine-Brogel. Unbestätigten Berichten zufolge ist der Luftwaffenstützpunkt einer der Orte in Europa, an denen US-Atomwaffen lagern. Auch an den Flughäfen Brüssel und Lüttich war zuletzt wegen Drohnensichtungen zeitweise der Verkehr eingestellt worden.

Das deutsche Verteidigungsministerium hatte vergangene Woche mitgeteilt, die Bundeswehr unterstütze Belgien bei der Drohnenabwehr. Belgien habe die Unterstützung beantragt. Berichten zufolge ist eine spezialisierte Einheit der Luftwaffe temporär in Belgien stationiert worden.

Deutschland unterstützt Belgien bei Drohnenabwehr

Die deutschen Kräfte seien nach dem Gesuch der Regierung in Brüssel in der Nacht auf Freitag nach Belgien gereist und sollten „im Laufe des Tages dort die Einsatzbereitschaft herstellen“, sagte ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin in letzten Woche. 

Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) vermutet unterdessen einen Zusammenhang mit der auf EU-Ebene geführten Debatte über die mögliche Freigabe eingefrorener russischer Vermögenswerte von 140 Milliarden Euro, aus denen Hilfen für die Ukraine finanziert werden könnten.

Boris Pistorius: „Maßnahme soll Angstmache in Belgien dienen“

„Das ist eine Maßnahme, die der Verunsicherung dienen soll, der Angstmache in Belgien: Wagt es bloß nicht, an die Assets zu gehen“, erklärte Pistorius in der letzten Woche. „Das kann man gar nicht anders interpretieren“, erklärte Pistorius weiter. Erneut warnte der SPD-Politiker am Freitag bei der Bundeswehrtagung in Berlin vor weitergehenden Absichten Moskaus. 

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat erneut vor Moskaus Motiven gewarnt. (Archivbild)

Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat erneut vor Moskaus Motiven gewarnt. (Archivbild)

Die Aggression gehe weit über die Ukraine hinaus, sagte Pistorius in Berlin und verwies auf Cyberangriffe oder Desinformationskampagnen. „Das sind Vorboten. Es geht nicht mehr um abstrakte Szenarien. Russland rüstet sich für einen weiteren Krieg“, sagte der SPD-Politiker und fuhr fort, es sei „kein Alarmismus“, wenn er sage, „unsere Art zu leben ist in Gefahr“.

„Frontlinien verlaufen nicht mehr nur entlang von Staatsgrenzen“

Auch der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, warnte zuletzt vor Moskaus Motiven. „Russland begreift Krieg als Kontinuum und denkt nicht in den Kategorien von Frieden, Krise und Krieg, wie wir dies machen. Diese hybriden Angriffe sind Teil dieses Kontinuums“, sagte Breuer zunächst dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Die Frontlinien verlaufen nicht mehr nur entlang von Staatsgrenzen“, hieß es dann bei der Bundeswehrtagung in Berlin. 

Auch in Großbritannien hält man eine russische Verwicklung in die Vorfälle für wahrscheinlich. Sir Richard Knighton, Chef des Verteidigungsstabes in London, sagte der BBC, dass es „plausibel“ sei, dass Moskau die Drohneneinsätze befohlen habe, auch wenn dies keine „gesicherte“ Erkenntnis sei.

Auch London hält russische Verwicklung für „plausibel“

Russland sei, im Großen und Ganzen, „die derzeit dringlichste Bedrohung“ für Europa, betonte Knighton. „Der völkerrechtswidrige Einmarsch in die Ukraine hat den barbarischen Charakter der russischen Kriegsanstrengungen aufgezeigt“, hieß es weiter. Auch London will Belgien nun bei der Drohnenabwehr unterstützen. 

Auf britischem Boden habe Russland Sabotageakte und Tötungen verübt, erinnerte der Chef des britischen Verteidigungsstabes an Vorfälle in der Vergangenheit. Die sogenannte hybride Kriegsführung sei ein Bereich, in dem Großbritannien sich „stärken müsse“, warnte Knighton weiter. Der Kreml streitet eine Beteiligung an den Drohnenvorfällen unterdessen ab. 

Dmitri Medwedew poltert auf X gegen Belgien

Parallel zu den ersten Sichtungen in Belgien hatte sich Ex-Kremlchef Dmitri Medwedew jedoch verbale Scharmützel mit Brüssel geliefert. Der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrates hatte den belgischen Verteidigungsminister Theo Francken Anfang November auf der Plattform X als „Schwachkopf“ beleidigt und auf den laut Moskau erfolgreichen Test der Unterseedrohne Poseidon hingewiesen.

Francken hatte zuvor erklärt, die Nato werde im Falle eines russischen Angriffs auf einen Bündnisstaat mit Angriffen auf Moskau reagieren. Daraufhin hatte sich der russische Scharfmacher zu Wort gemeldet und auf die jüngste „Weltuntergangswaffe“ Moskaus verwiesen. Auf den Vorschlag eines X-Nutzers, man solle Belgien als Testgebiet für Poseidon in Betracht ziehen, antwortete Medwedew schließlich: „Dann wird Belgien verschwinden …“

Francken hat diese bedrohlichen Worte nicht unkommentiert gelassen – und bezog sich bei seiner Antwort schließlich auf den römischen Dichter Ovid. Bei X kommentierte der Belgier Medwedews Beitrag auf Latein mit dem Zitat „Candida pax homines, trux decet ira feras“. Übersetzt bedeutet das so viel wie: „Reiner Frieden steht den Menschen, wilder Zorn den wilden Tieren.“ (mit dpa)