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Frage des TagesWie soll das Wahlrecht geändert werden?

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Bundestag_Wahlrecht_Reform

Im Bundestag sitzen derzeit 709 Abgeordnete - über 100 mehr als gesetzlich vorgesehen.

Berlin – Die SPD dringt auf eine Reform des Bundestags-Wahlrechts bis Mitte April. "Wir brauchen ein Gesetz bis Ostern", sagte Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann am Mittwoch im ZDF-"Morgenmagazin". Er sei "zuversichtlich, dass das noch passiert". Die SPD wolle verhindern, dass der Bundestag noch größer wird. Wenn es der Opposition gelinge, einen konstruktiven Vorschlag zu machen, werde die Bundesregierung das auch schaffen.

Auch SPD-Parlamentsgeschäftsführer Carsten Schneider machte deutlich, dass die SPD eine Einigung innerhalb der Regierungskoalition anstrebt. Die SPD verhandele derzeit mit der Union "im konstruktiv-kritischen Dialog". Ziel sei es, dass der Bundestag nicht größer wird als er jetzt ist "und dass das Zweitstimmenergebnis korrekt abgebildet wird".

Zeit um eine Neuregelung zu verabschieden wird knapp

Zuletzt hatte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) erklärt, er rechne mit einer schnellen Einigung zur Reform des Wahlrechts. Er habe von allen Fraktionen die Zusage, dass es noch im Januar eine Entscheidung geben müsse. Auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich glaubt an eine baldige Verständigung. Wie die Wahlrechtsreform aussehen könnte, ist aber weiterhin unklar.

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Über die Reform des Wahlrechts streiten die Fraktionen im Bundestag seit Monaten. Da die Neuregelung vor der für Herbst 2021 geplanten Bundestagswahl in Kraft treten soll, wird es allmählich knapp. "Die Zeit läuft uns davon", sagte Schäuble der "Bild am Sonntag". Die Reform dürfe kein weiteres Mal verschoben werden.SPD-Fraktionschef Mützenich sagte ebenfalls: "Es eilt in der Tat." Seine Fraktion werde "in den nächsten Wochen alles daransetzen, mit dem Koalitionspartner einen gemeinsamen Vorschlag einzubringen". Er sei "durchaus sehr optimistisch, dass das gelingt", sagte Mützenich.

Weder Schäuble noch Mützenich äußerten sich dazu, wie die Reform konkret aussahen könnte. "Eine Ideallösung gibt es nicht, aber ich bin zuversichtlich, dass wir eine Regelung beschließen, die ein weiteres Anwachsen der Zahl der Abgeordneten verhindert", sagte Schäuble.

„Nichts unversucht“ lassen, um dringende Reform zu erreichen

"Union und SPD sollen jetzt endlich sagen, was sie wollen", forderte die parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Fraktion, Britta Haßelmann. Sie hoffe, dass alle Beteiligten "nichts unversucht" ließen, um zu einer Einigung zu kommen, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP. Die Reform sei "dringend" nötig.

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Der FDP-Wahlrechtsexperte Stefan Ruppert sagte AFP, wenn Schäuble eine schnelle Einigung durchsetzen wolle, "sollte er sich an die eigene Fraktion wenden". Die Union sperre sich gegen eine "mehrheitsfähige Lösung" und versuche stattdessen, sich selbst zu begünstigen.

Der Justiziar der Linksfraktion, Friedrich Straetmanns, begrüßte es, dass Schäuble nun "endlich tätig werden will". Es sei höchste Zeit für die Wahlrechtsreform, sagte er AFP. "Wir würden uns freuen, wenn Herr Schäuble uns zeitnah zu Gespräche einladen würde."

Im Bundestag sitzen derzeit 709 Abgeordnete - weit mehr als die gesetzlich vorgesehenen 598. Staatsrechtler gehen davon aus, dass es nach der nächsten Bundestagswahl sogar mehr als 800 Parlamentarier sein könnten. Versuche, das Wahlrecht zu reformieren um eine weitere Vergrößerung zu verhindern, blieben bislang erfolglos.

Vorschlag der Opposition nicht mehr umsetzbar

Grund für den übergroßen Bundestag sind Überhang- und Ausgleichsmandate. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei mehr Direktkandidaten in den Bundestag bringt, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden. Damit die Überhangmandate das Zweitstimmenergebnis nicht verzerren, bekommen die anderen Parteien dafür Ausgleichsmandate.

Zuletzt hatte Ende Dezember eine Gruppe von Unionsabgeordneten einen Reformvorschlag vorgelegt, der insbesondere den Erststimmen mehr Gewicht verleihen würde, mit denen die Direktkandidaten in den Wahlkreisen gewählt werden. Die Opposition reagierte empört, weil dies vor allem der Union Vorteile bringen würde. Auch aus der SPD kam Kritik.

FDP, Grüne und Linke wiederum hatten im Oktober einen gemeinsamen Reformvorschlag vorgestellt. Sie wollten unter anderem die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 verringern. Jedoch konnten sie die Koalitionsfraktionen nicht von dem Konzept überzeugen. SPD-Mann Carsten Schneider sagte jetzt, der Vorschlag der Opposition, die Zahl der Wahlkreise zu verkleinern, sei nicht mehr zu schaffen, da dafür bis März jeder Wahlkreis "angefasst" werden müsse. Denn ab April könnten bereits Wahlkreiskonferenzen abgehalten werden. "Wir brauchen eine zügige Einigung", fügte Schneider hinzu. Das Konzept von FDP, Grüne und Linken sieht vor, die Zahl der Wahlkreise von 299 auf 250 zu verringern.