Friedrich Merz wird 70 Jahre alt – doch sein Alter ist kein Thema. Der Bundeskanzler sprüht vor Energie, absolviert einen Reisemarathon nach dem anderen und plant eine längere Amtszeit.
Mit 70 im ReisemarathonWarum Friedrich Merz' Alter kein Thema ist

Friedrich Merz, damals CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU Fraktionsvorsitzender im Bundestag, sitzt im Cockpit eines Eurofighters der Bundeswehr.
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Auf dem internationalen Parkett befindet sich Friedrich Merz gerade in guter Gesellschaft. US-Präsident Donald Trump geht in der unzweifelhaft stressigsten Position, die die Welt zu bieten hat, gerade auf die 80 zu. Der chinesische Präsident Xi Xinping ist mit 72 Jahren auch kein Youngster mehr. Merz ist im Vergleich geradezu im besten Alter für das höchste Regierungsamt in der Bundesrepublik.
Aber nicht allein die Tatsache, dass man sich längst wieder an ältere Männer in höchsten Positionen gewöhnt hat, sorgt dafür, dass Merz' Alter bislang kein Thema ist. Dafür sorgt er auch selbst. Unabhängig von aller Kritik, schlechten Umfragen und dem Befund, dass viele auf die zahlreichen Wenden, die er versprochen hat, noch warten: Dem Mann macht sein neuer Job erkennbar Spaß. Und daraus scheint er eine geradezu unbändige Energie zu schöpfen.

Berlin: Friedrich Merz, damals CDU-Bundesvorsitzender und CDU/CSU Fraktionsvorsitzender im Bundestag und designierter Spitzenkandidat der Union für die Bundestagswahl, aufgenommen bei einem Portraittermin in seinem Büro im Konrad-Adenauer Haus, der Bundesgeschäftsstelle der CDU.
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Seit Amtsantritt hat Merz einen veritablen Reisemarathon hingelegt. Die Zeiten sind heute andere als zu Konrad Adenauer, dem ersten und einzigen Kanzler, der ähnlich betagt wie Merz das höchste deutsche Regierungsamt innehatte. 73 war er bei Amtsantritt – und regierte 14 Jahre. Aber während sich Adenauer noch ausgedehnte Urlaube und den täglichen Mittagsschlaf genehmigen konnte, gibt es für Friedrich Merz kaum Auszeiten.
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Allein die vergangene Woche enthielt: Bundestagswoche, Stahlgipfel, Antrittsbesuch in Mecklenburg-Vorpommern, Flug nach Brasilien zur Klimakonferenz und zurück. Die körperliche Fitness des Bundeskanzlers verblüfft deutlich jüngere Menschen, die ihn regelmäßig auf seinen Reisen begleiten. Behände hüpft er die Treppen zum Weißen Haus hinauf. Als er im Sommer auf Einladung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron die besondere Ehre eines gemeinsamen Abendessens in dessen Sommerresidenz erfuhr, wirkte er geradezu überschwänglich. Der Kanzler überraschte, indem er plötzlich vor laufenden Kameras Französisch sprach.
Merz' Eltern haben beide ein stolzes Alter
Merz fährt Mountainbike, spielt Golf und trinkt, wie er kürzlich verriet, keinen Alkohol mehr. Ein drahtiger Typ war er schon immer. Mit seinem stets gebräunten Teint wirkt er deutlich jünger als er ist. Merz' Vater ist übrigens 101 Jahre alt, seine Mutter 97. Ein Umstand, der Merz schon einmal zu der scherzhaften Bemerkung veranlasste, dass auch mit ihm noch auf lange Sicht zu rechnen sei.

Frankfurt-Archiv: Die damalige CDU-Generalsekretärin Angela Merkel unterhält sich am 14.03.2000 vor Beginn einer Fraktionssitzung im Berliner Reichstag mit dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (M) und dem damaligen amtierenden CDU-Vorsitzenden Wolfgang Schäuble.
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Merz hat lange dafür gekämpft, dort hinzukommen, wo er heute ist – da liegt es nahe, dass er das Handtuch so schnell nicht wieder werfen wird. Sein politisches Comeback bleibt, so oft es schon erzählt sein mag, eine der bemerkenswertesten Geschichten, die die Bundespolitik bislang zu bieten hat. Den Wettstreit um die Führung der CDU und die Kanzlerschaft hatte er im Jahr 2002 gegen Angela Merkel verloren. Fast 25 Jahre später wird er schließlich doch noch Bundeskanzler. Es sei die Geschichte eines gekränkten übergroßen Egos, mutmaßen seine Kritiker seit Jahren.
Aber kann es tatsächlich nur das sein? Die späte Genugtuung über seine Widersacherin vor fast einem Vierteljahrhundert? Merz kann nachtragend sein, und er zeigt sich zudem oft verletzbar. Die Sensibilität, die er zu dessen Verdruss SPD-Chef Lars Klingbeil andichtete, hat er am Ende auch selbst.
Als Friedrich Merz beinahe hingeschmissen hätte
Unvergessen ist etwa seine Reaktion auf einen Gastbeitrag von Ministerpräsident Hendrik Wüst im Sommer 2023 in der FAZ, den man als offene Kritik an Merz' Kurs lesen konnte. Wie der „Spiegel“ später detailliert schilderte, war Merz in der Folge kurz davor, alles hinzuschmeißen. Seit er Kanzler ist, wirkt Merz hingegen gelassener. Das Regieren allerdings ist mühsamer und bislang wohl auch weniger glanzvoll, als er sich das vielleicht vorgestellt hatte. Mit geradezu jugendlichem Selbstbewusstsein war Merz noch in seiner Rolle als Oppositionsführer aufgetreten. Olaf Scholz hatte er damals als „Klempner der Macht“ gescholten. Nun stellen sich in seiner Regierung allerdings auch keine schnellen Erfolge ein und es wird öffentlich gestritten, was Merz sich eigentlich verbeten hatte.
Haben die Deutschen also einen Kanzler, der sich selbst genügt mit seinem Amt? Sein jüngster Auftritt in der Unionsfraktion lässt anderes vermuten. Dort zeigte Merz den Abgeordneten eine Grafik des Ifo-Instituts, die zeigte, dass im Deutschland unter seiner Führung gerade nur noch die Staatsausgaben wachsen und sonst gar nichts mehr. Wenn sich dies in dieser Legislatur nicht ändere, sei die Regierung gescheitert, wurde Merz aus der Sitzung zitiert. Deutlicher kann man einen Anspruch an sich selbst als Regierungschef nicht formulieren.
Die Frage, wie lange er Bundeskanzler sein möchte, beantwortete Merz zuletzt im ARD-Sommerinterview selbst. Er denke in Zeiträumen von „sechs bis zehn Jahren“, so der Regierungschef. Er hofft also auf mindestens eine Wiederwahl. Bei der regulären nächsten Bundestagswahl wäre Merz fast 74.
Zur Party kommen auch die potenziellen Anwärter
In der Union halten potenzielle Anwärter auf seine Nachfolge (noch) die Füße still. Wenn er an diesem Dienstag auf der Präsidialebene des Bundestags mit 300 geladenen Gästen seinen Geburtstag feiert, werden sie alle versammelt sein: Fraktionschef Jens Spahn, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst, CSU-Chef Markus Söder. Die Geschlossenheit hinter Merz hält bislang, weil allen klar ist, dass diese Regierung liefern muss, will die Union längerfristig erfolgreich sein. Eine zu früh geführte Personaldebatte um seine Nachfolge würde Merz als Regierungschef schaden. Spannend wird es nächstes Jahr, wenn schwierige Landtagswahlen unter anderem in Sachsen-Anhalt zu bestehen sind. Je nach Ausgang könnte dann die Frage, ob Merz noch der Richtige für das Amt ist, sehr rasch auf der Tagesordnung stehen.
