US-Drohne entgeht Abschuss knappFregatte „Hessen“ wird aktiv – Zwei Treffer und einmal fast „Friendly Fire“

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Die Fregatte „Hessen“ ist im Roten Meer im Einsatz. (Archivbild)

Die Fregatte „Hessen“ ist im Roten Meer im Einsatz. (Archivbild)

Die deutsche Fregatte im Roten Meer ist erstmals gegen feindliche Ziele aktiv geworden. Zuvor hätte sie wohl fast eine US-Drohne vom Himmel geholt. 

Kampfeinsatz im Roten Meer: Die zum Schutz von Handelsschiffen eingesetzte Fregatte „Hessen“ hat erstmals einen Angriff der aus dem Jemen agierenden Huthi-Miliz abgewehrt. Das an der EU-Militärmission „Aspides“ beteiligte Schiff schoss dabei hintereinander zwei Drohnen ab, wie das Einsatzführungskommando der Bundeswehr in der Nacht zu Mittwoch mitteilte. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von einem erfolgreichen Einsatz. Sein Ministerium musste allerdings auch einräumen, dass die „Hessen“ am Vortag irrtümlich auf eine Drohne eines verbündeten Landes geschossen hatte. In diesem Fall wurde das Ziel allerdings verfehlt.

Die Fregatte ist seit Freitag im Roten Meer im Einsatz. Ihr Auftrag ist der Schutz von Handelsschiffen auf der wichtigsten Seeroute von Asien nach Europa durch den Suezkanal. Die mit dem Iran verbündete Huthi-Miliz wollen dort mit den Angriffen ein Ende der israelischen Militäroperation im Gazastreifen erzwingen, der eine Reaktion auf den Terrorüberfall der islamistischen Hamas am 7. Oktober ist.

Zwei Drohnen-Abschüsse innerhalb von 15 Minuten

Der Abschuss der beiden Huthi-Drohnen erfolgte am vierten Einsatztag der „Hessen“, auf der sich 240 deutsche Soldatinnen und Soldaten befinden. Pistorius berichtete am Mittwoch bei einem Truppenbesuch im bayerischen Oberviechtach, gegen 20.00 Uhr MEZ (22.00 Uhr Ortszeit) sei eine erste Drohne gesichtet und abgefangen worden. 15 Minuten später sei eine zweite erfolgreich bekämpft worden, „die sich im Anflug auf das Schiff befand“. Eine Drohne wurde mit einem 76-Millimeter-Bordgeschütz getroffen, die andere von einem RAM-Flugabwehrsystem.

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Der Einsatz der „Hessen“ war Teil einer größeren Abwehraktion gegen die Huthi.  Das US-Regionalkommando Centcom teilte mit, amerikanische Flugzeuge „und ein verbündetes Kriegsschiff“ hätten zwischen 21.50 Uhr und 22.55 Uhr Ortszeit insgesamt fünf Huthi-Drohnen abgeschossen. Die Drohnen seien aus von der Miliz kontrollierten Gebieten im Jemen losgeschickt worden und hätten Handels- und Marineschiffe in der Region gefährdet, hieß es in einem Centcom-Post auf der Online-Plattform X, vormals Twitter.

„Hessen“ schoss irrtümlich auf Drohne eines Verbündeten

Der Abschuss der beiden Drohnen war aber nicht der erste Waffen-Einsatz der „Hessen“. Sie hatte bereits am Montag auf eine Drohne geschossen - in dem Fall aber auf eine eines verbündeten Landes, die verfehlt wurde. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums, Michael Stempfle, erklärte das Versehen damit, dass es vorher eine Abfrage bei den Verbündeten gegeben habe, bei der niemand ein eigenes Flugobjekt im Einsatzgebiet gemeldet habe. Daraufhin habe die „Hessen“ versucht, diese Drohne abzuschießen, was aber nicht gelungen sei. „Der Fall hat sich insofern aufgelöst, als es keine Drohne war, die feindlich war, wie sich aber erst im Nachhinein herausgestellt hat.“

Eine amerikanische Reaper-Drohne wäre Berichten zufolge fast von der Fregatte „Hessen“ abgeschossen worden. (Archivbild)

Eine amerikanische Reaper-Drohne wäre Berichten zufolge fast von der Fregatte „Hessen“ abgeschossen worden. (Archivbild)

Welchem Land diese Drohne im Nachhinein zugeordnet wurde, sagte Stempfle nicht. Der „Spiegel“ berichtete, dass es sich um eine US-Drohne des Typs Reaper gehandelt haben soll. Der Abschuss der Drohne sei zudem nur daran gescheitert, dass die von der Fregatte Hessen eingesetzten Raketen eine Fehlfunktion gehabt und dadurch ins Meer gestürzt seien. Es ist allgemein bekannt, dass Kampfdrohnen der USA in der Region unterwegs sind, die nichts mit dem Einsatz im Roten Meer zu tun haben. Pistorius sagte allerdings, es habe sich um eine Aufklärungsdrohne gehandelt.

Gefährlichster Einsatz der Marine seit Jahrzehnten

Wegen der Angriffe der vom Iran hochgerüsteten Huthi meiden große Reedereien zunehmend die kürzeste See-Verbindung zwischen Asien und Europa - mit erheblichen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Fast täglich fliegt das US-Militär Angriffe, um Ziele der Huthi auszuschalten, darunter auf Schiffe gerichtete Raketen und Drohnen sowie Waffen, die zum Abschuss vorbereitet sind.

Am Freitag hatte der Bundestag der deutschen Beteiligung an der EU-Mission „Aspides“ zugestimmt. Die „Hessen“ war schon vorher von Wilhelmshaven aus in Richtung Einsatzgebiet gestartet mit dem Ziel, sofort nach dem Bundestagsbeschluss mit der Erfüllung des Auftrags beginnen zu können. Pistorius betonte am Mittwoch, es habe sich nun gezeigt, dass dies die richtige Entscheidung gewesen sei. Der Verteidigungsminister hatte die Fregatte wenige Tage vor Beginn der Mission besucht und vom gefährlichsten Einsätze der Marine seit Jahrzehnten gesprochen.

Huthi-Miliz setzt auf Eskalation

In der vergangenen Woche hatte die Huthi-Miliz erklärt, Angriffe auf Handelsschiffe vor der Küste des Landes ausweiten zu wollen. Man setze auf Eskalation als Antwort auf die Eskalation Israels im Gazastreifen, sagte der Anführer der Gruppe, Abdel-Malik al-Huthi, in einer Fernsehansprache. Bislang seien 48 Schiffe angegriffen worden. Zudem kündigte er den Einsatz von Unterwasserwaffen an.

Neben den USA sind auch andere westliche Staaten wie Großbritannien an Einsätzen zur Abwehr der Angriffe beteiligt. An dem rein defensiv ausgerichteten EU-Militäreinsatz zum Schutz der Handelsschifffahrt sind 18 Länder beteiligt. Neben Deutschland schicken unter anderem Belgien, Italien und Frankreich Schiffe ins Rote Meer.

Zuletzt hatten Streitkräfte der USA und Großbritanniens in der Nacht zu Sonntag 18 Huthi-Ziele an acht Orten attackiert. Dazu gehörten US-Angaben zufolge unterirdische Waffenlager der Miliz sowie Raketenlager, Drohnen, Luftverteidigungssysteme und Radaranlagen. Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps drohte den Extremisten mit weiteren Angriffen, falls sie ihre Attacken auf Handelsschiffe nicht einstellen. (das/dpa)

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