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Nach historischer Pleite
Friedrich Merz im zweiten Wahlgang zum Kanzler gewählt

Lesezeit 3 Minuten
Friedrich Merz am Dienstagnachmittag im Bundestag.

Friedrich Merz am Dienstagnachmittag im Bundestag.

Friedrich Merz erhielt im ersten Wahlgang nur 310 Stimmen und scheiterte damit. Ein zweiter Versuch am Nachmittag war erfolgreich. 

Friedrich Merz ist Bundeskanzler. Der CDU-Politiker wurde am Dienstagnachmittag in einem zweiten Wahlgang erfolgreich gewählt und nahm die Wahl an. 

Zuvor hatte Merz die Wahl in einem ersten Wahlgang am Vormittag nicht geschafft. Auf Merz entfielen in geheimer Abstimmung am Vormittag nur 310 Stimmen, wie Bundestagspräsidentin Julia Klöckner mitteilte. Der Bundestag hat 630 Abgeordnete. Der Kanzler muss mit einer absoluten Mehrheit gewählt werden, also mindestens 316 Stimmen. Merz fehlten also sechs Stimmen. CDU/CSU (208) und SPD (120) verfügen zusammen über 328 Mandate, also nur über 12 mehr, als sie unbedingt brauchen.

Insgesamt wurden am Montagvormittag 621 Stimmen abgegeben. Mit Ja stimmten 310 Abgeordnete, mit Nein 307. Es gab 3 Enthaltungen und 1 ungültige Stimme. 

Es ist ein Novum: Noch nie ist nach einer Bundestagswahl und erfolgreichen Koalitionsverhandlungen ein designierter Kanzler bei der Wahl im Bundestag gescheitert. Das politische Erdbeben ereignete sich auf den Tag genau sechs Monate nach dem Bruch der Ampel.

Danach wurde stundenlang hinter den Kulissen beraten, wann ein zweiter Wahlgang stattfinden kann. Schließlich war klar: Noch am Dienstagnachmittag soll erneut abgestimmt werden. Der Bundestag stimmte diesem Vorhaben am Nachmittag zu. 

Unterschiedliche Meldungen aus dem Bundestag

Die Sitzung war nach dem Debakel für Union und SPD zunächst unterbrochen worden und es kursierten immer wieder unterschiedliche „Wasserstandsmeldungen“. Eine Wiederaufnahme der Bundestagssitzung zur Verkündung des weiteren Prozedere war eigentlich für Dienstagmittag geplant, dies verzögerte sich jedoch immer weiter.

„Auch die sogenannten gut informierten Kreise schweigen gerade“, sagte Kerstin Münstermann von der „Rheinischen Post“ gegen 14 Uhr. Münstermann kommentiert für den Sender Phoenix die Geschehnisse rund um den Bundestag.Noch am Dienstag folgte nach langer Unklarheit also ein zweiter Versuch. 

Nach dem ersten Wahlgang hatten Merz und die Unionsführung eilig den Plenarsaal verlassen. Die Fraktion kam zu einer Sondersitzung zusammen, ebenso wie die SPD. Merz traf sich zudem mit SPD-Chef Lars Klingbeil in seinem Büro. 

Wer die Abweichler waren, darüber herrschte offenbar Uneinigkeit. Während CDU und CSU die Schuldigen bei der SPD sehen, beteuern die Genossen laut „Spiegel“, sie seien es nicht gewesen. „Wir gehen bei uns von voller Zustimmung aus“, hieß es demnach aus Parteikreisen. Es wird davon ausgegangen, dass die Abweichler ihren Parteiführungen einen „Denkzettel“ verpassen wollten – möglicherweise, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein.

Union bevorzugte zweiten Wahlgang am Dienstag

Der Parteienforscher Karl-Heinz Korte sagte bereits am Vormittag bei „Phoenix“, theoretisch sei noch am Dienstag ein zweiter Wahlgang möglich. Allerdings müsse dafür die Tagesordnung im Bundestag geändert werden, und dies sei nur mit der AfD möglich. Die rechtsextreme Partei stimmte dem Vorhaben aber schließlich zu.

Es gibt in der deutschen Geschichte keinen Präzedenzfall für Merz’ Wahldesaster. 

So ginge es nach der Merz-Wahl weiter

Da Merz nun gewählt ist, wird er im Schloss Bellevue die Ernennungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhalten. Anschließend geht es umgehend zurück in den Bundestag. Dort legt Merz den Amtseid ab.

06.05.2025, Berlin: Fernsehteams stehen anlässlich der geplanten Übergabe der Ernennungsurkunde durch Bundespräsident Steinmeier an den designierten Bundeskanzler Merz vor dem Schloss Bellevue. Nach seiner Wahl durch den Deutschen Bundestag soll Merz im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Bundeskanzler ernannt und darauf folgend im Bundestag vereidigt werden. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Fernsehteams stehen anlässlich der geplanten Übergabe der Ernennungsurkunde durch Bundespräsident Steinmeier an den designierten Bundeskanzler Merz vor dem Schloss Bellevue. Nach seiner Wahl durch den Deutschen Bundestag soll Merz im Schloss Bellevue von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Bundeskanzler ernannt und darauf folgend im Bundestag vereidigt werden.

Danach kommt Merz erneut ins Schloss Bellevue – diesmal zusammen mit seinem Kabinett. Die Ministerinnen und Minister erhalten vom Bundespräsidenten ihre Ernennungsurkunden. 

Auch Angela Merkel bei Merz-Wahl auf Tribüne

Beim ersten Wahlgang waren neben hochrangigen Politikern auch Familienmitglieder von Merz und Prominente anwesend. Auf der Besuchertribüne im Bundestag zu sehen waren unter anderem Ehefrau Charlotte Merz und die Töchter Carola Clüsener und Constanze Merz.

Zur Eröffnung der Sitzung schickte Bundestagspräsidentin Julia Klöckner einen besonderen Gruß an die Familienmitglieder. Diejenigen, die sich für den politischen Weg entschieden, übten auch immer Einfluss auf das Leben derer aus, die ganz nah mit ihnen lebten, sagte die CDU-Politikerin.

Klöckner begrüßte auf der Tribüne außerdem die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU), die neben der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) Platz genommen hatte. Dahinter zu sehen war Astronaut Alexander Gerst. Auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf zählt zu den Gästen. Merkel verließ die Tribüne nach dem ersten Wahlgang. (das/cme/dpa)