Im Bundestag wurde hitzig gestritten. Kanzler Merz warb dabei für die Wirtschaft; Kritik aus mehreren Lagern folgte prompt.
Generaldebatte im BundestagMerz hält Veränderungen für unausweichlich

Der Bundeskanzler präsentierte in der Generaldebatte die Industrie als Motor gegen die Krise.
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In der Generaldebatte des Bundestages hat das Parlament am Mittwoch über mögliche Wege aus der Krise diskutiert. Angesichts von Konjunkturflaute und wachsenden Haushaltsnöten war die Aussprache geprägt von wirtschaftlichen und sozialen Fragen. Die Generaldebatte wird traditionell für einen Schlagabtausch über die Politik der Bundesregierung insgesamt genutzt. So kam mit den Chefs der Fraktionen die versammelte Parlaments-Prominenz zu Wort.
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) warb für Veränderungsbereitschaft und richtete einen Appell an die Bürgerinnen und Bürger: Nötig sei ein „Einverständnis im Land für die Unausweichlichkeit von Veränderungen“. Die Opposition warf dem Kanzler wiederum vor, falsche Weichenstellungen vorzunehmen.
Bundeskanzler: Wir müssen „ziemlich viel tun“
„Dass unsere Volkswirtschaft wieder floriert, dafür müssen wir ziemlich viel tun“, sagte Merz. Dabei sei die Reform des Sozialstaats unabdingbar. Der Kanzler wies den Vorwurf zurück, seine Regierung plane „einen Kahlschlag oder einen Abbruch des Sozialstaats“. Das Ziel der Reformen sei vielmehr dessen Erhalt. „Wer sich diesen Reformen aber verweigert, der sägt in Wahrheit an den Grundlagen unserer Sozialpolitik und unseres Sozialstaats.“
Auch die Opposition sowie die Fraktionschefs der beiden Regierungsparteien kamen zu Wort. Dabei waren die erwartbar unterschiedlichen Haltungen zur Arbeit des Kabinetts zu hören; immer wieder kam scharfe Rhetorik ins Spiel.
Grüne sprechen von Klima-Rückschritt
So übte AfD-Fraktionschefin Alice Weidel scharfe Kritik an der Schuldenaufnahme der schwarz-roten Bundesregierung. „Sie werden als größter Bankrotteur unter allen Kanzlern der Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eingehen“, sagte sie an die Adresse von Merz.
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann wiederum warf dem Kanzler vor, die „Erfolgsgeschichte“ der erneuerbaren Energie „abzuwürgen“ und damit dem Standort Deutschland zu schaden. Seine Energie- und Wirtschaftspolitik orientiere sich offenbar an dem, „was Sie in den 80er und 90er Jahren in das CDU-Programm geschrieben haben“.
Merz: Starke Wirtschaft als Lösung
Linken-Fraktionschefin Heidi Reichinnek bemängelte, im Haushaltsentwurf gebe es für die Menschen „keine Entlastung, zu wenig Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge, keine Stärkung der sozialen Sicherungssysteme“. Merz wolle die Menschen offenbar „für dumm verkaufen“, wenn er sage, er plane keinen Sozialstaatsabbau.
Sowohl CDU-Fraktionschef Jens Spahn als auch sein SPD-Pendant Matthias Miersch schätzten die aktuelle Weltlage als herausfordernd ein. Beide forderten, regulierende Hürden abzubauen und erinnerten an die vergleichbar hohe Zahl an Arbeitslosen.
Mit der angespannten internationalen Lage begründete auch Kanzler Merz die Notwendigkeit von Reformen. „Wir stehen als Land in einer der herausforderndsten Phasen unserer neueren Geschichte“, betonte er. „Die gesamte westliche Wertegemeinschaft steht vor ihrer vielleicht größten Bewährungsprobe.“
Umso wichtiger sei es, das Land durch kräftigeres Wirtschaftswachstum zu stärken, sagte Merz. Nur so „werden die Mittel gewonnen, die wir brauchen, um Infrastruktur zu finanzieren, Solidarität zu üben und soziale Sicherheit auf Dauer zu gewährleisten“. Dafür will Merz die Stahl- und Autoindustrie stärken.
Schlagabtausch zwischen Merz und Grünen
Mit scharfer Kritik bedachte der Kanzler in der Debatte die Grünen, denen er vorwarf, als Teil der Ampel-Koalition eine ideologische Klimapolitik betrieben zu haben. „Ein Klimaschutz, der den Wohlstand unseres Landes aufs Spiel setzt, der findet keine Akzeptanz in der Bevölkerung“, sagte Merz. Die Grünen könnten dies auch „an ihren Wahlergebnissen“ ablesen.
Grünen-Fraktionschefin Haßelmann wies die Vorwürfe gegen ihre Partei als „bodenlos“ zurück und warf Merz eine unnötige Polarisierung vor. „Viele Menschen im Land wissen gar nicht mehr, wo ist denn Ihr Kompass, an dieser Demokratie, an dieser Gemeinsamkeit im Parlament der demokratischen Kräfte mitzuwirken?“, fragte sie an den Kanzler gewandt. Er mache mit solchen Angriffen seine eigenen Beteuerungen der Kooperationsbereitschaft zunichte, so Haßelmann.
Merz hatte zuvor gesagt: „Das ist ein wesentliches Ziel meiner Regierung: nicht konfrontativ, nicht in einer tiefen Spaltung unserer Gesellschaft, sondern Wege aufzuzeigen, wie wir in der Mitte unserer demokratische Entscheidungen treffen können, ohne dass daraus Hass und Hassrede in unseren Parlamenten und in der Öffentlichkeit wird.“ (afp/red)