Robert Habeck hat sich mit einem Knall aus der Politik verabschiedet. Die Reaktionen auf seine derben Worte über einige Unionspolitiker.
Söders „fetischhaftes Wurstgefresse“Habeck tritt zum Abschied nach und erntet Kritik für „Pöbel-Abgang“

Robert Habeck bei einem Wahlkampf-Auftritt im Februar 2025
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Robert Habeck hat sich aus der Politik verabschiedet und zum Schluss noch einmal für Aufregung gesorgt – zumindest beim politischen Gegner. Der einstige Grünen-Vorsitzende und spätere Bundeswirtschaftsminister beendete am Montag (25. August) die langen Spekulationen um seine politische Zukunft und verkündete in einem Interview mit der „taz“ seinen Abgang von der politischen Bühne. Er wolle bereits zum 1. September sein Bundestagsmandat abgeben, so der 55-Jährige.
Statt einer einfachen Presseerklärung nutzte Habeck diese Form offenbar gezielt, um sich zu erklären und ebenso, um mit einzelnen führenden Unionspolitiker abzurechnen. Bei seiner Kritik an Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) und CSU-Chef Markus Söder fielen deftige Worte. Beiden Politikern, aber auch Fraktionschef Jens Spahn warf er Lobbyismus und Kulturkampfinszenierungen als Ablenkungsmanöver vor. „Die realen Probleme bleiben unbearbeitet“, das sei der Zweck dieses Vorgehens.
Habeck nennt Klöckner „dämlich“
Zu Klöckner sagte Habeck, die CDU-Politikerin sei „unfähig, ihr Amt überparteilich auszuüben“. Vielmehr habe sie stets „nur polarisiert, polemisiert und gespalten“. Inzwischen sagten „selbst Leute aus der Union, dass Merz sie nur zur Präsidentin gemacht hat, um sie von einem Ministerposten fernzuhalten, auf dem sie noch mehr Schaden anrichtet“.
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Klöckner hatte das Hissen der für Vielfalt stehenden Regenbogenfahne auf dem Bundestag zum Christopher Street Day untersagt. „Es gab faktisch kein Problem. Dann hat Julia Klöckner diese Debatte vom Zaun gebrochen und darüber die Gesellschaft gespalten“, kritisierte der Grünen-Politiker. Offen sei für ihn nur, ob Klöckner sich „mutwillig oder aus Dämlichkeit“ so verhalte.
Söder mit „fetischhaftem Wurstgefresse“
Im Fall Söders verwies Habeck auf dessen Videos und Selfies mit Fleisch- und Wurstwaren. Insbesondere auf seinem Instagram-Kanal postet der bayerische Ministerpräsident unter dem Hashtag #söderisst regelmäßig Fotos und Filme, die ihn bei meist fleischlastigen Mahlzeiten zeigen. Habeck nannte dies ein „fetischhaftes Wurstgefresse“.
Dies sei keine Politik, sondern Söder lenke so gezielt ab „von den Gründen, die Menschen haben können, sich nicht gesehen und nicht mitgenommen zu fühlen“, so Habeck. Im Grunde ginge es immer um soziale Fragen. Hier sei die schwarz-rote Koalition jedoch uneinig.
Auch Bundeskanzler Friedrich Merz kommt bei Habeck nicht gut weg, allerdings lässt er sich hier nicht zu Diffamierungen hinreißen. Merz habe eine schwarz-grüne Option im Wahlkampf verächtlich gemacht und zerstört. Dann habe Merz aber seine eigene, also Habecks, Wahlkampfrede als Regierungserklärung gehalten. Der Grüne spielt auf die Lockerung der Schuldenbremse an, die Merz vor der Wahl abgelehnt hatte, nach seiner Wahl aber direkt umsetzte. Er habe Merz daher bei seiner Regierungserklärung ausgelacht, konstatiert Habeck.
Heftige Reaktionen auf Habecks Abgang
Grünen-Politikerinnen und -Politiker dankten Robert Habeck am Montag für seine Arbeit. Fraktionschefin Britta Haßelmann sprach von einem „authentischen und nahbaren“ Politiker.
Als Minister habe er nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine die Energieversorgung gesichert und den Ausbau der erneuerbaren Energien zu einer Erfolgsgeschichte gemacht. Die Parteichefs Felix Banaszak und Franziska Brantner hoben Habecks verbindlichen, offenen und dialogischen Stil hervor und erklärten: „Sein Platz wird inmitten der grünen Partei bleiben.“
Ricarda Lang, ehemalige Bundesvorsitzende der Partei, sagte, Habeck werde nicht nur im Bundestag fehlen: „Deine Fähigkeit zur Differenzierung, deine Redekunst, deine Überzeugungskraft und dein Gestaltungswille haben das politische Leben reicher gemacht“, schrieb Lang auf X. „Meines auch.“
Harsche Kritik der Union an Habecks Abrechnung
In der Union gab es erwartungsgemäß weniger Begeisterung über Habecks Äußerungen. Von Markus Söder und Julia Klöckner wurden keine Reaktionen öffentlich. Allerdings sagte CDU-Vize-Generalsekretärin Christina Stumpp gegenüber der „Bild“, Habecks Abgang sei „unsouverän“ und die Kritik an Klöckner „absurd“. Steffen Bilger, Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion, nannte Habeck ebenfalls unsouverän, er habe offenbar seinen Abschied aus der Regierung noch verarbeiten müssen.
Während sich aus der Union eher öffentlich weniger bekannte Politiker äußerten, reagierte mit Wolfgang Kubicki einer der prominentesten FDP-Politiker. Der 73-Jährige sprach von einer „niveaulosen Pöbelattacke“ Habecks und einem „verbalen Tiefschlag“, mit dem Habeck selber die Spaltung der Gesellschaft vorantreibe.
Kubicki sagte der „Welt“ weiter, die Lobeshymnen auf Habeck aus dem grünen Lager deuteten auf einen „Realitätsverlust“ hin. Offenbar habe der Grünen-Politiker seine Wahlniederlage nicht verkraftet. Es wäre aber eine Frage von Größe gewesen, nicht „nachzutreten“. Diese Größe nehme Habeck für sich selbst eigentlich in Anspruch.
Die „Bild“ spricht von einem „Pöbel-Abgang“ Habecks. Der Habeck, den man am Montag gehört habe, klinge „so gar nicht“ wie der Habeck, den man zuvor gehört habe. Er sei „zynisch und fast schon hämisch“, so Politik-Chefreporterin Nadja Aswad im Podcast. Eine tiefe Kränkung und Verletzung sei hier spürbar. Sie kritisiert, dass sich Habeck monatelang Zeit mit seiner Entscheidung und so auch seine Wählerinnen und Wähler im Unklaren gelassen habe. Sie hätte sich einen „würdevolleren Abgang“ des Grünen-Politikers gewünscht. Dies passe nicht zu seinem sonstigen politischen Wirken. (mit afp)