Der Kremlchef sei der „schwerste Kriegsverbrecher“, hatte Merz gesagt – und bekommt Kontra aus Moskau. Putin beschwichtigt derweil Trump.
„Absolut inakzeptabel“Moskau attackiert Merz – und Putin weist Trumps Theorie zurück

Kremlchef Wladimir Putin bleibt weiter auf Kriegskurs. Moskau weist die jüngsten Worte von Friedrich Merz und Donald Trump zurück. (Archivbild)
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Russland hat die jüngsten Äußerungen von Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump mit deutlichen Worten zurückgewiesen. Der Kanzler hatte zuvor klare Worte für Kremlchef Wladimir Putin gefunden und den russischen Präsidenten als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet.
„Er ist vielleicht der schwerste Kriegsverbrecher unserer Zeit, den wir im großen Maßstab sehen“, hatte Merz in einem Interview mit dem TV-Sender Sat.1 erklärt und parallel auf der Plattform X geschrieben. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein, wie man mit Kriegsverbrechern umgeht: Da ist Nachgiebigkeit fehl am Platz“, fügte der CDU-Politiker an und drängte auf eine weitere wirtschaftliche Schwächung Russlands.
Merz über Putin: „Schwerster Kriegsverbrecher unserer Zeit“
Merz hatte Russland auch als Kanzler schon „schwerste Kriegsverbrechen“ und „Terror gegen Zivilbevölkerung“ vorgeworfen. Dass er den russischen Präsidenten persönlich als „vielleicht schwersten Kriegsverbrecher unserer Zeit“ bezeichnet, ist aber neu – und sorgt nun für scharfe Reaktionen aus dem Kreml.
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Maria Sacharowa, Sprecherin des russischen Außenministeriums, erklärte am Mittwoch zunächst in ihrem Telegram-Kanal, die „Schwächung Russlands ist nicht gelungen, Herr Merz“. Dann meldete sich auch Kremlsprecher Dmitri Peskow zu Wort.
„Merz hat in den letzten Stunden viele schlechte Äußerungen über unseren Präsidenten gemacht. Daher ist es unwahrscheinlich, dass seine Meinung zum gegenwärtigen Zeitpunkt berücksichtigt werden kann“, erklärte Peskow nach Angaben der russischen Staatsagentur Tass.
Russischer Botschafter über Merz: „Absolut inakzeptabel“
Auch der russische Botschafter in Deutschland, Sergej Netschajew, schaltete sich schließlich ein. „Solche Äußerungen an das russische Staatsoberhaupt, egal von wem sie kommen, sind absolut inakzeptabel“, zitierte Tass den Botschafter.
„Offenbar versucht jemand, die Reste des Vertrauens und des gegenseitigen Verständnisses zwischen unseren Ländern endgültig zu zerstören und den Prozess der Entfremdung unumkehrbar zu machen. Das ist deprimierend“, fügte Netschajew hinzu.
Moskau reagiert auf Merz: „Viele schlechte Äußerungen“
Grigori Karasin, Vorsitzender des russischen Ausschusses für internationale Angelegenheiten, konterte die Äußerungen des Bundeskanzlers ebenfalls. „Merz gibt keine Ruhe“, zitierten ihn die russischen Nachrichtenagenturen. Der Kanzler ignoriere Moskaus Position und liefere dafür „ständig grobe Ausrufe“, kritisierte Karasin. Merz müsse „ernsthaft nachdenken“, empfahl der russische Politiker.
Karasin verwies bei seiner Wortmeldung zudem auf das derzeit stattfindende Gipfeltreffen in China. Kremlchef Putin befindet sich auf einem mehrtägigen Staatsbesuch in China und traf dort unter anderem den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Nordkoreas Diktator Kim Jong-un – beide Länder gehören zu Moskaus engsten Verbündeten.

Kremlchef Wladimir Putin zusammen mit Xi Jinping und Kim Jong-un in Peking.
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Das Gipfeltreffen in China zeige „eindrucksvoll“, dass sich die „westlichen Ambitionen weltweit in einer Krise“ befänden, attestierte Karasin. China und Russland streben eine „neue Weltordnung“ an, hatten Putin und Xi zuvor bei dem Aufeinandertreffen verkündet.
Auch Donald Trump bekommt eine Antwort aus Moskau
Am Mittwoch nahm der Kremlchef schließlich gemeinsam mit Kim Jong-un an einer chinesischen Militärparade als Ehrengast teil – zusammen mit Xi versuchten die drei Staatschefs, ein Bild der Einigkeit zu transportieren. Das blieb auch Donald Trump nicht verborgen.
Der US-Präsident kommentierte das Treffen von Putin mit seinen engsten Verbündeten in China zwar nicht mit so scharfen Worten wie Kanzler Merz, brachte sein Missfallen über die Signale aus Peking jedoch in seinem sozialen Netzwerk Truth Social zum Ausdruck.
Putin-Berater: „Niemand hat irgendetwas ausgeheckt“
„Bitte richten Sie meine herzlichsten Grüße an Wladimir Putin und Kim Jong-un aus, während Sie gegen die Vereinigten Staaten von Amerika konspirieren“, schrieb der US-Präsident, nachdem er China daran erinnert hatte, dass es im Kampf gegen den japanischen Aggressor vor 80 Jahren die Unterstützung von den USA bekommen habe.
Auch dafür gab es umgehend Kontra vom Kreml: „Ich möchte sagen, dass niemand irgendwelche Verschwörungen angestiftet hat, niemand hat irgendetwas ausgeheckt“, sagte Juri Uschakow, außenpolitischer Berater Putins, zunächst im russischen Staatsfernsehen.
Moskau untermauert Kriegskurs und nennt Bedingungen
Dann bestritt auch Peskow noch einmal, dass es Pläne für eine Verschwörung gegen die USA geben würde. Moskau hoffe, dass Trump seine Worte nicht ernst gemeint habe, führte der Kremlsprecher aus. „Niemand schmiedet irgendwelche Verschwörungen“, hieß es weiter.
Später am Mittwoch äußerte sich dann auch Putin persönlich zu Trumps Vorwurf. „Während dieser vier Tage hat niemand jemals ein negatives Urteil über die derzeitige amerikanische Regierung geäußert“, erklärte Putin bei einer Pressekonferenz zum Abschluss seiner China-Reise.
Wladimir Putin versichert, die Wahrheit zu sagen
Die Gespräche in China hätten lediglich dazu gedient, „die besten Wege zu finden, uns selbst zu entwickeln – unsere Länder, unsere Völker, unsere Volkswirtschaften“, fügte Putin an. Dass er die Wahrheit sage, könnten all seine Gesprächspartner bezeugen, versicherte der Kremlchef.

Kremlchef Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz zum Abschluss seiner China-Reise.
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Während Moskau die Verbalattacken aus dem Westen zurückweist, untermauerte der Kreml in den letzten Stunden parallel erneut seine unnachgiebige Haltung – und bleibt eisern auf Kriegskurs. Außenminister Sergej Lawrow bekräftigte in einem Interview die imperialistischen Ambitionen des Kremls, gleichzeitig meldete die Ukraine neue russische Luftangriffe.
Lawrow: „Neue territoriale Realitäten müssen anerkannt werden“
„Damit der Frieden von Dauer ist, müssen die neuen territorialen Realitäten anerkannt und völkerrechtlich formalisiert werden“, erklärte Lawrow und unterstrich damit, dass Moskau weiterhin die Annexion großer Teile der Ukraine anstrebt. Erneut sprach Lawrow außerdem davon, dass die „Grundursachen des Konflikts“ beseitigt werden müssten.
Hinter dieser Floskel verbirgt sich Russlands Ziel, eine Westbindung der Ukraine zu verhindern und die demokratische Regierung des Nachbarlandes durch ein prorussisches Marionettenregime zu ersetzen. Für die Ukraine sind die russischen Bedingungen, die sich seit Kriegsbeginn nicht geändert haben, inakzeptabel, da sie einer Kapitulation gleichkommen.
Moskau bleibt auf aggressivem Kurs – auch gegenüber Merz
Zudem gibt es Hinweise darauf, dass Moskau langfristig noch weitere Eroberungen anstrebt. Bisher erhebt der Kreml Anspruch auf vier ukrainische Regionen. Kremlchef Putin hat in der Vergangenheit jedoch bereits mehrfach andeutet, dass Russland in seinen Augen Anspruch auf „die ganze Ukraine“ erheben könne.
In China unterstrich er seine Haltung und zweifelte erneut die Legitimität der ukrainischen Regierung an, versicherte, Russland sei bereit, den Krieg fortzusetzen – und machte Präsident Wolodymyr Selenskyj das vergiftete Angebot, für Gespräche nach Moskau zu kommen.
Medwedew poltert gegen Merz und Moskau unterstützt die AfD
Moskaus aggressiven Kurs gegenüber Europa und Kanzler Merz hatte unterdessen der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew bereits am Sonntag unterstrichen und den CDU-Politiker auf der Plattform X als „Freak“ beschimpft.
Merz habe „die Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg völlig vergessen“, polterte Medwedew dort gegen den Kanzler und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. „Allerdings könnte es so enden wie 1945 – auch sie könnten am Ende anhand ihrer Zähne identifiziert werden“, drohte der Ex-Kremlchef, der nun Vizechef des russischen Sicherheitsrates ist.
Historiker warnt: Moskau will Merz durch „Leute wie Orbán“ ersetzen
Auch, dass Moskau die Russland freundlich gesinnten Parteien wie die AfD oder das BSW in Deutschland stärken will, wurde am Mittwoch erneut deutlich. Im Zuge ihrer Berichterstattung über Merz’ Attacke auf Putin verbreiteten russische Staatsmedien ausführlich die Worte des AfD-Politikers Harald Weiel, der demnach einen Rücktritt des Bundeskanzlers und ein „Ende des Konfrontationskurses mit Russland“ forderte.
Gleichzeitig wurden Merz’ Worte in den Berichten der Staatsmedien allermeist verschwiegen, stattdessen war von „unfreundlichen Äußerungen“ die Rede, die jedoch nicht mit Zitaten belegt wurden.
Staatsmedien zitieren Merz’ Worte über Putin nicht
Die jüngsten Attacken auf Merz und die gleichzeitige Unterstützung der AfD passen ins Bild. Der Kreml verfolge neben seinen imperialistischen Ambitionen in der Ukraine auch das Ziel, demokratische Regierungen im Westen zu schwächen, hatte der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ bereits 2024 gewarnt.
Moskaus Ziel sei es, die demokratischen Regierungschefs „im besten Fall durch Leute wie Viktor Orbán zu ersetzen, die sich relativ leicht durch Geld korrumpieren und kontrollieren lassen“, erklärte Wehowski. Um dieses Ziel zu erreichen, unterstütze Russland die AfD. Auch bei diesem Vorhaben bleibt Moskau offenbar auf Kurs.
Der Artikel wurde mit weiteren Stellungnahmen von Botschafter Netschajew und Kremlchef Putin aktualisiert.