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„Wohl erst im nächsten Jahrhundert“Moskau droht Trump und verhöhnt Deutschland – Selenskyj-Schelte für Europa

5 min
Kremlchef Wladimir Putin hat US-Präsident Donald Trump mit Konsequenzen gedroht, falls die USA Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern sollten. (Archivbild)

Kremlchef Wladimir Putin hat US-Präsident Donald Trump mit Konsequenzen gedroht, falls die USA Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern sollten. (Archivbild)

Der Tomahawk zeigt Wirkung: Putin äußert sich erneut zur US-Waffe. An Europas Kurs wird nach dem russischen Großangriff derweil Kritik laut.

Nach einem erneuten Großangriff mit Drohnen, Bomben und Raketen auf die Ukraine bleibt Russland auch rhetorisch auf Konfrontationskurs gegenüber dem Westen. Kremlchef Wladimir Putin drohte US-Präsident Donald Trump am Sonntag (5. Oktober) in einem Interview mit Konsequenzen, falls die USA tatsächlich Tomahawk-Marschflugkörper an die Ukraine liefern.

Die Lieferung der weitreichenden Waffe an die Ukraine werde „zur Zerstörung unserer Beziehungen führen oder zumindest zu der sich darin abzeichnenden positiven Tendenz“, erklärte Putin im Gespräch mit kremlnahen russischen Reporter Pawel Sarubin.

Wladimir Putin: Zweite Tomahawk-Warnung in wenigen Tagen

Bereits vor wenigen Tagen hatte der Kremlchef auf die Überlegungen in Washington reagiert. „Der Einsatz von Tomahawks ohne die direkte Beteiligung amerikanischen Militärpersonals ist unmöglich“, hatte Putin am letzten Donnerstag (2. Oktober) bei der Waldai-Konferenz in Sotschi erklärt.

„Dies würde eine völlig neue, qualitativ neue Eskalationsstufe markieren, auch in den Beziehungen zwischen Russland und den Vereinigten Staaten“, warnte Putin dort bereits, ehe er nun erneut auf die Berichte über eine mögliche Lieferung der US-Marschflugkörper öffentlich reagierte.

Moskau „besorgt“ wegen Tomahawk: „Bekommen wir jetzt die Peitsche?“

Dass der russische Staatschef aktuelle Entwicklungen im Westen öffentlich in diesem Ausmaß kommentiert, gilt als ungewöhnlich. Auch in den russischen Staatsmedien sind die amerikanischen Marschflugkörper seit Tagen immer wieder Thema.

„Ist es das jetzt? Ist die Zeit der Süßigkeiten und Pralinen mit Trump vorbei? Bekommen wir jetzt die Peitsche? Wird Papa jetzt anfangen, Russland mit Golfschlägern zu schlagen?“, hieß es etwa kürzlich von TV-Moderator Wladimir Solowjow, der kurzerhand forderte, die Ukraine zu „zerstören und in die Steinzeit zurückzuversetzen“. Andrey Sidorov, stellvertretender Dekan für Weltpolitik an der Moskauer Lomonossow-Universität, dachte derweil im Staats-TV laut über Angriffe auf Ölraffinerien in den Niederlanden nach.

Kreml bleibt trotz Druck von Trump auf Konfrontationskurs

Als Trump zunächst rhetorisch seinen Kurs verschärft und von Russland als „Papiertiger“ gesprochen hatte, habe das „nur leichte Irritationen“ in Moskau hervorgerufen, heißt es dazu in einer Analyse des Center for European Policy Analysis.

Die Bereitschaft der US-Regierung, den Verkauf von Tomahawk-Marschflugkörpern an die Ukraine in Erwägung zu ziehen, habe unterdessen eine „weitaus besorgtere Reaktion“ ausgelöst, berichtete der US-Thinktank mit Blick auf die russischen Propagandisten und Staatsmedien.

Ein Tomahawk-Marschflugkörper beim Flug, im Hintergrund ist ein F14-Kampfflugzeug zu sehen. (Archivbild)

Ein Tomahawk-Marschflugkörper beim Flug, im Hintergrund ist ein F14-Kampfflugzeug zu sehen. (Archivbild)

Dass die US-Regierung die Tomahawk-Lieferung in Betracht zieht, scheint in Moskau also durchaus eine Wirkung entfaltet zu haben, auch wenn es laut amerikanischen Medienberichten eher unwahrscheinlich ist, dass Trump tatsächlich grünes Licht für die Lieferung der Marschflugkörper geben wird. Trotz Trumps Kurswechsel behält der Kreml seinen Kriegskurs unterdessen bei.

Drohnen-Vorfall in München: Häme aus Moskau für Deutschland

Während die russische Armee erneut die Ukraine massiv bombardiert und Kremlchef Putin eine Warnung an Trump geschickt hat, gab es vom russischen Außenministerium nach erneuten Drohnen-Vorfällen in Europa am Sonntag auch Häme für Deutschland zu hören.

Zuvor war der Flugverkehr am Münchner Flughafen in der Nacht auf Samstag erneut durch Drohnen gestört worden. Es war der jüngste in einer Reihe ähnliche Zwischenfälle, nach dem Mitte September erstmal russische Drohnen in den polnischen Luftraum eingedrungen waren.

„Wohl erst im nächsten Jahrhundert“

Dass nun auch nach den Vorfällen in Deutschland der Verdacht auf Moskau fällt, kommentierte nun die russische Außenamtssprecherin Maria Sacharowa. „In Berlin hat man die Sache mit den Pipelines noch nicht geklärt und weiß bis heute nicht, wer sie gesprengt hat“, erklärte Sacharowa der Zeitung „Izvestia“ zufolge mit Blick auf die Ermittlungen zur Sprengung der Nord-Stream-Pipeline und fügte süffisant hinzu: „Die Aufklärung der Drohnen wird wohl erst im nächsten Jahrhundert in Angriff genommen.“

Zuvor hatte auch Kremlchef Putin über die Drohnen-Zwischenfälle in Europa gespottet. „Ich werde keine mehr schicken“, erklärte Putin bei seinem Auftritt in Sotschi sichtlich amüsiert – die Vorwürfe, dass Russland hinter den jüngsten Vorfällen stecke, sei „absurd“, behauptete der Kremlchef außerdem.

Kritik an Europa: „Putin lacht einfach über den Westen“

„Putin lacht einfach über den Westen, über sein Schweigen und das Ausbleiben entschiedener Maßnahmen“, hieß es am Sonntag unterdessen aus der Ukraine. „Von der Welt gibt es keinerlei echte Reaktion“, kritisierte Präsident Wolodymyr Selenskyj die Passivität des Westens angesichts der erneuten russischen Angriffswelle. „Wir werden dafür kämpfen, dass die Welt nicht schweigt und Russland die Antworten spürt“, kündigte der ukrainische Staatschef an.

„Das Schweigen der europäischen Staats- und Regierungschefs heizt die Aggression Russlands nur an“, kritisierte auch Marko Mihkelson, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im estnischen Parlament. Europa fehle derzeit „sowohl die Kraft als auch der Wille, dem vorrückenden Imperialismus Russlands Paroli zu bieten“, erklärte Mihkelson. Es sei „höchste Zeit“, das zu ändern, fügte der Este hinzu.

„Dass die Europäer immer noch Angst haben, ist eine Schande“

Der deutsche Sicherheitsexperte Nico Lange äußerte ebenfalls harte Kritik am europäischen Kurs. „Vieles könnte verhindert werden, Menschen geschützt, Leben ermöglicht, wenn wir über der Westukraine endlich die russischen Drohnen und Raketen abschießen, die in Reichweite unserer Systeme sind“, schrieb Lange bei X angesichts der massiven Angriffe und plädierte somit für ein größeres Engagement der Nato. „Es einfach geschehen zu lassen, widerspricht allem, was Europäer vorgeben zu sein.“

Auch der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland Andrij Melnyk sprach sich mit deutlichen Worten für eine Flugverbotszone über der Ukraine aus. „Gerade mit meiner Mutter in Lwiw telefoniert“, berichtete Melnyk bei X. „Es war der schlimmste Angriff auf meine Heimatstadt. Es war echt schlimm“, erklärte der Ex-Botschafter bei X und fügte hinzu: „Dass die Europäer immer noch Angst haben, diese russischen Raketen über der Ukraine abzuschießen, ist eine Schande.“