Köln – Diese eine Frage hört Roberto Campione, 47, ständig. „Warum tust du dir das eigentlich an?“, fragen ihn die Menschen, sagt Campione. In seinem Fall steht dieses „Das“ für die Kandidatur um das Amt des Kölner Oberbürgermeisters, er stellt sich am Sonntag mit zwölf anderen Konkurrenten zur Wahl. Campione ist parteilos, gelernter Architekt, führt das Hotel „Monte Christo“ in der Innenstadt – wie kommt so jemand auf die Idee, Oberbürgermeister werden zu wollen? Campione sagt: „Viele Leute sagen über mich, ich sei ein Macher-Typ. Und ich möchte nicht nur meckern, sondern etwas verändern.“
So teuer ist eine Kandidatur
Eine Kandidatur kostet einen Haufen Geld, Campione orderte tausende Flyer, 4000 Plakate, einen Internetauftritt, am Dienstag ließ er ein Flugzeug samt Namensbanner über Köln fliegen. Understatement ist nicht Campiones Sache. Anfangs kalkulierte er mit rund 100.000 Euro für seine Kampagne, jetzt, in der Woche vor der Wahl, geht er von 80. 000 bis 85.000 Euro aus. „Diese Summe muss man schon in die Hand nehmen, sonst verpufft alles“, sagt er. Ein Drittel bezahlt er laut eigener Aussage selbst, also knapp 30 000 Euro. „Prinz Karneval wäre teurer gewesen“, sagt Campione, er lacht. „Als Einzelkandidat kommt man an seine Grenzen, es darf ja kein All-In-Roulette sein.“
Betreiber des Rheinparkcafé
Über eine App wollte er 10.000 Euro Spenden sammeln, Mitte der Woche sind es rund 3000 Euro, 20 Euro sind der niedrigste Betrag, 250 Euro der höchste. Zusätzlich spenden weitere Menschen, die größte lag bei 5000 Euro und kam laut Campione von einer Gerüstbaufirma. „Sie hatte negative Erfahrungen mit der Stadt gemacht, weil sie mit ihren Wagen nicht mehr in der Altstadt parken konnte.“
Campione hat laut eigener Aussage ein Problem: Er betreibt ab 2021 das sanierte Rheinparkcafé – und muss möglichen Spendern immer wieder versichern, dass er Spenden nur für seinen Wahlkampf ausgibt und nicht für das neue Café. „Mein Konto muss nach der Wahl auf Null sein“, sagt er.
Campione will höher bauen lassen, eine effizientere Verwaltung, mehr Visionen, einen doppelstöckigen Autobahnring, einen besseren Öffentlichen Personennahverkehr – alles keine Innovationen der Sonderklasse, aber eben auch Ziele, die einige Menschen teilen.
Wahlspenden
50 000 Euro Spenden müssen Parteien sofort dem Präsidenten des Bundestages angeben, er veröffentlich sie inklusive Spendernamen im Internet. Spendet jemand im Laufe des Jahres mehr als 10 000 Euro, muss diese Summe samt Spender im Rechenschaftsbericht angegeben werden.
Das Problem: Diese Berichte werden nicht wöchentlich oder monatlich und damit zeitnah vor Wahlen veröffentlicht. Das kritisiert der Verein Lobbycontrol, Annette Sawatzki sagt: „Das ist beschämend. Der Wähler sollte vor dem Wahltag sehen können, von wem ein Kandidat Spenden erhalten hat.“ So könnten mögliche Interessenskonflikte offenbart werden und wer versucht, Einfluss zu nehmen. Allerdings: Vor allem kleinere Parteien könnten ohne Spenden kaum Wahlkampf führen.
Für Köln heißt das: Will ein Bürger etwa Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) unterstützen, muss er für CDU oder Grüne spenden, die wiederum Geld für Rekers Wahlkampf geben. Sie selbst nimmt keine Spenden an. Wenn die Parteien ihre Berichte veröffentlichen, ist nicht klar, ob die Spender die Partei unterstützt haben oder Reker als Person.
Was Rekers Wahlkampf kostet, will die OB laut Sprecherin nach der Wahl sagen. Die Linken sind schon offener, ihre Kampagne kostet demnach 72 900 Euro. (mhe)
Er spricht von einer Lebenserfahrung, von einer Challenge, von einem Wettkampf. Es ist vermutlich der Wettkampf seines Lebens – nur eben ohne Ausblick auf großen Erfolg, so viel lässt sich sagen, ohne ihm zu nahe zu treten. Campione ist in keiner Partei, hat keinen riesigen Apparat hinter sich, er muss sich um vieles selbst kümmern. Campione selbst sagt: „Das Ziel ist es, Kossiski zu schlagen.“ Nun ist Andreas Kossiski nicht irgendjemand, sondern der Kandidat der großen SPD, jener Partei, die in Köln lange als feste Größe galt. Trotzdem sagt Campione: „Die SPD ist kein Angstgegner.“ Ob er das wirklich glaubt oder ob er es mehr zu sich selbst sagt, um sich Mut zuzureden, ist nicht ganz klar, später sagt er: „Mein Ziel ist Platz drei.“ In der WDR-Umfrage landete zuletzt Jörg Detjen von den Linken auf Rang drei mit sieben Prozent – eine Zahl, die kaum zu schaffen scheint für Campione.
Er war ja selbst früher Mitglied in der SPD, trat dann aus, er war frustriert über die Partei. Häufig kämpft er sich auch an der CDU ab, kritisiert sie unter anderem für ihre Verkehrspolitik. Fragt man in der CDU nach Campione hört man: „Der ist kein Thema bei uns.“ Und wie ist das in der Öffentlichkeit? Rund 1700 Menschen folgen ihm bei Facebook, 500 bei Instagram, nicht gerade die Welt.
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Aber Campione ist gut vernetzt, geht in die Stadt rein, bringt schon mal ein Klavier samt Pianist mit, hat sein Wahlkampfbüro in seinem Hotel „Monte Christo“ an der Hohe Straße. Aber reicht das? Oder bewegt sich Campione nicht eher in seiner Blase? Er selbst sieht auch die Gefahr, aber unabhängig vom Wahlsonntag sagt er: „Ich bin mit mir im Reinen.“