Es ist soweit. Meine kleine Tochter wird drei große Jahre alt. Danke für die Glückwünsche! Das wäre doch nicht nötig gewesen… Glückwünsche sind jedoch nicht das einzige, was meine Frau und ich zu hören bekommen. Im Gleichklang der Beweihräucherung ertönt stets der Nebensatz des Grauens: „Und? Wann kommt das Zweite???“
Woher weiß man bloß, wann man bereit ist?
Das Groteske daran: Vor allem Kinderlose stellen uns diese Frage. Eltern von 1-∞ Kindern wagen es gar nicht, proaktiv in dieses Wespennest zu stechen. Sie sind eher die „Bouncer”, also Rückläufer, die stets einen guten Spruch im Gewand einer präzisen Frage zurück schießen. Während kinderlose Paare noch von romantischen “Heidi”-Phantasien durchdrungen sind, sehen routinierte Eltern die ganze Sache etwas schmerzvoller, ehhh, nüchterner. Wir antworten stets gleich: „Aber sicher! Natürlich machen wir uns Gedanken über Nachwuchs. Mal sehen was kommt.“
Aber jetzt mal ehrlich: Woher weiß man, ob man dafür bereit ist?
Ich habe vor einiger Zeit mal auf Twitter nach “#IchBinBereitFürEinZweitesBaby”-Indikatoren gefragt. Zwei Antworten fand ich interessant:
Eigentlich wollte ich immer zwei
Nun ja, meine Frau hat sich jetzt noch nicht explizit gemeldet… Natürlich spielt sie mit dem Gedanken, aber sehr energisch ist sie nicht. So wie ich. Grundsätzlich fand ich Einzelkinder nie so doll. Mein ganzes Leben lang wollte ich zwei Kinder. Allein schon aus eigener Erfahrung. Das Aufwachsen mit einer älteren Schwester war – bis auf einige negative Ausreißer während der Pubertät – einfach perfekt. Man kann als Teamplayer ja auch vielmehr erreichen, wenn man im Clinch mit seinen Eltern liegt.
Standardargumente, dass Einzelkinder egoistischer wären, gehen mir am A*** vorbei. Spielgruppen, Kindergärten und Schulen bieten viele Gelegenheiten, den sozialen Umgang miteinander zu üben und zu erlernen. Klar! Mama und Papa werden nicht geteilt, aber ist das so schlimm? Wir leben ja nicht in den 50ern, als Kinder behütet im trauten Heim aufwuchsen und Mama IMMER zu Hause war.
Das zweite Kind ist irgendwie Kopfsache
Nicht ein Blogger sondern gleich vier stecken hinter Ich bin dein Vater. Sie sind Freunde und Kollegen in einer Kölner Kommunikationsagentur. In den letzten drei Jahren sind alle Vater geworden. Sie schreiben regelmäßig über skurrile, schöne oder schreckliche Seiten des Vaterseins.
Dennoch: Während das erste Kind eine Herzensangelegenheit war und ist, sind die Überlegungen über ein zweites eher pragmatisch, vom Kopf her gesteuert. Man wägt ab, rechnet durch, macht sich Gedanken über die Wohnsituation und, und, und…
Waren die ersten beiden Jahre durch Dauerstress und chronischer Überforderung geprägt, sind wir jetzt an einem Punkt angelangt, der Freizeitgestaltung wieder möglich macht. Unsere Familie hat sich emotional konsolidiert. Freunde und Jobs haben uns wieder! Meine Frau kann sich spontan mit Ihren Freundinnen treffen und ich kenne mich wieder bestens in der Bundesliga und Barkultur in Köln aus. Es ist schön! Das Kind schläft durch, versteht uns besser, ist lieb und macht Spaß. Kurzum: Wir leben wieder!
Hält die Beziehung, reicht die Kohle?
Doch wie viel Egoismus können meine Frau und ich uns leisten? Können wir unsere Jobs mit zwei Kindern ähnlich nachgehen wie mit einem? Hält unsere Beziehung ein zweites Baby ohne Tinnitus aus? Reicht die Kohle für eine zweite Teppichratte? Und, die alles entscheidende Frage: Hat Babytochter nicht ein Anrecht auf einen Kompagnon fürs Leben?
Fragen, auf die ich keine Antworten habe und die ich nicht jetzt lösen muss. So wie es aussieht werden wir die Horrorstories unserer 2-Kids-Freunde wohl dezent überhören und es versuchen. Denn das ist ja der springende Punkt: Man kann es höchstens versuchen. Eine Garantie, dass der Kinderwunsch in Erfüllung geht, gibt es nicht. Ich kreuze daher aus Überzeugung das Feld “Vielleicht” an!
Der Text erschien ursprünglich auf ichbindeinvater.de.