Studie aus den USAWie Fußball uns krank machen kann – aber auch gesund

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Bundesliga, 1. FC Köln - Werder Bremen, 22. Spieltag, RheinEnergieStadion. Kölner Fans mit Choreo.

Fans des 1. FC Köln sind Niederlagen gewöhnt – und stehen doch zu ihrem Verein.

Gefährliche Niederlagen, gesunde Siege: Mediziner Magnus Heier erklärt, wie abhängig die Gesundheit von Fans von ihrem Lieblingsverein ist.

Für meinen Onkel war fast jeder Samstag ein Schicksalstag. Dann nämlich, wenn Schalke 04 spielte. Verloren die „Knappen“, war der Tag gelaufen. Und zwar wirklich gelaufen. Gewannen sie – was damals noch häufiger vorkam – war Onkel M. glücklich. Was heute für die meisten Leser völlig unverständlich klingen mag, war damals im Ruhrgebiet normal: Am Wochenende entschied sich das Schicksal der Welt. Aber jetzt, 40 Jahre später, wissen wir endlich, dass viel mehr auf dem Spiel stand.

Magnus Heier

Magnus Heier

ist Autor und Neurologe und schreibt die wöchentliche Medizinkolumne „Aus der Praxis“.

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In den Stadien ging es nicht nur um die Stimmung, sondern ausdrücklich auch um die Gesundheit der Fans. Man hätte ahnen können, was US-amerikanische Wissenschaftler herausgefunden und im Journal „Clinical Research in Cardiology“ vor einigen Jahren veröffentlicht haben: Fans können krank werden, wenn ihre Mannschaft verliert – oder gesund, wenn sie gewinnt. Untersucht hatten die Forscherinnen und Forscher einen entscheidenden Punkt: den Tod durch Herzinfarkt oder Durchblutungsstörungen.

Lebensgefährliche Niederlagen – und Siege, die Leben retten

Die Amerikaner nahmen natürlich nicht den Fußball (der interessiert in den USA nur mäßig), sondern den Football. Und dabei den jährlichen Höhepunkt, den Super Bowl, bei dem die führenden zwei Mannschaften zum Endspiel zusammentreffen. Es ist das Ereignis in den USA. Die Forscher untersuchten ganz schlicht die Häufigkeit der genannten Todesfälle in den acht Tagen nach dem Super Bowl in den Städten der Sieger und denen der Verlierer. Das Ergebnis war mehr als verblüffend: In Massachusetts war nach der Niederlage der New England Patriots die Zahl der Herztoten um 20 Prozent, die der Toten durch „ischämische“ Krankheiten sogar um 24 Prozent gestiegen. Eine lebensgefährliche Niederlage. Umgekehrt bei einem anderen Spiel: Nach dem Sieg der Pittsburgh Steelers sank die Zahl tödlicher Herzinfarkte in deren Heimat in den acht Folgetagen um 46 Prozent. Siege können Leben retten.

Man weiß schon lange, dass starke Emotionen wie der Tod eines Angehörigen, Einsamkeit oder Kränkungen erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit haben können, vor allem auf das Herz. Nur hätten vermutlich die wenigsten Ärzte damit gerechnet, dass auch Fußball (oder Football) so emotional verarbeitet wird, dass er gefährlich werden kann. Natürlich werden unter den Verstorbenen kaum Menschen sein, die vorher vollkommen gesund waren. Vermutlich wären einige von ihnen in der nächsten Zeit auch ohne den Super Bowl verstorben. Trotzdem ist diese fatale Wirkung beängstigend.

Und damit zu einem Tipp für gefährdete Fans. Das „entscheidende“ Spiel des eigenen Vereins nicht zu sehen, ist natürlich keine Option. Aber ein italienischer Freund von uns hatte einen guten Weg gefunden, seine Mannschaft Juventus Turin risikolos zu begleiten. Er war so emotional, dass er eine Live-Übertragung im Fernsehen nicht ertrug. Also wartete er erst einmal das Spielergebnis ab. Dann beruhigte er sich. Und dann genoss er ganz entspannt eine Aufzeichnung, deren Ergebnis er schon kannte.

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