StilkolumneStill oder sprudelnd – welches Wasser passt besser zum Essen?

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Still oder prickelnd, kalt oder warm – was passt denn am besten zu einem guten Essen?

  • Stil und gutes Benehmen, das klingt schnell altmodisch. Doch Orientierung im richtigen Umgang mit unseren Mitmenschen suchen viele.
  • In unserer neuen Stilkolumne „Wie geht's?” beantworten Experten genau diese Fragen – von der angemessenen Kleidung bis zur richtigen Wortwahl.
  • Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, beantwortet die Frage eines Lesers zum Thema Wasser beim Essen.

Köln – Leserfrage: Gibt es für das Wasser zum Essen eigentlich eine Regel? Sollte man zu einem guten Essen lieber stilles oder sprudelndes trinken und spielt die Temperatur eine Rolle?

Es scheint heute ein Ausdruck von Großzügigkeit, von Opulenz oder von beidem geworden zu sein, gleich am Beginn jedes Restaurant-Besuchs zwei Flaschen Wasser zu ordern: eine mit Kohlensäure, eine ohne.

Ich beobachte das jedenfalls inzwischen so oft, dass ich geneigt bin, ein von mir ungeliebtes Wort zu benutzen und von einem Trend zu sprechen. Mit dem Effekt, dass am Ende des Abends jeweils eine halbvolle Flasche auf dem Tisch zurückbleibt. Bitte, mir ist das egal. Aber warum ist es denn nicht möglich, sich auf eine Sorte zu einigen?

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Wasser soll den Durst löschen – mehr nicht

Aus kulinarischer Sicht können Sie dabei eigentlich nichts falsch machen. Wasser still oder prickelnd – meiner bescheidenen Meinung nach spielt das beim Essen ebenso wenig eine Rolle wie die Temperatur. Die Funktion von Wasser ist es, den Durst zu löschen und eventuell den Geschmack des Essens zu neutralisieren. Ich persönlich liebe die Erfrischung durch kaltes Wasser aus dem Kühlschrank. Zehn, zwölf Grad – so servieren wir es normalerweise auch bei uns im Restaurant. Aber wenn Sie das Wasser lieber in Zimmertemperatur trinken, kein Problem. Der Genuss wird darunter nicht leiden.

Ein wahrer Profi wie der Gastrokritiker Jürgen Dollase, der in anderen Sphären zu speisen pflegt als Normalsterbliche, trinkt übrigens Kräutertee zur Neutralisierung des Geschmacks. Tja, wer’s mag… Aber so macht er das nun mal – und ich würde einer Koryphäe wie Herrn Dollase niemals dreinreden. Wenn ein Gast mich ausdrücklich um Rat bittet, dann sage ich meine Meinung. Reine Geschmackssache! Solange es Stil und Rhythmus eines Hauses nicht empfindlich stört, sollen alle machen, was sie möchten und was ihnen gut tut.

Hauptsache, Sie entspannen sich!

Die Hauptsache ist: Entspannen, Spaß haben! So möchte ich es jetzt, nach der Corona-Pause, auch generell halten. Wenn Sie beim Betreten eines Restaurants das Gefühl bekommen, Sie stiegen gerade in ein Formel-1-Cockpit und dürften ab sofort nicht mehr den allerkleinsten Fehler machen, sollten Sie im selben Moment besser umdrehen, nach Hause gehen und eine Flasche von Ihrem Lieblingswein aufmachen.

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Ganz sicher ist es nicht besonders logisch, Wasser aus Italien oder Frankreich nach Köln zu importieren und mit dem Einkauf internationalen Lebensmittelkonzernen die Kassen zu füllen. Wie viele meiner Kollegen bemühe ich mich stattdessen, heimische Produzenten zu unterstützen. Wir servieren deshalb Wasser aus der Vulkaneifel und aus Bayern, was ja auch schon ein ganz gutes Stück von Köln entfernt ist. Der Salzgehalt ist gering, der Geschmack ausgesprochen angenehm.

Das „gute Wasser vun Kölle“ tut’s auch

Das „gute Wasser vun Kölle“ tut’s aber auch. Natürlich können Sie als Gast fragen, warum Sie in diesem Fall für einen Liter Leitungswasser aus der Glaskaraffe, das den Wirt 0,2 Cent kostet, fünf Euro und mehr zahlen sollen. Für Südländer sind die Wasserpreise in deutschen Lokalen ohnehin ein Mysterium. Aber umgekehrt zahlen Sie in Italien oder Frankreich oft eine Pauschale fürs Gedeck. Damit will ich sagen: Eine höhere Gewinnspanne bei den Getränken gehört in Deutschland zur Gesamtkalkulation der Preise. Aufgezeichnet von Joachim Frank 

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