Ehepaar hört aufAbschied von Hofanlage Vorgebirgsblick in Bornheim

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Bereuen keine Minute ihres gemeinsamen Hoflebens: Renate und Peter Bräutigam.

Bereuen keine Minute ihres gemeinsamen Hoflebens: Renate und Peter Bräutigam.

Bornheim-Merten – Ihren Ausstand hatten sich Renate und Peter Bräutigam ganz anders vorgestellt. Eine große Hofparty war geplant – mit Flohmarkt, eingerahmt in den 80. Geburtstag des Gastgebers. Nach 50 Jahren hängt das Ehepaar zum Monatsende seine Selbstständigkeit an den Nagel. Ihre Hofanlage Vorgebirgsblick mit Biergarten, Restaurant und Hotel ist verkauft. Neuer Eigentümer ist Peter Schmitz aus Sechtem. „Er wird den Betrieb ein bisschen modernisieren und dann verpachten“, weiß Renate Bräutigam. Sie zieht mit ihrem Mann nach Sechtem. „Wir haben uns dort eine seniorengerechte Wohnung gemietet“, sagt die 72-Jährige.

Die schönen Erinnerungen nehmen sie mit in ihr neues zu Hause. „Die sind abgespeichert auf der Festplatte da oben“, lacht Peter Bräutigam und deutet auf seinen Kopf. Und dann erzählt er von seiner großen Liebe Renate, die er 1963 kennen gelernt und zwei Jahre später in Flammersheim geheiratet hat. „1971 haben wir zusammen die Gaststätte zum Vorgebirge in Merten übernommen“, erzählt er.

Noch genau hat Peter Bräutigam zum Beispiel die alte Kegelbahn dort vor Augen. Sie sei damals täglich mittags und abends belegt gewesen: „Es gab sogar eine Warteliste.“ Unvergessen bleiben dem fast 80-Jährigen die Frühschoppen nach den Sonntagsgottesdiensten in Erinnerung. „Wenn zur Wandlung die Glocken im Kirchturm schlugen, dauerte es nur noch zehn Minuten, bis ich mit dem Zapfen der Biere beginnen musste“, erzählt der Gastronom. Um die 20 frisch gezapfte Pils mit perfekter Schaumkrone hätten so schon parat gestanden, wenn die Gäste aus der Kirche zur Gaststätte strömten. Oft sei der Frühschoppen bis zum Nachmittag gegangen. „Mitunter sind die Ehefrauen vorbeigekommen, um ihre Ehemänner abzuholen“, ergänzt Renate Bräutigam.

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Liebe zur Hausmannsküche

In ihrem Restaurant zum Vorgebirge habe sie die Liebe zur Hausmannsküche entdeckt. „Als gelernte Bürokauffrau hatte ich mit Kochen zunächst so gar nichts am Hut“, räumt sie ein. Das habe sich jedoch geändert, als ihre Schwiegermutter sie in die Geheimnisse der Hausmannsküche einweihte. Aus dem zunächst als Köchin für ein Jahr angedachten Probejahr ist ein halbes Jahrhundert geworden. „Es war eine wunderschöne Zeit“, resümiert die 72-Jährige. Mit „Oma Gretchen“, wie sie ihre Schwiegermutter liebevoll nannte, wuchs sie zu einem unschlagbaren Team zusammen. Zu Fuß seien die Gäste teils wegen der guten und deftigen Küche und den üppigen Portionen aus der ganzen Region gekommen. Schon damals seien zum Beispiel der halbe Meter Bratwurst mit frischem saisonalem Gemüse und Kartoffeln, aber auch der hausgemachte Leberkäse und die Schnitzel sehr beliebt gewesen.

Ziemlich von Anfang an hatten die Bräutigams auch eigene Stallungen in denen sie die Schweine und Rinder hielten, die bei ihnen gut zubereitet auf den Tisch kamen. Als sie 2001 ihre Gaststätte im Ort schlossen und die Hofanlage Vorgebirgsblick auf der Händelstraße eröffneten, hatten sie sich dort bereits einen richtigen Bauernhof mit eigener Metzgerei und Metzgereiverkauf aufgebaut. „Wir hatten zwei Metzger angestellt“, sagt Peter Bräutigam. Doch mit den Schließungen der Schlachthöfe zuerst in Bonn und Köln und schließlich 2016 auch in Brühl mussten sie diesen Teil ihres Unternehmens einstellen.

Die eigenen Tiere, Ziegen, Kühe in Ammenhaltung, Hunde und Kamerunschafe blieben jedoch ein Markenzeichen des Betriebes. Mitunter erlebten Gäste des Biergartens die Geburt eines Kälbchens nebenan auf der Weide. Christi Himmelfahrt wurden die Haflinger vor die Kutsche gespannt. „Mit ihnen haben wir viele traditionelle Vatertagausflüge gemacht.“

Die Bräutigams bereuen nicht eine Minute. Zweimal regierten sie sogar in der fünften Jahreszeit als Prinzenpaar in Merten. Hunderte Feste, Hochzeiten, Taufen, Geburtstage und Begräbnisse haben sie ausgerichtet. „Diesen Kontakt und diese Nähe zu den Menschen aus dem Vorgebirge werden wir sicherlich am meisten vermissen“, sagt Peter Bräutigam. Und wenn die Beschränkungen wegen des Corona-Virus aufgehoben werden, soll noch groß Abschied gefeiert werden.

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