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Schulbau in Bornheim-Merten„Ungewissheit bremst den Prozess“

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Ein Plakat von Schülern, die im Sommer vor dem Rathaus Bornheim demonstriert hatten.

Rund 60 Schüler und Eltern der Heinrich-Böll-Gesamtschule und der Martinus-Schule demonstrierten im Juli vor dem Rathaus Bornheim.

Wann und wie geht es weiter mit der Heinrich-Böll-Gesamtschule und der Grundschule in Merten? 

Zweimal hatte die Elternpflegschaft der Heinrich-Böll-Gesamtschule Merten im Sommer Demos organisiert, um auf die gelinde gesagt schwierigen Unterrichtszustände in der Enge der Schule aufmerksam zu machen. Und dann, Anfang Juli, war die Enttäuschung riesig, als in einer Sondersitzung des Schulausschusses nach teils hitziger Debatte über die Zukunft des Schulstandortes Merten feststand: Vor der Kommunalwahl wird es keine Entscheidung geben. Die Wahl ist vorbei, der neue Bürgermeister heißt Christian Mandt und wie ist nun der Stand der Dinge? Die Rundschau hörte nach.

Hintergrund der ganzen Debatte ist die Kostenexplosion für den 2018 beschlossenen Neubau der Gesamtschule im Baugebiet Me 18, sie zwang Verwaltung und Rat zum Umdenken. Die Baukosten von anfangs 35 Millionen Euro schnellten in die Höhe, zuletzt auf mehr als 140 Millionen Euro. Der Rat stoppte die Planungen, weil die Stadt diese Kosten nicht stemmen kann. Geplant war ursprünglich, dass die Martinus-Grundschule, die aus allen Nähten platzt und teilweise marode ist, in das Gesamtschulgebäude einzieht, wenn diese Schule neu gebaut wird. Dieser Plan funktioniert so nicht mehr, aber die Misere bleibt.

Im Gespräch mit der Rundschau hatte Christian Mandt kurz nach seiner Wahl gesagt, „Ziel muss es sein, dass wir die Heinrich-Böll-Gesamtschule als Neubau entwickeln. Und wir müssen es schaffen, das zu einem anderen Preis zu tun, als dem, der nach der ersten Ausschreibung absehbar war. Wesseling hat um die 40 Millionen Euro für die Gesamtschule geplant, da kann unsere nicht 150 Millionen kosten“.

Laut Verwaltungssprecher Christoph Lüttgen gibt es seit Beschlussfassung im Schulausschuss am 3. Juli eine Projektgruppe in der Stadtverwaltung, die die von der Politik beschlossenen Aufträge abarbeitet. „Bei der Heinrich Böll Gesamtschule geht es zum einen um eine Verifizierung der städtischen Erkenntnisse, die in den politischen Vorlagen dargestellt wurden, sowie um einen interkommunalen Austausch zum Thema Schulbau. Hierbei werden beide Varianten, Gesamtschule und Grundschule, betrachtet. Darüber hinaus soll ein Nachnutzungskonzept für den Standort Beethovenstraße erstellt werden. Für diese Aufträge wurde durch Ausschreibung ein externes Planungsbüro gesucht. Die Beauftragung steht kurz bevor, sodass kurzfristig in die Bearbeitung eingestiegen werden kann.“

Der Seiteneingang der Heinrich-Böll-Gesamtschule.

Bereits 2018 war der Neubau der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Merten beschlossen worden.

Wie Klaus Hannak, Leiter der Böll-Schule, auf Anfrage erklärt, habe es seit der Sondersitzung des Schulausschusses am 3. Juli keine weiteren Gespräche gegeben. Er sei aber, wie andere Beteiligte auch, über den aktuellen Planungsstand der „Arbeitsgruppe Schulstandort Merten“ unterrichtet worden. Dabei ging es nach seinem Verständnis um die Terminierung diverser Prüfaufträge hinsichtlich der erwogenen Alternativen beziehungsweise um geplante oder bereits erfolgte Gespräche mit benachbarten Kommunen, die ähnliche Bauprojekte verwirklichen oder verwirklicht haben.

Was Hannak geärgert habe, seien Äußerungen des neuen Bürgermeisters gewesen, wonach er nicht davon ausgehe, dass die neue Gesamtschule in den ersten fünf Jahren seiner Amtszeit fertig werde. Christian Mandt sagt dazu auf Rundschau-Anfrage gestern wörtlich: „Bei der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Merten müssen wir uns vor einem Neubau noch mal die Zahlen ansehen. Die Fertigstellung wird wohl nicht in meiner ersten Amtszeit erfolgen, ich hoffe aber, dass wir in dieser Zeit den Grundstein gelegt haben.“

„Dieser Zeithorizont ist ein deutlicher Rückschritt zu vorherigen Aussagen“, betont Hannak. Im Schulausschuss am 20. Mai sei davon gesprochen worden, ein Umzug der Heinrich-Böll-Schule sei ab 2029 umsetzbar. „Dass jetzt eine Grundsteinlegung bis 2030 im Raum steht – wohlgemerkt für ein Gebäude, dessen Bau im Jahr 2018 beschlossen wurde – stellt eine hohe Herausforderung an das Erwartungsmanagement aller schulisch Beteiligten dar.“

„Erschwerte Rahmenbedingungen“

 Dennoch sei „bei aller verständlicher Enttäuschung“ die Stimmung an der Schule noch erstaunlich gut: „Wir passen uns pädagogisch und organisatorisch den Rahmenbedingungen an. Meine Kolleginnen und Kollegen arbeiten auch unter den erschwerten Rahmenbedingungen mit großem Einsatz, unterstützt von einer engagierten Elternschaft, für unsere tollen Schülerinnen und Schüler.“ Gleichzeitig sei allen täglich bewusst, welchen Einschränkungen die Kinder und Jugendlichen unterliegen, beispielsweise durch die recht kleinen und niedrigen Containerräume, den viel zu kleinen Schulhof, die zu kleine Mensa, die viel zu geringe Kapazität an Sportstätten sowie die nicht mehr zeitgemäß ausgestatteten Naturwissenschaftsräume.

Hoffnung setzt Hannak in die neu gewählten Ratsvertreter, da alle Fraktionen im ersten Halbjahr 2025 ein deutliches Bekenntnis zu vergleichbaren Rahmenbedingungen an den drei weiterführenden Schulen in städtischer Trägerschaft abgegeben hätten: „Ich erwarte das Bemühen, dass dieser Anspruch auch mit einer klaren und vor allem kurzfristigeren zeitlichen Perspektive verknüpft wird. Wir brauchen Veränderungen und Verbesserungen an dem bisherigen oder einen neuen Standort so bald wie möglich.“ 2026 würden Schülerinnen, Schüler und Eltern wieder aktiv. „Mit dem nun öffentlich kommunizierten Zeithorizont möchten wir uns nicht zufrieden geben.“

Für Christine Herm, Leiterin der Grundschule, ist Planungssicherheit wichtig. „Wenn die Zusage verlässlich wäre, dass die Martinus-Schule am Schulstandort bliebe, könnten weitere Projekte der Raumgestaltung wieder aufgenommen und fortgesetzt werden. Zum anderen benötigen wir mehr Platz für den Ganztag, für eine qualitative Mittagspause mit Essen und Ruhezeiten, für differenziertes Lernen und Spielen sowie im Außenbereich. Die Möglichkeit der Nutzung der Aula wäre wünschenswert.“ Schüler, Lehrer und Eltern beschäftige das Thema ständig: „Wir überdenken und planen im Rahmen des Ganztagsanspruchs 2026 die Raumgestaltung im Innen- und Außenbereich neu. Da wir aber nicht wissen, ob die Zukunft der Martinus-Schule hier in der Dorfmitte zu finden ist, bremst diese Ungewissheit deutlich den Prozess. Gleichzeitig sind wir aber an Fristen gebunden.“

Schulgemeinschaft frustriert

Grundsätzlich sei die Schulgemeinschaft frustriert, dass sich die Entscheidung so lange hinziehe und weiter Ungewissheit herrsche: „Dennoch hoffen wir zeitnah auf gute Lösungen, die sowohl für uns als Schulen als auch für die Stadt tragfähig sind. Wir als Schule wollen, dass Kinder sich verwurzeln in ihrem Ort, sich auskennen, die Geschichte ihres Ortes nachvollziehen, Kontakte knüpfen, das Leben begreifen“, betont Herm. Von den neuen Ratspolitikern erhoffen sich die Schulleiterin und ihr Team eine „schnelle und beherzte Entscheidung für den Verbleib der Martinus-Schule in der Dorfmitte und eine schnelle Umsetzung des Neubaus der Gesamtschule.“