Für Emil aus Rheinbach geht es mit einem Vollstipendium des deutschen Bundestages und des US-Congress für ein Schuljahr in die USA.
In wenigen Tagen geht's losSchüler Emil Kucur aus Rheinbach tritt USA-Stipendium an

Der 16-jährige Emil Kucur aus Rheinbach kann den Tag seiner Ausreise in die USA kaum erwarten.
Copyright: Armin Müller
Der Traum vieler Jugendlicher wird für Emil Kucur (16) wahr. Mit dem Vollstipendium des Parlamentarischen Partnerschafts-Programms (PPP) geht es für den Rheinbacher Schüler für ein Schuljahr in die USA. Aus fast 900 Bewerberinnen und Bewerbern wurde er ausgewählt. Am 5. August geht es los – zunächst nach Washington, D.C.
Wie kamen Sie auf die Idee, an einem Schüleraustausch teilzunehmen? Wieso die USA?
Ich hatte immer Fernweh und wollte etwas Neues ausprobieren. Man sagt ja, die USA ist das Land der Freiheit und dass es da viele Möglichkeiten gibt. In Deutschland gehen wir zur Schule, weil wir das müssen. Dort an der Schule gibt es einen Spirit und die Schüler gehen gerne hin – für das Gemeinschaftsgefühl. Das Problem mit dem PPP ist, dass es nicht so bekannt ist unter Schülern. Ich bin politisch engagiert, so habe ich davon erfahren. Bei internationalen „Model United Nations“-Konferenzen vertrete ich Standpunkte verschiedener Länder in simulierten UN-Diskussionen. Daran nehmen Jugendliche aus der ganzen Welt teil. Eine andere Stipendiatin hatte ihre Zusage auf Instagram gepostet. Und ich dachte, ich bewerbe mich mal.
Alles zum Thema Deutscher Bundestag
- Rundschau-Debatte des Tages Ist die neue Strenge im Bundestag angemessen?
- Grundsicherung im Alter Immer mehr alte Menschen beziehen Sozialhilfe
- Standort Deutschland „Deutschland ist zurück“ – Merz will Allianz mit Wirtschaft
- Rundschau-Debatte des Tages Wie ist die aktuelle Lage in Deutschland?
- Wirtschaft, Migration, Verteidigung Merz zieht nach Holperstart erste Bilanz und nennt wichtigste Regierungsvorhaben
- Kritik an Haushaltsplan Lauterbach fordert mehr Mittel für Forschung zum Fatigue-Syndrom
- Antrag an Bundesregierung Linke fordert neuen europaweiten Feiertag für mehr Frieden
Was ist das PPP?
Das ist ein Programm zwischen dem Deutschen Bundestag und dem US-Kongress. Es wurde 1983 geschaffen, um den 300. Jahrestag der ersten deutschen Einwanderung in Amerika zu feiern – mit einem Jugendaustausch. Bei uns heißt das Parlamentarische Patenschafts-Programm, kurz PPP, in den USA heißt es „Congress Bundestag Youth Exchange“ (CBYX). Genauso, wie deutsche Schüler in die USA gehen, kommen amerikanische Schüler auch zu uns.
Wie viele PPP-Stipendien werden in Deutschland vergeben?
Pro Wahlkreis eins, also 299 Stipendien. Aber nicht alle für Schüler. Es gibt auch Plätze für junge Berufstätige, das heißt für Auszubildende. Nach den Auswahlgesprächen wird entschieden, welcher Wahlkreis ein Schüler-Stipendium und welcher einen Azubi-Platz vergibt.
Wie liefen die Bewerbung und das Auswahlverfahren ab?
Auf der Internetseite des Bundestages registriert man sich als Interessent und gibt an, ob man die deutsche Staatsangehörigkeit hat, ob man hier zur Schule geht und wie alt man ist. Wenn man die Voraussetzungen erfüllt, kommen von der Austauschorganisation die Bewerbungsunterlagen. Es gibt fünf Organisationen, die je nach Wahlkreis zuständig sind. Ich komme aus Rheinbach, da ist es „Experiment“. Man muss ein Motivationsschreiben, ein Lehrergutachten und das Zeugnis einreichen. Man muss Angaben machen über sich selbst und die Familie. Die Bewerbungsunterlagen werden von „Experiment“ geprüft, und man wird zum Auswahlgespräch eingeladen. Es gab einen Test zu beiden politischen Systemen, zu den US-Bundesstaaten und den deutschen Bundesländern und den jeweiligen Hauptstädten. Es gab Gemeinschaftsaktivitäten, die wir als Team lösten sollten. Da wurde geprüft, wer Teamgeist und Führungskompetenz hat, also wer aus der Menge heraussticht. Im Einzelgespräch war ein Teil auf Englisch, um die Kompetenz nachzuweisen.
Dann kam ein Brief, dass ich unter den letzten Drei bin. Beim Auswahlgespräch war ich nicht nervös, dafür aber dann beim Abgeordnetengespräch per Telefon mit Roger Beckamp von der AfD-Fraktion, der für meinen Wahlkreis die Patenschaft übernehmen sollte, dann aber nicht in den Bundestag gewählt wurde. Kleiner Fakt nebenbei: Roger Beckamp ist Anwalt und ich studiere Jura im Frühstudium der Uni Bonn, im fünften Semester. Das macht man neben der Schule, und nach dem Abi wird das dann anerkannt. Nach dem Abi bin ich dann ganz schnell mit Jura fertig. Herr Beckamp hat mir juristische Fragen gestellt, natürlich. Die konnte ich gut meistern. Nach den Wahlen kam direkt die Mail, dass Dr. Norbert Röttgen (CDU) als Mitglied des Bundestags von unserem Wahlkreis Rhein-Sieg-Kreis II die Patenschaft für mich übernimmt.
Wie funktioniert diese Patenschaft?
Herr Röttgen ist ein Mentor, der mir zur Seite steht und bei Fragen da ist. Das PPP ist ein politisches Programm. Deswegen gehört es auch dazu, dass man sich mit dem Abgeordneten trifft. Ich hatte im Mai die Gelegenheit, nach Berlin zu fahren und Herrn Röttgen im Bundestag zu besuchen. Da haben wir uns unterhalten. Und wenn ich zurückkomme, dann planen wir ein weiteres Treffen. Regelmäßige Telefonate sind nicht geplant, wären aber möglich. Ich habe Herrn Röttgens E-Mail-Adresse, und er erwartet Fotos und Nachrichten von mir. Wir kriegen auch einen amerikanischen Abgeordneten zu Seite gestellt, ich weiß aber noch nicht wer das bei mir sein wird.
Wann haben Sie erfahren, dass Sie ausgewählt wurden?
Am 11. Februar, das habe ich genau im Kopf. In meiner Stufe – ich gehe auf das St. Joseph-Gymnasium in Rheinbach – kam ein Austauschschüler vom CBYX, also von der amerikanischen Seite des Programms: Thomas aus Minnesota. Wir waren in unserer Freistunde auf dem Weg zu Rewe, und genau da kam die Zusage per Mail. Es hat gut gepasst, dass Thomas dabei war. Ich habe mich sehr gefreut und sofort meine Eltern angerufen. Als der Brief mit der Anmeldung kam, habe ich die am selben Tag ausgefüllt und den Vertrag unterschrieben.
Wohin geht es? Kennen Sie Ihre Gastfamilie schon?
Das weiß ich nicht – kann Alaska sein oder Kalifornien. Ich muss sehr flexibel sein. Ich packe alles ein: für kältere und wärmere Staaten. Wir fliegen am 5. August. „Experiment“ sagt, dass wir bis zum 1. August unsere Gastfamilie bekommen sollen und erfahren, wo es hingeht. Da bin ich ganz gespannt. Und dann habe ich ja auch noch vier Tage Zeit zum Einpacken.
Was haben Sie für Ihr High School-Jahr geplant?
Also, Sport auf jeden Fall. American Football würde ich gerne ausprobieren, und das gibt es ja an jeder Schule. Wenn es eine große Schule ist, dann gibt es natürlich mehr Angebote. Da lasse ich mich überraschen.
Während des Austauschs sind Sie Junior-Botschafter. Was bedeutet das?
Das bedeutet, dass ich die deutsche Kultur an der amerikanischen Schule und in die Community bringe und vermittele. Das mache ich, indem ich Sachen aus Deutschland mitbringe und vorzeige. Da ich fast aus Bonn komme, darf Haribo nicht fehlen. Fotos aus dem Kölner Karneval habe ich auch im Gepäck. Dann erkläre ich, wie die deutsche Schule abläuft, welche Fächer wir haben und wie unser Tagesablauf ist – ganz anders als in den USA. Dadurch, dass man Kontakte knüpft und Missverständnisse aus der Welt schafft. Als Botschafter ist man zwischen beiden Kulturen und kann dabei helfen. Das verstärkt die transatlantischen Beziehungen.
Wie wurden Sie auf die Aufgabe vorbereitet?
Für die PPP-Stipendiaten gab es ein Vorbereitungsseminar von ,Experiment‘ im Mai. Dort haben wir die amerikanische Kultur kennengelernt, aber auch über die deutsche Geschichte gesprochen. Wir wurden auf jeden Fall gut vorbereitet. Auch darauf, wie wir mit dem Kulturschock umzugehen haben. Wir konnten Kontakte knüpfen zu anderen Austauschschülern. Ich habe dort Freunde fürs Leben gefunden.
Worauf freuen Sie sich besonders?
Auf jeden Fall auf die Schule, und auf die Gastfamilie. Am Ende des Tages ist es egal wo man platziert wird, man muss halt eine gute Gastfamilie haben, um ein gutes Gefühl zu haben und um sich zu Hause zu fühlen.
Bereitet Ihnen etwas Sorge?
Dass irgendetwas nicht klappt und dass ich da auf mich alleine gestellt sein werde. Aber ich habe oft die Schule gewechselt und kann deswegen sehr gut neue Freunde finden. Heimweh zu haben, ist auch eine Angst. Aber ich kann zu Hause anrufen, auch per Videocall. „Experiment“ ist immer an meiner Seite, oder auch die amerikanische Organisation „CIEE“ (das amerikanische Pendent zu „Experiment“). Es gibt auch eine Notfallnummer.
Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen?
Der Koffer ist gekauft. Der Inhalte, also die Klamotten auch. Das Visum habe ich jetzt bekommen, zum Glück. Von meiner Schule bin ich beurlaubt: Für das ganze Jahr, also bis Juni 2026. Alles ist bereit.
Sie könnten also morgen in den Flieger steigen?
Auf jeden Fall, ich bin ready!
Wie werden die ersten Tage in den USA aussehen?
Wir fliegen nach Washington, D.C. Drei Tage lang werden wir in einem Flughafenhotel sein, wo wir die Regeln besprechen, was wir im Notfall zu tun haben und wie es mit der Krankenversicherung aussieht. Von Washington aus geht es dann in die Gastfamilie. Den Teil machen wir dann alleine. Es sei denn, jemand ist in der Nähe platziert und man reist zusammen. Im November, Dezember oder Januar gibt es einen weiteren Aufenthalt in Washington. Dann treffe ich im besten Fall den amerikanischen Abgeordneten im Kongress, der für mich zuständig ist. Geplant sind ein Besuch im Weiße Haus, eine Stadtführung, und politische Seminare. Das PPP unterscheidet sich von normalen Schüleraustausch-Programmen dadurch, dass es politisch ist, also sind die Seminare zu erledigen. Es unterscheidet sich auch dadurch, dass man nichts zahlen muss, sondern alles vom Deutschen Bundestag und vom US-Kongress übernommen wird.
Was hätte das High School-Jahr in den USA gekostet, ohne Stipendium?
Um die 20.000 Euro für ein Schuljahr. Da gibt es aber natürlich viele Angebote von verschiedenen Austauschorganisationen.
Wen sehen Sie dann aus Rheinbach ein Jahr lang nicht?
Meine Mutter, meinen Vater und zwei jüngere Brüder – sechs und elf Jahre sind die. Wir haben auch eine Katze. Meine Brüder waren traurig, als sie die Nachricht erfahren haben, dass ich in die USA gehe, aber sie freuen sich natürlich auch mit mir. Sie freuen sich ganz besonders darauf, mein Zimmer als Spielzimmer nutzen zu dürfen. Da machen sie jetzt schon Pläne, aber sie werden mich hoffentlich auch ein bisschen vermissen.
„Experiment“ sucht Gastfamilien
„Experiment“ ist eine Austauschorganisation mit Sitz in Bonn und mit mehr als 90 Jahren Erfahrung. Im „Experiment“-Katalog: Schüleraustausch, Auslandsjahr, Freiwilligendienst und Ferienprogramm – in insgesamt 38 Ländern.
Wer zuhause eine neue Kultur erleben möchte, wird Gastfamilie und nimmt für drei bis zehn Monate ein Gastkind aus einem anderen Land auf. Für Stipendiatinnen und Stipendiaten des Parlamentarischen Partnerschafts-Programms, die bereits im August einreisen, sucht „Experiment“ aktuell Gastfamilien in ganz Deutschland, die einen Jugendlichen aus den USA bei sich aufnehmen.
Ob Sport-Fan, Tierliebhaberin oder musikalisches Talent – Steckbrief und Videovorstellungen der Austauschschülerinnen und -schüler auf der Internetseite verraten, welches neue „Familienmitglied auf Zeit“ in die eigenen Familie passen könnte.