Pferderettung in WachtbergFlut reißt Wallach Mitiaro zehn Kilometer weit mit

Lesezeit 4 Minuten
Mitiaro_Diana_Schmitz-Hecker

Diana Schmitz-Hecker mit Mitiaro

Wachtberg – „Es ist ein Wunder, dass das Pferd überlebt hat. Besonders, wenn man bedenkt, was noch alles mitschwamm“, sagt Carsten Rohde, Leiter der Pferdeklinik am Kottenforst. Der Vollblüter Mitiaro war während des verheerenden Unwetters am Mittwoch vergangener Woche rund zehn Kilometer weit von den Flutmassen in der Ahr mitgerissen worden. Seit einer lebensgefährlichen Rettungsaktion steht der Wallach in der Wachtberger Klinik, wird medizinisch betreut und darf am Sonntag den Weg in Richtung Heimat antreten.

Tochter Lina ist überglücklich

Besonders Lina, die Tochter von Besitzerin Diana Schmitz-Hecker, ist froh, dass ihr geliebter Mitiaro die Odyssee überstanden hat. Von den Fluten war der Stall der Familie in Lohrsdorf zerstört worden.

Mitiaro_mit_Lina

Tochter Lina ist froh, wieder mit Mitiaro kuscheln zu können.

Dabei erfasste das Wasser den Wallach und auch die Stute eines anderes Besitzers. Die wurde unweit von dem überschwemmten Gelände gefunden. Bei Mitiaro hatten die Besitzer bereits fast die Hoffnung aufgegeben. Via Instagram startete die Familie einen Suchaufruf, der sich schnell in den sozialen Medien verbreitete. „Ein Freund meiner Tochter aus Bad Bodendorf hat relativ schnell gemeldet, dass wohl in Sinzig ein Pferd gefunden wurde, auf das die Beschreibung passte“, schildert Diana Schmitz-Hecker.

Alles zum Thema Technisches Hilfswerk

Bad Bodendorf ist von Lohrsdorf aus bereits der nächste Ort, anschließend kommt entlang der Ahr nur noch Sinzig, bevor sie in den Rhein mündet. „Wir haben ihn in Sinzig gefunden, er stand bis zur Brust im Wasser“, erinnert sich die Besitzerin. Er muss sich dort eine Erhöhung gesucht haben. „Und das war absolutes Glück, nur knapp hundert Meter weiter riss die Strömung alles weiter hinunter Richtung Rhein.“ Das Pferd war zudem vom Wasser umringt. Für die Rettung suchte die Familie Hilfe bei den Einsatzkräften. „Wir haben bei der Feuerwehr und beim THW nachgefragt, aber alle Boote waren bereits im Einsatz“, erklärte die 43-Jährige.

Familie rettete den Wallach kurzerhand selbst

Also fasste ihr Mann mit einem Freund den Entschluss, Mitiaro selbst zu retten. „Es ist gut, dass mein Mann so groß ist“, beschreibt Schmitz-Hecker. Ihrem 1,98 Meter großen Gatten stand das Wasser bis zur Brust, als er sich Schritt für Schritt durch das Wasser vortastete. „Das war ein schlimmer Anblick, die beiden mussten ja selbst immer wieder gucken, dass sie nicht noch von einem Baumstamm, der in den Fluten trieb, erwischt werden.“ Beim Pferd angekommen stülpten ihm die Männer ein Halfter über, das die Familie noch im Schlamm ihrer Stall-Ruine gefunden hatte. Der Wallach folgte willig bis zur rettenden Straße und seiner Besitzerin. Als er in Sicherheit war, war es bereits 22 Uhr am Donnerstagabend.

Hinweis in eigener Sache

Uns ist es wichtig, Sie in dieser Situation vollumfänglich und umfassend zu informieren. Wir werden daher alle Artikel, die unmittelbar mit der verheerenden Unwettersituation in der Region zu tun haben, für Sie bis auf Weiteres freischalten.

Wenn Sie unsere Berichterstattung schätzen, freuen wir uns, wenn Sie uns mit einem Rundschau PLUS-Abo unterstützen.

Sein Zustand war schlimm, sagt Schmitz-Hecker: „Er stank nach Heizöl, die Mähne und das Fell waren ebenfalls total ölig und die Beine waren aufgedunsen.“ Ein ähnliches Bild beschreibt auch Carsten Rohde: „Als er hier ankam, waren die Beine stark angeschwollen. Das Wasser hatte die Haut total aufgeweicht. Und er hatte einige Abschürfungen.“ Sofort kam Mitiaro an den Tropf, bekam Antibiotikum und Verbände, damit die Schwellung zurückging.

Team in der Wachtberger Klinik kümmerte sich um Mitario

Rohde und sein Team in der Wachtberger Klinik waren die Rettung für den Wallach, der nach 16 Stunden im Wasser zunächst noch in einer Notunterkunft untergebracht worden war, bevor er in die Klinik kam. Eine Blutprobe, die am Freitag in der Klinik untersucht wurde, zeigte, wie schlecht der Zustand des Pferdes war. „Der Tierarzt sagte nach dem Befund, dass Mitiaro in die Klinik muss, sonst würde er die Nacht wohl nicht überstehen“ erinnert sich die Besitzerin. Also organisierte sie einen Hänger, mit dem es von der Ahr hinauf nach Wachtberg ging. Eine Woche später ist Rohde zufrieden, als er das Tier in seiner Box besucht: „Er sieht doch schon wieder richtig gut aus.“ Die Schwellungen sind zurückgegangen, dennoch trägt er an allen vier Beinen noch Verbände. Aber er steht friedlich in seiner Box und lässt sich von Rohde den Kopf streicheln.

Mitirao_Schmitz-Heckler

Mitiaro mit Doktor Carten Rohde im Stall der Pferdeklinik Kottenforst in Wachtberg 

Die Pferdeklinik hat aber nicht nur Mitiaro aufgenommen. „Insgesamt haben wir 14 Pferde hier, die die Flutkatastrophe überlebt haben“, berichtet der Pferdechirurg. Dafür hat er kurzfristig Notboxen organisiert, die in der Reithalle vor Ort aufgestellt wurden. Die Tiere kamen aus den unterschiedlichen Regionen zwischen Ahr und Erft, die vom Wasser verwüstet wurden. Eigentlich sind seine Mitarbeiter nie außerhalb der Klinik tätig, diesmal halfen zwei aus dem Team aber in Erftstadt mit, verletzte Tiere zu versorgen.

Das könnte Sie auch interessieren:

„Mitiaro wurde in der Klinik großartig versorgt“, lobte Schmitz-Hecker. Sie freut sich darauf, ihr Freizeitpferd am Sonntag wieder abzuholen. Eine Notunterkunft hat sie bereits gefunden – laut der Pferdeliebhaberin wird es Jahre dauern, den eignen Stall wieder aufzubauen. Helfer richteten bei PayPal ein Spendenkonto für den Wallach ein, denn die Klinikkosten übernimmt die Versicherung nicht.

Rundschau abonnieren