Dürfen NRW-Kommunen das Gewerbe bei der Grundsteuer stärker belasten als Wohngrundstücke? Nach einer ersten Gerichtsentscheidung ist das rechtswidrig. Doch der Streit dürfte weitergehen.
SteuernGericht: Höhere Grundsteuer für NRW-Gewerbe rechtswidrig

Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen berät über einen Rechtsstreit um die Grundsteuer (Archivbild).
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NRW-Kommunen dürfen von Gewerbebetrieben nach einer ersten Gerichtsentscheidung keine höheren Grundsteuer-Hebesätze verlangen als von Wohngrundeigentümern. Für die steuerliche Ungleichbehandlung gebe es keinen sachlichen Grund, hat das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschieden.
Vier Gewerbebetriebe aus Essen, Bochum, Dortmund und Gelsenkirchen hatten gegen ihre Grundsteuerbescheide geklagt. Es war das erste Verfahren nach der Neuregelung der Grundsteuer, bei der das Land im Sommer vergangenen Jahres den Kommunen unterschiedliche Hebesätze ermöglicht hatte. Damit soll unter anderem ein übermäßiger Anstieg der Wohnkosten verhindert werden.
Keine Lösung zulasten der Gewerbebetriebe
Diese Absicht sei gerechtfertigt, sagte der Vorsitzende Richter der fünften Kammer des Gerichts, Andreas Pesch. Allerdings dürfe die Privilegierung der Wohngrundeigentümer nicht durch eine einseitige Benachteiligung nur der Gruppe der Gewerbetreibenden ausgeglichen werden. Der Ausgleich sei eine Sache aller Steuerzahlenden.
Die Unterschiede sind erheblich: So beträgt der Grundsteuer-Hebesatz für Gewerbegrundstücke in Dortmund 1.245 Prozent, für Wohngrundstücke mit 625 nur rund die Hälfte. Ähnlich sieht es in Essen (1.290 zu 655), Bochum (1.190 zu 715) und Gelsenkirchen (1.397 zu 696) aus.
Das Gericht hob die Steuerbescheide aller vier Betriebe auf und erklärte die Satzungen der Städte für nichtig, insoweit sie unterschiedliche Hebesätze für Gewerbe- und Wohnimmobilien vorschreiben. Damit dürfen die Städte auch für weitere noch offene Fälle nicht auf die Satzungen zurückgreifen, sagte ein Gerichtssprecher.
Städte brauchen Rechtssicherheit
Es sei ihm bewusst, dass die Städte schnell Rechtssicherheit über ihre Grundsteuereinnahmen benötigten, sagte der Vorsitzende. Deshalb habe das Gericht neben der Berufung auch die - eher ungewöhnliche - Möglichkeit einer Sprungrevision eingeräumt. Damit könnten die Parteien bei beiderseitigem Einverständnis direkt an das höchste Verwaltungsgericht nach Leipzig ziehen.
Differenzierte Hebesätze hatte die NRW-Landesregierung im Sommer im Rahmen der bundesweiten Grundsteuerreform für das Land ermöglicht. Dagegen war die NRW-Wirtschaft Sturm gelaufen. Sie sieht drohende Standortnachteile. Zahlreiche weitere Klagen zu dem Thema liegen bei den Gerichten. (dpa)

