Nach schwierigen Zeiten tagt der Diözesanpastoralrat des Erzbistums Köln in neuer Besetzung. Damit bemühen sich nun alte und neue Mitglieder um einen Neustart - die Differenzen bleiben.
ErzbistumDiözesanpastoralrat übt Neustart nach Vertrauenskrise

Benedikt Bungarten, Generalvikar Guido Assmann und Regina Oediger-Spinrath, sind Mitglieder des Diözesanpastoralrates des Erzbistums Köln.
Copyright: Erzbistum Köln
Alte Wunden zu schließen und einen Neuanfang zu starten – das war die Absicht, als sich vor genau einem Jahr der Diözesanpastoralrat (DPR) des Erzbistums Köln zu seiner konstituierenden Sitzung traf. Das Beratungsgremium aus Geistlichen, hauptamtlichen Mitarbeitern und Laien war nach heftigen Auseinandersetzungen mit der Bistumsleitung, in denen es vor allem um die Themen Macht, Missbrauch und Vertrauenskrise ging, neu gewählt worden – nach Maßgabe einer Reform, die der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki im Mai vergangenen Jahres initiiert hatte.
Das neue Gremium besteht seither aus nur noch 51 statt 75 Mitgliedern, außerdem sind erstmals 18 Laienvertreter dabei, die im September 2024 ausgelost wurden. Im Gespräch mit der Rundschau berichten drei Mitglieder des Gremiums über das erste Jahr der Neuausrichtung, über die künftigen Aufgaben und Herausforderungen. Dabei wird deutlich, dass alle gewillt sind, konstruktiv zusammenzuarbeiten, dass in der veränderten Form der Zusammensetzung aber neue, alte Konflikte schlummern. Die haben, so beschreibt es DPR-Mitglied Regina Oediger-Spinrath, vor allem damit zu tun, dass die Möglichkeiten der Mitentscheidung nicht erweitert worden seien, sondern deutlich begrenzt blieben.
Meiner Meinung nach sind weniger kritische Menschen dabei.
„Ich hätte mir bei der Reform einfach mehr gewünscht“, sagt die Pastoralreferentin, die von ihrem Berufsverband als eine von zwei (früher: fünf) Mitgliedern in den DPR gewählt wurde. Mehr meint in ihrer Lesart: Mehr eigene Impulse, die sich aus dem speisen, was sie im Austausch mit der katholischen Basis hört. Denn das decke sich nicht mit der Neubesetzung des DPR. Oediger-Spinrath wird dabei sehr deutlich: „Meiner Meinung nach sind weniger kritische Menschen dabei, weil viele der Kirche den Rücken gekehrt haben und das finde ich sehr schade.“
Alles zum Thema Bensberg
- Erzbistum Diözesanpastoralrat übt Neustart nach Vertrauenskrise
- Ost-West-Achse NRW gibt grünes Licht für Ausbau der Linie 1 in Köln
- Architektur Denkmalwertes Fachwerkhaus in Bergisch Gladbach war hinter Brettern versteckt
- Schulbau In Rekordzeit kommt in Bergisch Gladbach die Erweiterung für das Gymnasium
- Sperrung Bensberg erstickt im Stau
- Straßenfest Martini Markt lockt am Wochenende nach Bensberg
- Zehntausende Euro erbeutet Rangelei mit falschem Polizisten an der Haustür
In der Tat ist das Gremium ein rein beratendes, so sieht es das katholische Kirchenrecht vor. Der Kardinal gibt die Themen vor. In den Sitzungen können ihm die berufenen, gewählten und gelosten Mitglieder dann ihre Sicht auf die Dinge darstellen.
Wo will Kirche in Zukunft noch präsent sein?
Mit Blick auf die Wahlperiode des DPR soll es in den nächsten Jahren gemäß der vom Erzbistum definierten pastoralen Schwerpunktsetzung vor allem um die Themen Bildung und diakonische Pastoral gehen. Dabei steht im Hintergrund vor allem die Frage nach der künftigen Stellung der Kirche in Anbetracht sinkender Mitgliederzahlen und angespannter Finanzen. Letztlich gilt es zu beantworten: Wo will katholische Kirche in Zukunft noch präsent sein und wofür wird sie die Einnahmen investieren? Guido Assmann, der als Generalvikar des Erzbischofs wie die Weihbischöfe unter Vorsitz des Erzbischofs geborenes Mitglied im DPR ist, erläutert das Konzept: „Kirche muss nah bei den Menschen sein, in den Kitas, in den Krankenhäusern, aber vor allem auch am Lebensende.“ Fragen, die ein pastorales Beratungsgremium wie der DPR diskutieren soll, seien: „Wie können wir die Botschaft von Jesus heute leben und wie können wir viele Menschen erreichen?“
Assmann betont, dass es Woelki nicht darum gehe, seine Schwerpunkte durchzusetzen, die Motivation sei eine andere: „Der Bischof benennt Themen, wo er sich von den Gläubigen des Bistums beraten lassen möchte, damit er seine Hirtenaufgabe gut erfüllen kann.“ Es gehe dabei nicht, so wie es von Kritikern anklinge, um einsame Entscheidungen. Das zurückliegende Jahr im DPR hat Assmann als „insgesamt sehr erfrischend“ wahrgenommen. „Ich habe den Eindruck habe, dass jetzt eine größere Vielfalt in diesem Gremium vertreten ist“.
Große Chance für die Jungen?
Die erweiterte Beteiligung von Laien, die das Erzbistum im Sinne der in Rom einberufenen und 2024 beendeten Weltsynode mit dem DPR umsetzen will und die sich in den 18 gelosten Mitgliedern spiegelt, trifft auch auf Zustimmung bei Benedikt Bungarten. Der 28-Jährige, der hauptberuflich in der Kommunalverwaltung in Sankt Augustin tätig ist, gehört zu den ausgelosten neuen Mitgliedern des DPR und hat die Zusammenkünfte im DPR bisher als sehr positiv erlebt. „Ich erlebe das als große Chance, meine Gedanken und Hintergründe auf diözesaner Ebene einzubringen. Eine Möglichkeit, die er alte DPR nicht geboten hat. Gerade aus der Perspektive eines jungen Menschen war es ja vorher so ohne Weiteres gar nicht möglich, in den DPR reinzukommen.“
Die besondere Form der Streitkultur habe ihn beeindruckt, wichtig sei das Ringen um Themen, das Hören anderer, das eigene Stimmrecht sei für ihn da nicht maßgeblich. „Ich war total überrascht, dass es zwar eine Tagesordnung gab und Themen, über die man gesprochen hat, aber dass es nicht diese typische Gremienatmosphäre hatte.“ Entscheidend sei für ihn, gute Argumente, gute Inhalte einzubringen, „die dann am Ende des Tages auch überzeugen“. Deswegen stelle sich für ihn die Systemfrage nicht. „Ich möchte in dem System die Möglichkeiten nutzen, die ich bekomme.“
Die Beratungen des neu zusammengesetzten Gremiums erleben die drei insgesamt als wertschätzend. So ist es auch von anderen Teilnehmern in den Protokollen der bisherigen Tagungen, die neben dem Sich-Finden und den Herausforderungen pastoraler, haupt- und ehrenamtlicher Arbeit deutlich von Spiritualität und geistlicher Begleitung geprägt waren, nachzulesen.
Tagung im Kardinal-Schulte-Haus
Am Freitag und Samstag steht die nächste Tagung des DPR im Kardinal-Schulte-Haus in Bensberg an. Es soll um Umsetzung der Weltsynode (2021 bis 2024) gehen und wie sich die mit der „Geistlichen Vision“ des Erzbistums Köln verbinden lässt.
Wie Synodalität von Klerikern und Laien in der Praxis vollzogen werden soll, wird inner- und außerkirchlich seit Jahren kontrovers diskutiert. Bei der Weltsynode „Für eine synodale Kirche – Gemeinschaft, Teilhabe und Mission“ war in zuletzt eingeübt worden, worauf es künftig ankommen soll: Gemeinsam auf den Heiligen Geist und aufeinander hören, gemeinsam gehen und miteinander entscheiden. Erstmalig hatten Laien, Frauen und Männer, nicht nur Mitsprache-, sondern auch Stimmrecht, und der Papst hatte sich an die im weltlichen Prozess entstandenen Entscheidungen gebunden. Bezogen auf den DPR und die Entscheidungsprozesse im Erzbistum Köln sieht Regina Oediger-Spinrath da allerdings „noch Entwicklungspotential“.
