Uwe Stark, Vorsitzender des Kreisschiedsrichter-Ausschusses, spricht über neue Regeln und die Situation im Fußballkreis Euskirchen.
Kreisschiedsrichterchef Uwe Stark„Betrachtet eure Schiris wie eure Spieler“

Bewölkt und 15 Grad sind ihm am liebsten: Uwe Stark.
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Uwe Stark ist seit April 2022 Vorsitzender des Kreisschiedsrichter-Ausschusses und wurde vor kurzem für vier weitere Jahre im Amt bestätigt. Neben einem Rückblick auf die abgelaufene Spielzeit sprach der 64-Jährige auch über künftige Herausforderungen und die neuen Regeln und Änderungen für die Saison 2025/26.
Welche Ereignisse aus der vergangenen Spielzeit sind – in positiver wie in negativer Hinsicht – bei Ihnen hängengeblieben?
Uwe Stark: Sehr geärgert habe ich mich über einen Jugendtrainer, der bei einer Spruchkammerverhandlung sogar Eltern und Spieler instrumentalisiert hat, um von seinem eigenen Fehlverhalten abzulenken. Jeder darf Fehler machen, aber man sollte auch dazu stehen. Das Schlimmste daran war jedoch der Umgang mit der 16-jährigen Schiedsrichterin, die das vorherige Spiel aufgrund der permanenten Einflussnahme dieses Trainers abgebrochen hatte und danach am Boden zerstört war. Solche Menschen sorgen dafür, dass uns viele Schiedsrichter verloren gehen, und richten damit massiven Schaden an. In positiver Hinsicht ist mir die hohe Anzahl an motivierten Unparteiischen bei unserer Leistungsprüfung sowie die großartige Unterstützung des Kreisvorstands bei unserer Arbeit in Erinnerung geblieben.
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Die Zahl der Unparteiischen in Deutschland hat sich zuletzt positiv entwickelt. Wo sehen Sie die Gründe dafür?
Das Jahr des Schiedsrichters 2023, als viele Profi-Referees in die Abläufe eingebunden wurden und als Coaches für die jungen Unparteiischen fungiert haben, hat für einen enormen Aufschwung gesorgt. Auch die Spesen sind angehoben worden.
Was bekommt ein Schiedsrichter für eine Begegnung?
Für die Leitung eines Seniorenspiels, egal in welcher Kreisliga, gibt es 45 Euro, der Assistent erhält 25 Euro. Für Partien in der A- und B-Jugend erhält ein Unparteiischer 35 Euro, in der C- und D-Jugend 30 Euro. In der Bezirks- und Landesliga gibt es 40 beziehungsweise 50 Euro plus Fahrtkostenerstattung.
Im Fußballkreis Euskirchen gibt es 110 Schiedsrichter, 150 bräuchte man
Wie bewerten Sie insgesamt die Situation im Kreis Euskirchen?
Wir haben aktuell ungefähr 110 Schiedsrichter im Alter zwischen 13 und Ende 70, von denen etwa 90 regelmäßig Spiele leiten. Davon sind circa 20 Prozent Jungschiedsrichter, also unter 18 Jahren. In der Altersklasse über 50, wo wir viele zuverlässige Leute haben, sind wir überdurchschnittlich gut besetzt. Was uns fehlt, ist der Mittelbau von 35 bis 50. Insgesamt haben sich die Zahlen minimal verbessert, und wir haben weniger Probleme, unsere Lehrgänge vollzubekommen. Bei dem Thema ein Hinweis für alle Interessenten: Die nächsten Schiedsrichter-Anwärterlehrgänge bei uns im Kreis finden am 29. und 30. August sowie am 7. September statt.
Wo steht die Region im Vergleich zu anderen Kreisen in der Umgebung?
An der Einwohnerzahl gemessen stehen wir gar nicht schlecht da. Wenn es von den insgesamt 2300 Schiedsrichtern im gesamten FVM-Gebiet allein in Köln circa 500 gibt, klingt das zunächst einmal beeindruckend, aber da leben eben auch mehr als eine Million Menschen. Herausragende Arbeit leistet der Rhein-Erft-Kreis, der vor allem unheimlich viele junge Referees ausbildet. Das wirkt sich dann auch sehr positiv auf die Fördermittel des FVM aus.
Obwohl die Werte Ihrer Meinung nach ordentlich ausfallen, ist der Kreis Euskirchen nicht in der Lage, alle Partien im Seniorenbereich mit Schiedsrichtern zu besetzen.
Das ist leider richtig. Wir bräuchten mindestens 150 Schiedsrichter, um dieses Ziel zu erreichen. Während der Kreis Bonn, wo es sogar eine Kreisliga D gibt, alle Spiele abdecken kann, bleibt bei uns in der untersten Klasse, der Kreisliga C, teilweise die Hälfte der Begegnungen ohne Leitung. Das ist allerdings nicht an jedem Wochenende der Fall, an einigen Spieltagen passt es ganz gut.
Einigen Klubs fehlt die Wertschätzung ihrer eigenen Schiedsrichter
Was unternehmen Sie und der Verband, um die Situation zu verbessern?
Der Fokus liegt beim Nachwuchs. Wir versuchen, den Jungschiedsrichtern ihre Aufgabe mit positiven Erlebnissen schmackhaft zu machen. Zum Beispiel fahren wir gemeinsam zu Veranstaltungen wie dem FVM-Pokalfinale oder zu Länderspielen, auch ein Ausflug ins DFB-Museum nach Dortmund hat schon stattgefunden. Kürzlich gab es in Hennef ein großes, vom FVM organisiertes Turnier, an dem wir mit elf Schiedsrichtern teilgenommen haben.

Gegenseitiger Respekt zwischen Spielern und Schiedsrichter ist wichtig. Da hilft dann auch ein freundlicher Plausch.
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Das ist neu: Hält der Torwart künftig den Ball, muss der Unparteiische die letzten fünf Sekunden herunterzählen.
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Welche Rolle spielen die Vereine dabei?
Da fehlt mir bei einigen Klubs die Wertschätzung für ihre Unparteiischen. Erst, wenn es einen Verein Geld kostet, ist plötzlich Interesse vorhanden.
Können Sie das durch ein Beispiel präzisieren?
Jeder Schiedsrichter hat die Pflicht, mindestens 15 Spiele pro Saison zu pfeifen, ansonsten werden von den Betreffenden erhebliche Strafgelder verursacht, welche der Verein dann aufbringen muss. In der Winterpause haben wir die Klubs darüber informiert, wenn ein Unparteiischer weniger als 50 Prozent seiner erforderlichen Partien gemacht hat, damit diese noch rechtzeitig gegensteuern können. Es gab keinerlei Reaktionen darauf.
Wer keine Schiedsrichter meldet, erhält auch keine Spielleitung
Hat das nicht auch etwas mit Eigenverantwortung der Schiris zu tun?
Natürlich sollte es für jeden Schiedsrichter ein Leichtes sein, auf die nötige Anzahl zu kommen, zumal auch Testspiele in der Vorbereitung angerechnet werden. Da muss sich jeder selbst kümmern. Mir geht es allerdings darum, dass einige Vereine ihre Referees fast komplett außen vor lassen. Die bekommen eine Einladung zur Jahreshauptversammlung und vielleicht noch zur Weihnachtsfeier und das war's. Ich sage immer: Betrachtet eure Schiedsrichter wie eure Spieler, bezieht sie ins Vereinsleben mit ein.
Was passiert mit Vereinen, die das alles nicht interessiert?
Wir sind in letzter Zeit in der Kreisliga B und C dazu übergegangen, keinen Schiedsrichter mehr zu einer Partie zu schicken, in der zwei Vereine gegeneinander spielen, die selbst keine Unparteiischen gemeldet haben. Eigentlich müsste dieses Prozedere auch auf die Kreisliga A ausgedehnt werden. Das Ganze ist aber auch nur bedingt möglich, weil es zum Beispiel Lokalderbys gibt, in denen ein Spielleiter dringend benötigt wird.
Wie viele Vereine ohne Schiris gibt es denn im Kreis?
In der letzten Saison waren es 21, die nicht über die ausreichende Zahl an Schiedsrichtern verfügten. Pro Seniorenteam, das am Spielbetrieb im Kreis teilnimmt, ist ein Unparteiischer vorgeschrieben. Zehn hatten gar keinen Schiedsrichter gemeldet. Ich möchte aber nicht nur kritisieren. Es gibt mittlerweile viele Vereine, die Jungschiedsrichter zu den Lehrgängen anmelden. Das finde ich sehr gut.
Arne Lichtenhagen ist das größte Schiedsrichter-Talent im Kreis
In welcher Spielklasse pfeifen aktuell die besten Schiedsrichter des Kreises?
Maurice Kleber und Michael Erken leiten Spiele bis zur Landesliga, wobei Michael zuletzt immer wieder gute Bewertungen hatte und kurz vor dem Sprung in die Mittelrheinliga stand. Ich würde es ihm von Herzen gönnen, weil er sehr gut mit den Spielern umgeht und fast immer den richtigen Ton trifft.
Früher gab es Georg Dardenne oder einige Jahre später auch Thomas Metzen und Andreas Steffens, die es sogar bis in den Profibereich geschafft haben. Ist ein möglicher Nachfolger in Sicht?
Das ist jetzt vielleicht noch etwas verfrüht, aber es gibt ein Talent, das große Hoffnungen für den Kreis verspricht. Arne Lichtenhagen wird im September erst 16 Jahre alt und ist jetzt bereits 1. Assistent in der Landesliga, dürfte also bei einem Ausfall des Schiedsrichters die Spielleitung übernehmen. Er steht im Förderkader des FVM, ist unglaublich motiviert und wird von seinen Eltern voll unterstützt. Dank ihrem Einverständnis darf Arne bald regelmäßig bei den Senioren in der Kreisliga pfeifen. Daneben gibt es aber auch noch ein paar weitere sehr gute Schiedsrichter, die wir fest im Fokus haben.
Leiten Sie als Chef eigentlich selbst noch Spiele?
Da ich Spaß dran habe, kommt das noch ab und zu vor. Es sollte allerdings nicht zu warm sein, 15 Grad und ein bewölkter Himmel sind mir am liebsten. Mehr als fünf Freundschaftsspiele sind im letzten Jahr aber nicht zusammengekommen, ich bin also nicht gerade das allergrößte Vorbild.
Hält der Torwart den Ball zu lange, gibt es zukünftig einen Eckstoß
Welche Regeländerungen gibt es in der Saison 2025/26?
Wenn ich nur die für den Amateurfußball relevanten Regeln nenne, gibt es fünf wichtige Änderungen. Zum Beispiel wird der Kapitänsdialog nach einer erfolgreichen Testphase nun fest eingeführt. Hier möchte ich jedoch mit einem Missverständnis aufräumen: Das bedeutet nicht, dass der Schiedsrichter nun nicht mehr mit den Spielern reden darf, sondern hierbei geht es um die Vermeidung einer sogenannten Rudelbildung.
Dann ist ausschließlich der Kapitän einer Mannschaft der Ansprechpartner des Referees. Neben leichten Modifizierungen beim Schiedsrichterball, der Doppelberührung beim Strafstoß sowie Ballberührungen von nicht am Spiel beteiligten Personen auf dem Spielfeld, die eher Seltenheitswert haben, gibt es auch noch die Torwartregel, die etwas mehr Beachtung verdient.
Was ist hier neu?
Bislang durfte der Torhüter den Ball unbedrängt sechs Sekunden in den Händen halten. Hielt er ihn länger fest, gab es einen indirekten Freistoß. Diese Strafe wurde als zu hart empfunden. Nun darf der Torwart den Ball acht Sekunden halten, wobei der Schiedsrichter die Hand heben und die letzten fünf Sekunden mit den Fingern deutlich sichtbar herunterzählen soll. Gibt der Torwart den Ball bis dahin nicht frei, hat das jetzt einen Eckstoß zur Folge, was auch ich für deutlich angemessener halte.
Eine abschließende Frage, die natürlich nicht fehlen darf: Wie ist Ihre Haltung zum Videobeweis?
Es gibt Szenen, in denen man sich fragt, warum das jetzt wirklich noch mal und noch mal überprüft werden muss. Es gibt aber auch wirklich relevante Situationen wie im Frauen-EM-Viertelfinale zwischen Deutschland und Frankreich, als die Abseitsstellung der französischen Angreiferin erst durch die Bilder klar aufgelöst werden konnte und so das Gegentor aberkannt wurde, was das deutsche Ausscheiden verhinderte. Ich finde ihn grundsätzlich gut, wünsche mir aber eine abgespeckte Form.