Der Betrieb läuft weiter. Doch Blankenheim, Dahlem, Hellenthal und Schleiden befürchten eine weitere Verschlechterung der Versorgung in der Region.
Finanzprobleme in PrümBürgermeister im Kreis Euskirchen besorgt wegen Krankenhaus-Insolvenz

Von Schließung ist keine Rede, aber wie genau es weitergeht, ist offen: das St.-Joseph-Krankenhaus oberhalb von Prüm.
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Die angekündigte Insolvenz in Eigenverwaltung des St.-Joseph-Krankenhauses in Prüm hat die Bürgermeister der südlichen Gemeinden im Kreis Euskirchen alarmiert. Die Verwaltungschefs aus Blankenheim, Dahlem, Hellenthal und Schleiden befürchten eine weitere Verschlechterung der wohnortnahen, stationären medizinischen Versorgung. Wobei die Bestandssicherung des Prümer Krankenhauses klar ist: Findet sich kein Investor, müsste der Eifelkreis das Krankenhaus weiterführen.
Die gemeinsame Presseerklärung der Bürgermeisterin Jennifer Meuren (Blankenheim) und der Bürgermeister Jan Lembach (Dahlem), Martin Berners (Hellenthal) und Ingo Pfennings (Schleiden) ist der Ausdruck einer „großen Besorgnis“, wie es heißt. Denn Meuren, Lembach, Berners und Pfennings sehen die angekündigte Insolvenz in Eigenverwaltung durch den Krankenhausträger, die Josefs-Gesellschaft gAG in Köln, als weitere Verschlechterung der wohnortnahen medizinischen Grundversorgung.
Die Wege nach Euskirchen und Mechernich sind für viele schon jetzt sehr weit
Sie folge einer Einstellung wesentlicher Teile des stationären Angebotes des Krankenhauses in Schleiden. Schon das habe in den Kommunen „zu einer spürbaren Veränderung der bisherigen Versorgungsabläufe“ geführt, besonders durch den Wegfall der Notaufnahme. Seitdem seien die Wege bis nach Mechernich zum Kreiskrankenhaus, nach Simmerath oder zum Marien-Hospital in Euskirchen für manche Ortsteile „jetzt schon sehr weit“. Niedergelassene Hausärzte in den vier Südkreis-Kommunen berichteten davon, dass ihre Patienten mangels Alternativen im Kreisgebiet vermehrt medizinische Angebote „jenseits der Landesgrenzen“ nutzten, so das Quartett der Verwaltungschefs.
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Nun kommt die Unsicherheit, wie es in Prüm weitergeht, hinzu – auch wenn von einer Schließung des Krankenhauses dort keine Rede ist. „Eine weitere Schwächung durch Einschränkungen oder eine Schließung des Krankenhauses Prüm wäre für die gesamte Region ein deutlicher Rückschritt“, so die Bürgermeisterin und ihre drei Amtskollegen. Der Erhalt wohnortnaher Klinken sei schlicht „elementarer Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge“.

„Das Krankenhaus hat eine große Tradition in unserer Stadt. Es muss erhalten bleiben“, meint Stadtbürgermeister Markus „Mac“ Fischbach.
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Krankenhäuser müssten zwar wirtschaftlich geführt werden, seien aber „keine gewöhnlichen Unternehmen“. Sie trügen vielmehr „unmittelbare Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit der Menschen vor Ort“. Sie zu erhalten, sei daher „ein klarer Auftrag an die Politik, geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um so die medizinische Grundversorgung dennoch zu gewährleisten“.
Man werde daher eine weitere gemeinsame Erklärung an die Trägergesellschaft des Krankenhauses, an den Landkreis Bitburg-Prüm und an die Landesregierung Rheinland-Pfalz richten. Man setze sich entschieden dafür ein, dass der Standort Prüm erhalten bleibe und eine „tragfähige Zukunftsperspektive“ erhalte.
Das Krankenhaus Prüm braucht seit Jahren Zuschüsse
Doch wie konnte es überhaupt zu der von der Trägergesellschaft am 19. November angekündigten Insolvenz in Eigenverwaltung kommen?
Ein vom Krankenhausträger, der Josefs-Gesellschaft gAG in Köln, eingeschalteter Fachanwalt deutet mehrere Ursachen an. So sei das Krankenhaus seit Jahren von einem Zuschuss des Trägers abhängig. Steigende Personal-, Energie- und Sachkosten seien die Ursache. „Hinzu kommen die strukturbedingten Herausforderungen für ein Haus in einer ländlich geprägten Region. Das Haus erhält einen jährlichen Sicherstellungszuschlag“, so Anwalt André Dobiey. Die Finanzierung des Krankenhauses ist kompliziert (siehe „Krankenhausfinanzierung in Rheinland-Pfalz“).
Rechtsanwalt Dobiey: Alle Fachabteilungen werden weitergeführt
In Summe ist das 150 Planbetten-Haus in Prüm offenbar in eine Schieflage geraten – zwölf Monate nachdem im Dezember 2024 noch das 40-jährige Bestehen am Standort oberhalb des Kalvarienbergs von Prüm gefeiert wurde.
Von möglicher Schließung, so Anwalt Dobiey entschieden, sei jedoch keine Rede. Alle Fachabteilungen würden weitergeführt, auch die rund um die Uhr erreichbare zentrale Notaufnahme bleibe in Betrieb. Das gelte auch für das vom Krankenhaus unterhaltene Medizinische Versorgungszentrum im Bereich HNO sowie die hausärztliche Versorgung. Und über eine Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes der Agentur für Arbeit sei die pünktliche Auszahlung der Löhne für die 453 Mitarbeitenden am Prümer Krankenhaus „bis Ende Januar 2026 sichergestellt“, so Dobiey weiter. Danach würden die Personalkosten wieder „vollständig durch das Krankenhaus übernommen“.
Bei einer Insolvenz in Eigenverwaltung amtiert die Geschäftsführung weiter
Wäre es aber nicht zur Insolvenz in Eigenverwaltung gekommen, so der Rechtsanwalt gegenüber dem SWR, „wäre dem Krankenhaus zum Jahresende das Geld ausgegangen“. Bei einer solchen Insolvenz in Eigenverwaltung bleibt die Geschäftsführung im Amt. Im Falle des St.-Joseph-Krankenhauses wird eine Fachanwaltskanzlei eingeschaltet, der der gesetzlich vorgeschriebene amtlich bestellte Sachwalter zur Seite gestellt ist.
Die Eigenverwaltung mündet in der Regel in einen Insolvenzplan, der die Sanierungsmaßnahmen und die Befriedigung der Gläubiger regelt. Dazu passt, was Krankenhausgeschäftsführer Michael Wilke glaubt: „Dass wir unter dem Schutz der Insolvenzordnung eine dauerhafte und nachhaltige Sanierungslösung umsetzen können, die auch in Zukunft die Gesundheitsversorgung in der Region sicherstellt.“
Das Krankenhaus in Prüm versorgt ja alleine 25.000 Menschen in der Verbandsgemeinde Prüm.
Die Probleme liegen also tiefer. Insofern ist die Beunruhigung nicht nur bei den vier Verwaltungschefs der Kommunen im Süden des Kreises Euskirchen verständlich. Das gilt erst recht für die Lokal- und Regionalpolitiker vor Ort. „Das Krankenhaus in Prüm versorgt ja alleine 25.000 Menschen in der Verbandsgemeinde Prüm“, mahnt Markus Fischbach, frisch gewählter neuer Bürgermeister der Stadt, der als Prümer Urgestein selbstverständlich in St. Joseph, damals noch in der Stadt (siehe „Das Krankenhaus“), geboren wurde.
Auch der ebenfalls neu gewählte Verbandsgemeindebürgermeister Dr. Johannes Reuschen wurde von der „unerwarteten Nachricht“ getroffen. Sein Appell: „Unser St. Juppes ist unverzichtbar!“ Das sieht Andreas Kruppert, Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm, ähnlich: „Eine Schließung ist unter keinen Umständen eine Option!“
Mehrere Varianten stehen im Raum, auch ein Verkauf
Doch wie sehen die Alternativen aus? Zum einen sei eine zukünftige Kooperation mit anderen Kliniken möglich, meint Sanierungsanwalt André Dobiey. Was nicht automatisch eine Bestandsgarantie für alle Fachabteilungen bedeuten muss. Variante 2 wäre die Übernahme des St.-Joseph-Krankenhauses durch einen anderen Träger, also ein Verkauf. Alternativ könne es beim jetzigen Träger bleiben, aber ein Investor zur Kofinanzierung müsste einsteigen. „Oder es wird ein anderer Standort in Prüm für das Haus gesucht“, so Dobiey.
Auf Anfrage stellt das rheinland-pfälzische Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit klar: „Den Eifelkreis Bitburg-Prüm trifft insbesondere dann die Verantwortung, die medizinische Versorgung sicherzustellen, wenn sich kein anderer Träger findet, der das Krankenhaus mit einer langfristigen Perspektive übernimmt.“
Am Mittwoch hatte Staatssekretärin Nicole Steingaß zu einem „Runden Tisch“ (siehe „Von zentraler Bedeutung“) nach Mainz geladen, um über die Insolvenz des Krankenhauses zu sprechen. Mit dabei waren Vertreter der Trägergesellschaft des St.-Joseph-Krankenhauses, des Insolvenzverwalters, Landrat Kruppert und die Bürgermeister Reuschen und Fischbach.
Die Geschichte des Krankenhauses
Das St.-Joseph-Krankenhaus gibt es schon seit 1869 in Prüm. Zunächst als Kloster St. Joseph in Betrieb genommen, wurde es von einem Kuratorium verwaltet und von Franziskanerinnen geleitet.
1944 wurde das Gebäude vollständig zerstört, ein Notkrankenhaus am Standort an der Tiergartenstraße fiel 1948 – wie ein Großteil der noch nicht zerstörten Häuser in der Abteistadt – der Explosion eines Sprengstofflagers im Kalvarienbergbunker oberhalb der Bebauung zum Opfer. 1950 entstand ein Neubau wiederum an der Tiergartenstraße.
Im November 1984 folgte der Umzug in den größeren Neubau im Stadtteil Tafel. Das alte Krankenhaus der Nachkriegszeit wurde zum Sitz der Verbandsgemeinde Prüm erweitert und umgebaut. In der einstigen Krankenhauskapelle ist seitdem der Sitzungssaal.
Auch eine Trägerschaft des Landkreises ist denkbar
Für das in die Insolvenz geratene St.-Joseph-Krankenhaus in Prüm wird schon nach einem möglichen neuen Träger gesucht, der die Geschäfte von der Josefs Gesellschaft gAG (Köln) übernehmen kann. Das sei eine mögliche Option, teilte das rheinland-pfälzische Ministerium für Wissenschaft und Gesundheit nach einem ersten „Runden Tisch“ zur Problematik in Mainz am vergangenen Mittwoch mit. Teilgenommen hatten unter anderem Vertreter des Eifelkreises Bitburg-Prüm und der Krankenhausträgergesellschaft. Man wolle sich noch vor Weihnachten erneut treffen, so das Ministerium, um „bestehende Optionen“ zu prüfen. Dazu gehöre auch die Suche nach einem neuen Träger.
Landrat Andreas Kruppert hat zudem klargestellt, „dass er seine Verantwortung wahrnehmen“ werde. Sollte keine andere Lösung für den Fortbestand des Krankenhauses gefunden werden, müsste es in Trägerschaft des Landkreises weitergeführt werden. Nach Ministeriumsangaben waren sich alle Beteiligten einig, dass der Standort Prüm für die Sicherstellung der gesundheitlichen Versorgung im Eifelkreis „und darüber hinaus auch zukünftig von zentraler Bedeutung“ ist.
Wie die Krankenhausfinanzierung in Rheinland-Pfalz funktioniert
Die Finanzierung eines Krankenhauses ist auch in Rheinland-Pfalz eine komplizierte Sache. Etwa bei den Personalkosten: Alljährlich wird zunächst der sogenannte Landesbasisfallwert, ein Grundwert bei den Pflegepersonalkosten, festgesetzt. Der berücksichtigt allerdings nicht jede Tariflohnerhöhung. Dieser Wert wiederum bestimmt neben den Fallpauschalen das jährliche Pflegebudget der Krankenkassen für die Krankenhäuser. Das gilt auch für den Standort Prüm.
Das Geld wird erst im Nachhinein ausgezahlt, also ist eine Vorfinanzierung nötig. Dieses System gefährdet nach Ansicht von Experten die Liquidität von eher kleinen Häusern in Trägerschaft einer privaten GmbH wie im Fall des St.-Joseph-Krankenhauses in Prüm.
Das Haus gilt im Sinne der Grundversorgung als „Sicherstellungskrankenhaus“, wie es etwa auch für das Maria-Hilf-Krankenhaus in Daun gilt. Es erhält zudem von den Krankenkassen einen jährlichen sechsstelligen „Sicherstellungszuschlag“.
Das deutlich kleinere Marienhaus Klinikum Gerolstein wurde hingegen 2023 geschlossen und ist heute eine Fachklinik für Psychiatrie.

