Die Politiker haben entschieden: Der Kreis Euskirchen löst sich von der Region Aachen und orientiert sich in Richtung Köln/Bonn.
Schluss mit AachenPolitische Mehrheit im Kreis Euskirchen spricht sich für Köln/Bonn aus

Der Kreis Euskirchen wird sich neu ausrichten und sich der Region Köln/Bonn anschließen - und sich vielleicht an die Schönheit gewöhnen.
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Jetzt soll es mit Vollgas in Richtung Rheinschiene gehen. Der Kreis Euskirchen will zum 31. Dezember 2027 aus dem Region Aachen Zweckverband (RAZV) austreten und sich stattdessen der Region Köln/Bonn anschließen. Eine entsprechende Kündigung soll fristgerecht noch in diesem Jahr erfolgen. Dafür stimmte der Kreistag mit den Stimmen der CDU, der SPD und der FDP. Gegenstimmen gab es von den Grünen, der Linken und aus der AfD-Fraktion (eine Gegenstimme).
Jörg Grutke, Fraktionsvorsitzender der Grünen, begründete das Nein seiner Partei so: „Wir sehen die Gefährdung von Förderprogrammen. Wir stolpern überstürzt in ein Wechselabenteuer und ganz nebenbei nehmen wir auch noch in Kauf, den Wirtschaftsraum Aachen zu schwächen.“ Er hätte sich eine deutlichere Abwägung der Pro- und Kontra-Argumente gewünscht. Und er bezweifelte, dass man bei der Region Köln/Bonn sofort an die ganz großen Töpfe komme.
Das ist eine grundsätzliche, wahrscheinlich eine überfällige Weichenstellung für die kommenden Jahre.
Frederik Schorn, Fraktionsvorsitzender der FDP, begrüßte hingegen den geplanten Schritt. „Das ist eine grundsätzliche, wahrscheinlich eine überfällige Weichenstellung für die kommenden Jahre“, so der Liberale.
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Auch Karsten Stickeler, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, fand positive Worte. Es sei eine große Chance für den Kreis Euskirchen, sagte der Weilerswister.
Landrat Markus Ramers (SPD) sagte, dass es für einen neuen Kreistag zu Beginn einer Wahlperiode „eine große Entscheidung“ sei, die regionale Verortung eines Kreises um 180 Grad zu verändern. Für ihn und die Verwaltung sei es wichtig gewesen, dass man keine Förderprojekte und -kulissen leichtfertig aufs Spiel setze.
Keine negativen förderpolitischen Konsequenzen durch den Umstieg zu erwarten
Ein Gespräch mit dem Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (MWIKE) habe ergeben, so Landrat Markus Ramers, „dass keine negativen förderpolitischen Konsequenzen durch den Umstieg zu erwarten sind.“ Auch die Förderprogramme der Europäischen Union – etwa der Interreg-Kleinprojektefonds – bleiben laut Ramers dem Kreis Euskirchen dem Ministerium zufolge uneingeschränkt zugänglich.
Die Verwaltung befürwortet den geplanten Wechsel, den die Große Koalition von CDU und SPD per Antrag angestoßen hat, zu einer neuen regionalen Ausrichtung. Sie hat nach eigenen Angaben dafür in den vergangenen Wochen Rücksprache mit den zuständigen Ministerien des Landes gehalten.
Kulturregion Köln/Bonn statt Aachen
Mit dem Beitritt zur Region Köln/Bonn würde der Kreis Euskirchen künftig zur Kulturregion Rheinschiene gehören und nicht länger Teil der Kulturregion Aachen sein. Förderanträge im Rahmen des Landesprogramms Regionale Kulturpolitik (RKP) müssten dann in der neuen Region gestellt werden. Bestehende Kooperationen mit Partnern aus der bisherigen Kulturregion – etwa das bekannte Jugendkulturprojekt „Rampenfieber“ – könnten nach Rücksprache mit dem zuständigen Kulturbüro in Einzelfällen fortgesetzt werden.
Eine Besonderheit der bisherigen Region Aachen sei die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit Belgien und den Niederlanden, so die Verwaltung. Diese Form der Kooperation wäre in der Rheinschiene künftig nicht mehr über RKP-Projekte möglich.
Keine Auswirkung auf die Ersthelfer-App „Region Aachen rettet“
Der Region Aachen Zweckverband hat laut Verwaltung in einer eigenen Stellungnahme auf die Anfrage aus Euskirchen reagiert. Darin werde darauf hingewiesen, dass derzeit nicht alle möglichen Folgen eines Austritts vollständig absehbar seien. Das Thema Tourismus und die Zusammenarbeit im Rheinischen Revier seien dabei bewusst ausgeklammert worden.
Die Verwaltung des Kreises relativiert in ihrer eigenen Bewertung jedoch die Rolle des Zweckverbands bei mehreren gemeinsamen Projekten. So seien Formate wie das „After-Work-Café“ oder „Wer wird Mamas Chef?“ ursprünglich vom Kreis Euskirchen initiiert worden. Auch beim Wegweiser Wiedereinstieg oder dem Kompetenznetzwerk Familienfreundliche Unternehmen habe der Kreis eine führende Rolle gespielt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt betrifft die Ersthelfer-App „Region Aachen rettet“, ein Smartphone-basiertes Alarmierungssystem zur schnellen Hilfe bei Notfällen. Der Zweckverband ist derzeit Vertragspartner des App-Betreibers. Die neue Ausschreibung läuft für vier Jahre. Nach Angaben der Verwaltung ist die Fortführung des Systems für den Kreis Euskirchen unabhängig von der Verbandsmitgliedschaft möglich.
Die Finanzierung erfolgt direkt durch die beteiligten Kreise. Eine Zusammenarbeit mit Nachbarkreisen könne auch über öffentlich-rechtliche Vereinbarungen gesichert werden. Für den Rettungsdienst sei das System besonders im ländlichen Raum unverzichtbar – mehr als 1800 freiwillige Ersthelferinnen und Ersthelfer sind derzeit im Kreis registriert.
Rettungsbedarfsplan einstimmig beschlossen
Neben dem Anschluss an die Region Köln/Bonn ging es in der Kreistagssitzung auch um den Rettungsbedarfsplan für den Kreis. Dieser wurde von den Parteien einstimmig abgesegnet. Zudem wurden auch neue Bildungsgänge an den Berufsschulen in Köln und Kall sowie der neue Förderschulcampus in Kuchenheim auf den Weg gebracht.


