Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Selleriesaft statt Wodka-TonicSo hat sich Rock am Ring hinter den Kulissen verändert

Lesezeit 5 Minuten
Das Bild zeigt eine Frau, die vor der Bühne steht und zu einem Song der Broilers mitsingt.

Die Fans freuen sich auf die Jubiläumsausgabe von Rock am Ring. Das Festival ist seit Wochen ausverkauft.

Der Veranstalter von Rock am Ring, Matt Schwarz, spricht über die große Geburtstagssause des Festivals auf dem Nürburgring.

Zum 40. Jubiläum von „Rock am Ring“ (RaR) wird es zur Eröffnung eine Überraschung geben. „Wir werden das Festival auf der Hauptbühne mit zwei Acts eröffnen, die wir vorher nicht bekanntgeben“, sagte Matt Schwarz, Veranstalter von „Rock am Ring“ und dem Schwesterfestival „Rock im Park“ in Nürnberg. „Das sind Bands, die sonst eigentlich keine Festivals eröffnen, sondern eher schließen“, so der RaR-Chef.

Eine zweite Bühne sei dieses Jahr genauso groß wie die Hauptbühne, sagte Schwarz. „Beide sind höher und breiter als bisher, mit viel mehr Licht und verbessertem Sounddesign. Es wird imposanter als je zuvor.“

Bei Rock am Ring werden in diesem Jahr mehr als 100 Acts auf den Bühnen stehen

Schon drei Monate vor dem Festivalwochenende war RaR nach Veranstalterangaben ausverkauft. „Noch nie zuvor waren so früh 90.000 Tickets für das Mega-Event am Nürburgring vergriffen“, teilte der Veranstalter mit. Für das Zwillingsfestival „Rock im Park“ in Nürnberg sind demnach bislang rund 70.000 Tickets verkauft worden.

Anlässlich des 40. Jubiläums werden von Freitag bis Sonntag insgesamt 100 Acts auf vier Bühnen auftreten. Gleichzeitig findet „Rock im Park“ in Nürnberg statt – dort wird 30-Jähriges gefeiert. Im vergangenen Jahr waren jeweils rund 80.000 Menschen bei den Festivals.

In der 40-jährigen Geschichte hat sich Deutschlands bekanntestes Rock-Festival deutlich gewandelt. „Der Fokus auf das Erlebnis ist das, was ich herausstellen würde. Sowohl, wie sich der Anspruch des Publikums entwickelt hat, als auch von unseren Produzenten“, erklärt Schwarz: „Das Bühnengeschehen ist nicht mehr der einzige Mittelpunkt.“

Es wird deutlich weniger geraucht, früher war das überall der Fall.
Matt Schwarz, Organisator von Rock am Ring

Auch das Rockerleben hinter den Kulissen ist laut Veranstalter deutlich ruhiger geworden. „Es wird deutlich weniger geraucht, früher war das überall der Fall. Wir verbieten das schon seit längerer Zeit und viele Bands wollen das ebenfalls nicht mehr“, sagte Schwarz: „Es war früher schon eine wildere Zeit. Es werden viele älter, nicht nur wir. Wir haben jedes Jahr mehr Leute für Massagen und Physiotherapie, die wir den Bands anbieten.“

Der Lifestyle habe sich verändert, sagte auch Festival Director Jana Posth: „Da wird dann eher mal Selleriesaft getrunken als Wodka-Tonic.“ Das Festival wuchs - und damit auch die Kosten für das Musikspektakel. „Die Kosten sind gestiegen, im Gagenbereich, aber auch in den Produktionskosten“, erklärte Schwarz: „Durch die Komplexität der Anforderungen sind wir enormen Steigerungen ausgesetzt.“ Die könne und wolle man nicht komplett auf die Preise umlegen. „Wir wollen niemanden vom Festival ausschließen“, so Schwarz.

Bedeutung von Rock am Ring war immer groß

Doch auch die finanziellen Interessen der Bands hätten sich geändert. „Als ich angefangen habe, war das Gagenvolumen ein Viertel von dem, was es heute ist“, sagte der Veranstalter: „Aber die Ticketeinnahmen alleine reichen nicht mal zu Deckung der Kosten. Dafür braucht man die anderen Einnahmen vor Ort.“

Die Bedeutung des Festivals sei in den vergangen 40 Jahren stets groß gewesen. „Die Gründer von Rock am Ring haben natürlich den Weg bereitet für alles, was danach kam. Das war Pionierarbeit“, so Schwarz. Als er 2003 auf Seiten des Veranstalters angefangen habe, sei die Strahlkraft von RaR nicht kleiner gewesen als heute. „In Amerika musst du Rock am Ring nicht groß erklären, das kennen die Leute“, sagte er.

Das Bild zeigt die Fans vor der Hauptbühne des Festivals. Eine Frau sitzt auf den Schultern eines Fans und klatscht in die Hände.

Die Vorfreude bei den Fans von Rock am Ring ist groß.

„Rock am Ring ist für die Region ja auch unheimlich wichtig“, sagte Festival Director Posth. Die Zusammenarbeit mit den örtlichen Behörden sei immer super, ergänzte Matt Schwarz. „Wir haben das Gefühl, dass wir sehr gerne zu Gast sein dürfen.“

1985 kamen mehr als 70.000 Musikfans zum ersten Rock am Ring auf dem Nürburgring. Nicht mal 20 Bands und Künstler standen auf der Bühne, darunter Joe Cocker, U2 und Chris de Burgh.

1988 legte das Festival eine Pause ein, weil die Zuschauer ausblieben

In den 40 Jahren lief auch nicht alles glatt. Nach einem Einbruch der Besucherzahlen 1988 legte das Festival eine zweijährige Pause ein. 2015 und 2016 fand das Festival auf dem Flugplatz Mendig statt – bei Blitzeinschlägen wurden in beiden Jahren Dutzende Festivalbesucher und -besucherinnen verletzt.

2017 kehrte das Festival zum Nürburgring zurück, doch auch hier gab es einen Zwischenfall. Wegen Terrorgefahr wurde das Festival am Freitagabend unterbrochen und das Gelände geräumt. Am Samstag konnte das Festival aber fortgesetzt werden. 2020 und 2021 zog die Corona-Pandemie dem Festival den Stecker.

Bei RaR gehe es wirklich um die Musik, meint Schwarz: „Die Leute kommen nicht, weil es ein instagrammable Moment ist. Die Musik ist der rote Faden. Die Verbindung der Fans mit dem Festival ist besonders.“Es sei immer das Ziel, einen guten Mix hinzubekommen. „Der Schwerpunkt dreht sich um Gitarrenmusik: Rock, Alternative, Metal“, sagte er. Im Publikum gebe es alle Facetten unserer Gesellschaft. „Auch früher schon haben hier Acts gespielt wie Anastasia oder die Fugees“, sagte er: „Rock am Ring ist dabei ein bisschen ein Labor für den Zeitgeist, den ich versuche, programmatisch abzubilden.“


Eröffnet wird Rock am Ring mit Very Special Guests

Eröffnet wird Rock am Ring am Freitag, 6. Juni, um 13.30 Uhr mit einem „Very Special Guest“. Wer das ist, werde nicht verraten, sagt Organisator Matt Schwarz. Es sei aber ein Act, der eher Festivals beende als eröffne. Gleiches gilt für die beiden Acts im Anschluss. Headliner sind am ersten Tag „Bring me the Horizon“ und „The Prodigy“. Zudem stehen bei Rock am Ring an den kommenden beiden Tagen „Slipknot“, „Rise Against“ und „Korn“ auf der Bühne. Am Sonntag um 0.50 Uhr spielt zudem „Kasalla“ am Nürburgring, der seit Wochen ausverkauft ist.