Die Reenactment-Gruppe „Comitatensis Truncensimani“ stellte am 18. und 19. September 2025 unter anderem antike Kampftechniken dar.
Texaner wird Legionär„Comitatensis Truncensimani“ inszenierte Römerlager in Nettersheim

Marschformationen der römischen Soldaten wurden bei dem Römerlager vorgeführt
Copyright: Stephan Everling
Fernreisen sind in der Urlaubszeit gang und gäbe, doch die Möglichkeit zu einer Zeitreise, und das auch noch ganz in der Nähe, das lockte am Wochenende viele Zuschauer an. In Nettersheim fand wieder das Römerlager statt, und bot den Besuchern mit den Darstellern der „Comitatensis Truncensimani“ die Möglichkeit, das Leben römischer Soldaten hautnah mitzuerleben. Auch mehrere Institutionen, die im Bereich der Bodendenkmalpflege tätig sind, stellten am Sonntag ihre Tätigkeiten vor.

Die Taktik römischer Einheiten wurde bei dem Römerlager vorgeführt.
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Doch zuerst einmal gehörte der Archäologische Landschaftspark den „Truncensimani“ in ihren originalgetreuen Kostümen. „Reenactment“ oder „Living History“ heißt das, was sie machen. So realitätsnah wie möglich leben sie nach historischen Vorbildern den Alltag der Menschen in früheren Epochen nach. Wenn es um die römischen Soldaten geht, dann spielen auch die Waffen, die Taktik und die Kampftechniken eine wichtige Rolle.
„Comitatensis Truncensimani“ stellen Römer nach intensiver Recherche dar
Die Interessengemeinschaft „Comitatensis Truncensimani“ habe sich aus der „Classis Augusta Germania“ gebildet, die sich die Darstellung des römischen Militärs im 1. Jahrhundert nach Christus zum Ziel gesetzt hatte, erläuterte Joachim Lommen. Das Vorbild für die „Truncensimani“ sei dagegen die Spätantike, die Zeit des 4. Jahrhunderts, als das Nettersheimer Kastell die Straße nach Trier bewachte.
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Die Waffen der „Truncensimani“ werden nach originalen Vorbildern hergestellt, links steht Karl Burgwalder, rechts Joachim Lommen.
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Um das so realitätsgetreu wie möglich zu machen, sind intensive Recherche und die genaue Kenntnis der Gegebenheiten in den verschiedenen Epochen unabdingbar. So sind die rund 20 Darsteller tief in die Materie eingestiegen: Denn die Ausrüstungsgegenstände werden zu einem guten Teil von ihnen selbst hergestellt.
Etwa von Karl Buchwalder, der seine Schwerter samt Scheiden nach historischen Vorbildern schmiedet. Im Jahr 2000 sei er ausgewandert, um in der amerikanischen Armee zu dienen, erzählte er über sich. Nach seinem Ausscheiden komme er regelmäßig aus St. Angelo in Texas/USA nach Europa, um hier seinem Hobby, dem Reenactment, nachzugehen. „Es gibt auch römische Reenactment-Gruppen in Texas, aber ohne den historischen Hintergrund“, sagte er.
Das römische Heer soll diszipliniert gewesen sein
Das römische Heer sei gegenüber den germanischen Stämmen, die den Kampf Mann gegen Mann bevorzugten, sehr diszipliniert gewesen, begründete er seine Faszination für das Zeitalter. „Es gibt Belege dafür, dass die Römer durch ihre Disziplin Schlachten gewonnen haben, in denen sie zahlenmäßig unterlegen waren“, erläuterte Buchwalder.

Genagelte Stiefel trugen die römischen Soldaten, wobei die Nägel schnell abgenutzt waren.
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Die Unterschiede zwischen dem 1. Jahrhundert, als die Römer nach Germanien gekommen seien, und der Spätantike, wie die „Truncensimani“ sie wieder zum Leben erwecken, seien massiv, führte Buchwalder aus. „Im späten 3. Jahrhundert gab es unter Kaiser Diokletian eine große Militärreform, da es eine Wirtschaftskrise gab“, erklärte er. Die Legionen seien von 5000 Soldaten auf 1000 reduziert und Menschen anderer Nationen integriert worden, die wieder andere Waffen mitgebracht hätten.
Die Vorbilder für Buchwalders Waffen seien im Thorsberger Moor bei Schleswig gefunden worden, verriet er. Doch manches Detail bleibe dem Ausprobieren oder der Fantasie überlassen, da es weder Funde noch schriftliche Quellen dafür gebe. Wie die Wurfpfeile, die „plumbatae“, die von den römischen Soldaten auf anstürmende Gegner geworfen wurden. Doch wie sie im Kampf bereitgehalten wurden, sei nicht überliefert, sagte Lommen und zeigte seine Lösung: Eine Halterung für mehrere dieser kurzen, schweren Pfeile, die er an seinem Schild befestigt hatte.
Taktik, Formation und Kampftechniken mit Repliken
Die Taktik der römischen Soldaten, ihre Formationen und Kampftechniken wurden an diesem Wochenende wiederholt präsentiert. Doch auch das Alltagsleben, die Kleidung, Gesellschaftsspiele und ihre handwerklichen Künste demonstrierten die Darsteller. Immer wieder zogen die Besucher durch das Zeltlager und bestaunten die ausgestellten Repliken der originalen Ausrüstungsgegenstände. Dabei durften sie den „Truncensimani“ auch jede Menge Löcher in den Bauch fragen. „Das kann sehr interessant sein“, sagte Lommen lächelnd. Erstaunlich viele Kinder kämen mit Vorwissen in die Lager.

Nach römischen Vorbildern sind auch die Spiele, mit denen sich die Teilnehmer des Lagers die Zeit vertreiben.
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Das hatte auch Christoph Ludwicki aus Jülich, der auf den ersten Blick nicht von den Darstellern zu unterscheiden war. Denn er hatte für seinen Besuch im Römerlager sein eigenes spätantikes Gewand angelegt. „Ich bin aktiv in mehreren Gruppen und habe insgesamt acht verschiedene Darstellungen vom 1. bis in das 19. Jahrhundert“, sagte er. Die römische Vergangenheit sei für ihn ein besonders spannendes Thema: „Die Dinge liegen vor der Haustür.“ Und da er schon einmal im Lager war, wurde er von der „Truncensimani“ kurzerhand in die Truppe integriert und marschierte so bei der nächsten Vorführung als Soldat mit.
Während die „Truncensimani“ im Kastell lagerten, war am Steinrütsch, wenige Meter weiter, der informative Teil des Römerlagers aufgebaut. „Wir haben ein großes Netzwerk von Institutionen, mit denen wir eng zusammenarbeiten und die am Sonntag ihre Arbeit vorstellen“, sagte Linda Lorbach, Archäologin in Diensten der Gemeinde Nettersheim.
Mit dabei waren das BNE-Regionalzentrum Naturzentrum Eifel, das, das Jüdische Museum im Archäologischen Quartier Köln des LVR „MiQua“, das LVR-Amt für Bodendenkmalpflege aus Bonn, der Freundeskreis Römerkanal, der VIA – Erlebnisraum Römerstraße, die Kalkbrennerei Iversheim, der Förderverein Historischer Park Deutz, der Ammianus-Verlag und die Minzerin, bei der die Besucher die Erstellung römischer Kräutermischungen ausprobieren konnten.
Der Archäologische Landschaftspark
Der Archäologische Landschaftspark in der Gemeinde Nettersheim ist eine Besonderheit in der Eifel. Denn hier wurden schon vor vielen Jahren immer wieder Überreste römischer Besiedelung gefunden.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde der „Görresburg“ genannte Matronentempel entdeckt. Dass dies nicht alles war, was nicht weit entfernt auf dem Hang in Richtung Urft verborgen lag, wussten die Altvorderen, die diesen Bereich „Auf der Alten Gasse“ nannten. Ein passender Name, denn hier verlief nicht nur die Römerstraße von Köln nach Trier, hier wurden im Jahr 2009 die Reste römischer Besiedlung entdeckt.
In den Folgejahren konnte hier eine komplette Ortschaft nachgewiesen werden, sowie ein Kleinkastell, durch das die Straße führte. 2014 wurde der Archäologische Landschaftspark eröffnet, in dem ein Teil der Funde rekonstruiert wurde und so einen Einblick in die Geschichte des Ortes liefert.
Dorf an Urft könnte das historische Marcomagus sein
Genauere Informationen zum Schicksal des „vicus“, wie die Ortschaft mit dem lateinischen Wort für „Dorf“ bezeichnet wird, lieferten die Ausgrabungen in dem Areal. Ob hier tatsächlich Marcomagus gefunden wurde, der Ort, der auf der antiken Straßenkarte des römischen Reiches, der Tabula Peutingeriana, verzeichnet ist, darüber ließe sich streiten.
Bei den Grabungen, die Professor Salvatore Ortisi von der Universität Köln mit seinen Studenten durchführte, wurden keine Belege gefunden. Sicher ist aber, dass der vicus gegen Ende des 3. Jahrhunderts zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Das Kleinkastell dagegen, dessen Fundamente in der Urftaue zu sehen sind, wurde in der Spätantike, zu Anfang des vierten Jahrhunderts, errichtet.
Dass der Name des Dorfes Marmagen sich von dem antiken Marcomagus ableitet, ist wahrscheinlich. Allerdings sind dort keine Siedlungsreste gefunden worden. Auch liegt Marmagen nicht direkt an der Römerstraße, sondern einige Kilometer weiter westlich. Deshalb ist es möglich, dass der vicus an der Urft das historische Marcomagus ist. (sev)