Euskirchen – Ellen Behrenbeck, die Familienhebamme des Caritasverbandes Euskirchen, meldete schon 2014 dringenden Raumbedarf an: Mit der steigenden Zahl an Flüchtlingen fanden sich zunehmend mehr Schwangere unter den Klientinnen der beiden Hebammen.
„Da aber die Familien in den Unterkünften auf engstem Raum leben, war es nicht möglich, sich intim mit den Frauen auszutauschen, Untersuchungen durchzuführen oder andere hebammenspezifische Arbeiten durchzuführen“, so Cilly von Sturm, Fachbereichsleiterin „Kinder Jugend, Familie“.
Im Juli 2015 gab es dann die erfreuliche Nachricht seitens des Ehe- und Familienfonds des Erzbistum Köln. Dort hatte man einen Antrag auf Projektförderung gestellt, die wurde in Höhe von 55 000 Euro zugesagt. Zwei Jahre lang kann somit der Beschäftigungsumfang der beiden Familienhebammen Ellen Behrenbeck und Karin Heuken-Moll um 15 Wochenstunden erweitert werden. Zudem konnte von dem Geld ein speziell eingerichtetes Behandlungszimmer in der Geschäftsstelle an der Wilhelmstraße hergerichtet werden.
Im Praxisalltag der beiden Familienhebammen wird dieses Zimmer nun für Beratungsgespräche, Untersuchungen oder einfach nur als Rückzugsort für belastete Schwangere, insbesondere geflüchtete Frauen, genutzt. „Es bietet Ruhe und den Raum, sich einfach mal zurückzuziehen und sich auf sich selbst zu besinnen“, so Ellen Behrenbeck. In der Ruhe und Harmonie des hübsch eingerichteten Zimmers gelinge es auch, die Mutter mit dem Ungeborenen in Kontakt zu bringen. „Es ist zwar nur ein klitzekleines bisschen Auszeit, aber in der kann bei den Frauen durchaus etwas erwachsen, das ihnen hilft, alles Weitere besser zu bewältigen.“
Allein seit August 2015 betreuten die beiden Familienhebammen 15 bis 20 geflüchtete Schwangere in 86 Beratungskontakten. Dabei wurden 114 Arbeitsstunden geleistet – zusätzlich zu den bereits vorhandenen Beratungskontakten. Die Hilfe suchenden Frauen wurden in Schwangerschafts- und Kinderpflegefragen beraten und auch bei der Vermittlung und Begleitung zu Behörden, Ärzten, Institutionen und Integrationsangeboten unterstützt. Zur Seite stehen den beiden Hebammen bei Bedarf Arabisch und Farsi (Persisch) sprechende Sprachmittler.
Nicht selten beeinträchtigen die Fluchtgeschichten auch die Schwangerschaften der Frauen. Wer sexuelle Gewalt erfahren hat, braucht auch unter der Geburt eine besondere Betreuung. „Wir gehen dann auch mit zur Anmeldung ins Krankenhaus, besuchen gemeinsam den Kreißsaal und besprechen die besondere Problematik mit dem Team vor Ort. Man versucht in einem solchen Fall, anstehende Untersuchungen nur von Frauen durchführen zu lassen“, erklärte Behrenbeck.
„Die Kontaktaufnahme zu den geflüchteten Schwangeren erfolgt meist in deren häuslichem Lebensumfeld. Was auch sehr gut ist, denn dort sind zunächst einmal wir in der Rolle des Gastes“, erläuterte Ellen Behrenbeck, die betonte, dass sie stets sehr freundlich und wertschätzend in den Unterkünften empfangen würden. Die Angebote, die die Familienhebammen machen, würden dankend angenommen. Die Frauen freuten sich, dass sich jemand um sie kümmere, sie wahrnehme und umsorge. „Gerade bei jungen werdenden Müttern ist es oft so, dass ihnen das stützende System der Familie fehlt und damit auch das gewachsene Wissen der älteren Frauen“, berichtete Karin Heuken-Moll. Wohingegen ältere Frauen, die bereits Kinder geboren haben, ihre eigenen Erfahrungen bereits mitbringen. „Das ist oftmals sehr spannend zu erleben, wie manches in deren Kultur gehandhabt wird – spezielle Tragetechniken von Babys oder straffe Bauchwickel im Wochenbett“, berichteten die beiden Hebammen. „Vieles geht eben auch anders, als wir es kennen.“
Wie es nach den beiden Projektjahren weitergeht, kann noch niemand sagen. „Der Bedarf wird nicht weg sein, im Gegenteil“, versicherte Horst Lennartz, ehrenamtlicher Vorstand des Caritas-Kreisverbandes Euskirchen. „Dann müssen wir eben einen Weg finden, dieses Angebot auch im Anschluss weiterzufinanzieren.“