Impfungen beim BetriebsarztWelche Betriebe der Region machen mit?

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DEVK-Vorstandschef Gottfried Rüßmann lässt sich impfen

Köln – Bei den Corona-Impfungen in Deutschland sollen spätestens ab der Woche vom 7. Juni auch die Betriebsärzte einbezogen werden. Dann, so sagt es NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann, wird auch die bisherige Priorisierung in den Hausarztpraxen fallen, so dass sich dort jeder um einen Termin bemühen kann.

Viele – vor allem große – Unternehmen stehen in den Startlöchern. Für sie, so ergab eine Umfrage in zahlreichen ausgesuchten Firmen der Region, ist die Vorbereitung aufs Impfen der eigenen Belegschaft kein Problem. Schwieriger hingegen ist es bei den vielen kleineren Betrieben, die nicht über eigene Betriebsärzte verfügen. Die Spitzenverbände der Deutschen Wirtschaft haben Handlungsempfehlungen für die Firmen mit ihren mehr als 31 Millionen Beschäftigten aufbereitet (www.wirtschafttestetgegencorona.de)

Beispiel Dienstleister

Bei der Telekom laufen die Vorbereitungen für 18 Impfstraßen. Die in Bonn ist bereits fertiggestellt. „Sobald die Freigabe erfolgt und Impfstoff zugeteilt ist, könnten wir mit dezentralen und in 18 Standorten bundesweit breit verteilten Impfstraßen in gut acht Wochen 80 Prozent unserer knapp 90 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern impfen“, sagt Pressesprecher Husam Azrak: „Wir würden auch Angehörige impfen, sofern dies durch die Gesundheitsbehörden erwünscht ist und Impfstoff freigegeben ist.“

Die Deutsche Post sieht sich ebenfalls gerüstet, mit Hilfe Ihres Betriebsärzteteams den 230 000 Mitarbeitern ein Impfangebot zu machen. „Da die Rahmenbedingungen aktuell noch sehr dynamisch sind“, konnte Pressesprecherin Hannah Braselmann aber keine Einzelheiten nennen.

Auch Allianz-Versicherung nimmt teil

Auch die Allianz-Versicherung macht im großen Stile mit. „Wir haben 27 Impfstraßen an 15 zentralen Standorten der Allianz in Deutschland eingerichtet“, heißt es beim Konzern. Rund 100 Ärztinnen und Ärzte – Betriebsmediziner und Angehörige anderer Fachrichtungen – stehen bereit. Insgesamt rund 2300 Mitarbeiter haben sich bundesweit als freiwillige Helfer gemeldet. Deutschlandweit kann Allianz nach eigenen Angaben 2500 Dosen täglich verimpfen – nicht nur an Mitarbeiter eigener Gesellschaften , sondern auch an die Vertreter, deren Angestellte in den Agenturen, die externen Mitarbeiter in den Betriebsstätten sowie die Familienangehörigen der Mitarbeiter. Rechnerisch könnten sich rund 75 000 Personen bei der Allianz melden.

Wer von denen bereits anderweitig geimpft worden ist oder sich nicht impfen lassen möchte, ist unklar. Doch, so der Konzernsprecher Mario Ghiai, rechnet man damit, dass viele das Angebot annehmen. Auch die Gothaer Versicherungsgruppe hat in ihrer Kölner Zentrale eine Impfstraße erfolgreich erprobt. Weitere würden an verschiedenen Standorten in ganz Deutschland geplant. „Zum 7. Juni sind wir bereit“, sagt Sprecher Klemens Surmann. Sei genug Impfstoff da, könnten – allein am Kölner Standort – pro Tag bis zu 700 Mitarbeiter geimpft werden.

Organisation bei DEVK in Köln

Pfiffig hat sich die DEVK in Köln organisiert. Die Impfungen haben bereits am Freitag begonnen. „Astrazeneca kann über Hausarztpraxen unbegrenzt bestellt werden. Wir arbeiten hier mit der Kölner Hausarztpraxis Anselm Ostermann-Myrau zusammen, die für uns bereits Impfstoff besorgt hat“, sagt Pressesprecherin Maschamay Poßekel. Die DEVK verfügt über vier fertige Impfstraßen, in denen gut 340 Mitarbeiter pro Tag geimpft werden können.

Der Spezial-Chemiekonzern Lanxess möchte allen Mitarbeitenden in Deutschland ab Anfang Juni ein Impfangebot machen und rechnet mit hoher Impfbereitschaft. Lanxess, so Pressesprecher Mark Mätschke, nutzt für die Impfungen der Mitarbeiter in Köln und an den Niederrhein-Standorten die werksärztliche Abteilung des Chemie-Parkbetreibers Currenta.

Beispiel Industrie

Auch die Bayer AG will so schnell wie möglich anfangen zu impfen, sagt Sprecher Markus Siebenmorgen. „In unseren Planungen gehen wir davon aus, alle Mitarbeiter, die dies wünschen, innerhalb von zwei bis drei Wochen einmal zu impfen, sobald genügend Impfstoff zur Verfügung steht.“ Die logistischen Voraussetzungen dafür (Impfstraßen, Terminvergabe-Tool usw.) seien vorhanden.

Impfen will die Deutz AG in ihren Kölner Werken Porz und Kalk sowie in Ulm mit einigen Betriebsärzten, sagt Simone Keiner, Sprecherin der Deutz AG. Rund 200 Mitarbeiter am Tag könnten geimpft werden. Man gehe von mindestens 50 Prozent der Belegschaft aus, also etwa 2000 Mitarbeitern, weil ja ein Teil möglicherweise bereits anderswo geimpft worden sei.

Problem Impfstoffzuweisung

Viel hängt allerdings davon ab, wie viel Impfstoff wann an welche Betriebe verteilt wird. Hier tappen alle noch im Dunkeln. So sagt Ford-Unternehmenssprecher Marko Belser, man bereite sich mit Hochdruck auf das Impfen durch Betriebsärzte vor, könne aber zu Einzelheiten der Abläufe noch nichts sagen, weil man nicht wisse, wann der Impfstoff komme. Insgesamt seien in Köln theoretisch rund 15 000 Mitarbeiter betroffen, in Saarlouis rund 5000. „Viele weilen aber im Homeoffice, mancher ist aber bereits geimpft oder hat anderweitig ein Impfangebot, so dass unklar ist, wie viele Impfungen bei Ford durchgeführt werden.“

Auch Lanxess-Sprecher Mätschke meint, man wisse nicht, ob Anfang Juni „genügend Impfstoff zur Verfügung steht und Klarheit über die Impfreihenfolge herrscht“. Ebenso fühlt sich die Gothaer noch nicht ausreichend vom Bund oder Land informiert und Simone Keiner, Sprecherin der Deutz AG, meint: „Es findet nahezu kein Informationsfluss statt.“

Dass derzeit noch zu viele Fragen offen seinen, beklagt auch Aldi Süd. Pressesprecherin Nastaran Amirhaji: „Wir beobachten die politischen Entwicklungen sehr genau und beschäftigen uns mit den Möglichkeiten, den anstehenden Impfprozess zu begleiten.“ Rewe-Sprecher Thomas Bonrath teilt mit: „Die Rewe Group hat die internen Vorbereitungen abgeschlossen, falls notwendig, die eigenen Mitarbeitenden zu impfen. Derzeit ist aber noch nicht absehbar, wann entsprechende Kontingente an Impfstoffen zur Verfügung stehen würden. Womöglich hat die staatliche Impfkampagne zu diesem Zeitpunkt dann schon deutlich an Fahrt aufgenommen, was eine eigene Unternehmensinitiative obsolet machen könnte.“

Die Politik

Das NRW-Gesundheitsminsterium konnte die Fragen der Unternehmen derzeit auch nicht klären. „Bundesgesundheitsminister Spahn hat bezüglich der Impfstoffmengen der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass zunächst 500 000 Impfdosen pro Woche für Betriebe vorgesehen sind. Das genaue Verfahren und der entsprechende Rahmen werden seitens des Bundes noch geklärt“, hieß es auf Rundschau-Anfrage. Die Bundesregierung will hier diese Woche Klarheit schaffen.

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Kleinere Betriebe

Prinzipiell herrscht bei den Unternehmen aller Größenklassen eine hohe Bereitschaft, ihren Mitarbeitenden Impfungen anzubieten, beziehungsweise den Mitarbeitenden soweit wie möglich den Weg zur Impfung zu erleichtern. So sieht es die Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln. Ein möglicher Weg für kleinere Betriebe wäre es, dass größere Firmen ein Impfangebot für kleinere Firmen mit übernehmen – hier müsste dann jedoch sichergestellt werden, dass diese Unternehmen durch die Betriebsärzte über den eigenen Mitarbeiterbedarf hinaus größere Impfdosen erhalten können, sagt die IHK.

Ob es eine solche Möglichkeit geben wird, sei aber noch ungeklärt. „Es gibt noch keine Verordnung, die den Weg eines solchen Verfahrens vorgibt“, so die IHK. weiter Sie empfiehlt den Unternehmen derzeit , wo keine Betriebsärzte im Einsatz sind, über die betriebsärztlichen Dienste (zum Beispiel über den Verband der Betriebs- und Werksärzte e.V.) zu gehen und das Gespräch zu suchen. Am einfachsten aber sei es – mit der Einschränkung „derzeit noch“ –, wenn die Beschäftigten auf ihre Hausärzte zugingen.

Fazit

Die meisten der großen Betriebe stehen also in den Startlöchern und werden mit der Einbeziehung der Betriebsärzte in rund einem Monat der Impfkampagne der Bundesregierung noch einmal richtig Schwung verleihen – auch weil dann Bürger zum Zug kommen, die bisher angesichts der bisherigen Priorisierung noch keine Chance auf Impfschutz hatten. Allerdings mangelt es vielfach bisher an belastbarer Information aus den Ministerien, wie der Impfstoff wann an welche Firmen genau verteilt wird.

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