Nie wieder Homeoffice?Wie Kölner Unternehmen nach Corona arbeiten wollen

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Symbolbild

Köln – Je größer die Häuser, desto leichter tun sich viele Unternehmen mit dem Bereich Homeoffice. Tatsächlich kann gerade eine große Mitarbeiter-Zahl – so sie denn nicht in der Produktion eingesetzt ist – helfen, sehr viel flexibler auf Homeoffice-Wünsche zu reagieren.

Und viele haben auch schon angekündigt, den Bereich mobiles Arbeiten auch künftig als festen Bestandteil der Arbeitswelt beibehalten zu wollen. Aber wie gehen mittelständische Häuser mit den Erfahrungen des Lockdowns um? Immerhin waren die Unternehmen mehr oder weniger vom einen auf den anderen Tag gezwungen, komplett auf mobiles Arbeiten umzustellen.

Schon vor Corona gab es bei der Bethmann Bank eine Betriebsvereinbarung, nach der die Belegschaft einen Tag in der Woche mobil arbeiten konnte – egal, ob von zu Hause oder von Omas Garten, Hauptsache die Arbeit wurde erledigt und man war erreichbar.

Betriebsvereinbarungen werden verlängert

„Ich rechne fest damit, dass diese Betriebsvereinbarung auf zwei bis drei Tage ausgeweitet wird“, erklärt Kommunikations-Leiterin Alexandra Witt-Krauß. Unter der Belegschaft gab es eine große Umfrage, wie man nach Corona mit dem mobilen Arbeiten umgehen wolle. Das Bild war eindeutig: Die große Mehrheit befürwortete das flexiblere Arbeitsmodell.

Auch in der Führungsebene, wobei Witt-Krauß klar sagt, dass es gerade dort anstrengend sein kann, „aus der Ferne“ die Fäden zusammenzuhalten. Gut 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hat die Filiale an der Gereonstraße. Sie soll auch räumlich auf die neuen Erfordernisse umgestellt werden bis hin zum TV-Studio für Schaltkonferenzen auch für die Kundschaft: Denn die, so Witt-Krauß, habe sich ebenfalls auf die Verhältnisse eingestellt und diese schätzen gelernt.

Homeoffice hat sich vielerorts bewährt

Ein Bild, das auch die bisherigen Erfahrungen der Industrie- und Handelskammer (IHK) bestätigt: Viele Betriebe blieben bei den großzügigen Homeoffice-Regelungen, wenn sie sich aus Sicht der Beschäftigten und Unternehmen bewährt hätten. Besonders betreffe dies die Bereiche Chemie und IT, auch die IHK selbst werde nicht mehr zum alten Modell zurückkehren.

Bei der GVV Kommunalversicherung hält man nach dem Wegfall der gesetzlichen Pflicht zum mobilen Arbeiten den Kurs ebenfalls bei, wo immer es möglich ist. Unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange werden alle Mitarbeiter gebeten, wenn möglich weiterhin mobil zu arbeiten. Für Besprechungen werden nach wie vor Telefon- oder Videokonferenzen genutzt, Mehrfachbelegungen von Büros vermieden. Die Arbeitszeit für mobiles Arbeiten ist bis 20.30 Uhr verlängert worden, damit sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter flexibel einrichten können.

Homeoffice hat auch für Ärger in der Belegschaft gesorgt

Anders sieht es bei manchen produzierenden Betrieben aus. Dort seien viele Unternehmen froh, ihre Mitarbeitenden wieder zurückholen zu können, so die Erfahrung der IHK. Denn hier hat sich eine Zweiteilung ergeben, die nicht immer gut für das Betriebsklima war: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen Technik und Arbeitsbedingungen das Homeoffice ermöglichten, und diejenigen in der Produktion, wo es nicht möglich ist.

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Stichwort Betriebsklima und Unternehmenskultur: Ein guter Teil der Mitarbeiter gerade in mittleren und kleineren Unternehmen vermisst den persönlichen Austausch und ist froh, wieder zurückkehren zu können. Allerdings, und das bleibt fast überall gleich: Die Möglichkeit, flexibel und mobil reagieren zu können, will niemand mehr missen. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass es möglich ist.

Kleine Unternehmen hatten oft kein Homeoffice

In der Handwerkskammer zu Köln ist das Thema naturgemäß weniger virulent. Eine Vielzahl der Betriebe hier sind im Vergleich kleine Unternehmen mit wenig Angestellten, vielleicht einer Bürokraft.

Zuhause oder im Büro?

57 Prozent der Befragten können sich laut einer repräsentativen DAK-Umfrage in NRW vorstellen, künftig mindestens die Hälfte ihrer Zeit von zu Hause aus zu arbeiten. Allerdings schwanken die Zahlen von Umfrage zu Umfrage. Sicher scheint: Es scheint eine stabile Mehrheit für ein hybrides Arbeitsmodell zu geben, das sowohl Zeit im Büro wie im Homeoffice ermöglicht. Ganz im Büro oder ganz zuhause wollen die wenigsten Arbeitnehmer arbeiten.

Mit dem Ende der gesetzlichen Homeoffice-Pflicht kehrt ohnehin rechtlich nicht alles automatisch auf den Vor-Corona-Stand zurück. Noch immer gibt es Vorgaben für die Büroarbeit. Etwa zehn Quadratmeter Mindestfläche pro Person, zwei Schnelltests pro Woche für Nicht-Geimpfte oder Menschen, die eine Infektion bereits durchgestanden haben, Maskenpflicht beim Laufen durch die Räume und ein festes Hygienekonzept.

Darüber hinaus gibt es momentan noch einige ungeklärte Fragen, was die Ausstattung zu Hause betrifft. Während zu Hochzeiten der Pandemie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit provisorischen Lösungen wie dem Laptop am Küchentisch vorlieb nahmen (teilweise auch nehmen mussten), werden bei einer ganz allgemeinen Möglichkeit zum Homeoffice viele offenen Fragen noch diskutiert. Gewerkschaften wie Arbeitgeber drängen hier auf verbindliche Modelle. Auch in der Politik wird eifrig diskutiert: Während Grüne und SPD ein gesetzliches Recht auf Homeoffice einfordern, steht die Union solchen Plänen eher skeptisch gegenüber. (two)

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hier müssen ohnehin raus, die Möglichkeit zum Homeoffice bestand und besteht vielerorts schlicht nicht. Als Ungerechtigkeit empfinde man das aber nicht, erklärt ein Dachdecker-Meister, der seinen Namen nicht nennen will.

Schließlich sei gerade das Handwerk in vielen Bereichen gut bis sehr gut durch die Zeit gekommen. „Wir sind viel an der frischen Luft, da ist das ohnehin kaum ein Thema. Bei uns im Kollegenkreis gab es bislang zum Glück keine Corona-Fälle.“

Und doch noch einmal ein Schwenker zu den ganz Großen: Ford hat rund 14 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen viele natürlich in der Produktion arbeiten und damit aus dem Homeoffice herausfallen.

Für alle anderen aber ist bereits eine Betriebsvereinbarung getroffen worden, die nach den Werksferien ein „hybrides“ Arbeitsmodell vorsieht. Man habe sehr positive Erfahrungen mit dem mobilen Arbeiten gehabt, erklärte Firmensprecher Marko Belser, und werde dies auch fortführen.

Zuhause und Büro: Mehrheit wünscht sich flexibles Wechselmodell

Mehrere Umfragen in der Belegschaft hatten ergeben, dass die große Mehrheit weder komplett zuhause noch ausschließlich im Büro tätig sein will. Je nach Möglichkeit und Bedarf, so Belser, werde man einige Tage zuhause und andere im Büro verbringen können. Ein Zwang ist das aber nicht: Das Angebot sei komplett freiwillig, betont der Firmensprecher.

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