KommunikationspanneBei Trauerfeier in Bergneustadt fehlt der Leichnam

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Blick auf einen Tisch, auf dem ein Totenschein und ein Kugelschreiber liegen. Davor die gefalteten Hände eines Menschen.

Wird als Todesursache „unbekannt“ angegeben, schalten sich Polizei und Staatsanwaltschaft ein. Und das kann offenbar dauern.

In Bergneustadt ist der Albtraum für Hinterbliebene wahr geworden: Bei der Trauerfeier für eine 91-Jährige waren alle da – nur der Leichnam nicht. 

Den 19. Oktober des vergangenen Jahres werden Wolfgang Klippert und Uwe Pfingst gewiss nicht vergessen. Der eine, Klippert, wollte an jenem Mittwochvormitttag Abschied von seiner verstorbenen Mutter Margarete nehmen.

Auch die Geschwister waren von weit her angereist. Der andere musste in seinem langen Berufsleben als Bergneustädter Bestatter zum ersten Mal einer Trauergemeinde gestehen, dass der Leichnam fehlt.

Was war passiert? In der Woche zuvor, am 13. Oktober, starb Margarete Klippert im Gummersbacher Kreiskrankenhaus im Alter von 91 Jahren. Die alte Dame war gestürzt, hatte sich den Oberschenkelhals gebrochen und wurde mehrfach operiert. Von den Folgen des Sturzes erholte sie sich indes nicht mehr.

Angesichts ihres Alters kein ungewöhnlicher Fall, das sieht auch Wolfgang Klippert so. Der Sohn ärgert sich vielmehr über das, was danach geschah – oder seiner Ansicht nach eben gerade nicht passierte.

Kreisklinikum Oberberg: Todesursache unbekannt

Der diensthabende Arzt vermerkte auf dem Totenschein als Todesursache „unbekannt“, das bestätigt auch das Kreisklinikum – und damit begann das Drama. Denn notiert ein Mediziner eine unklare Todesursache, muss auch die Polizei informiert werden.

Der Leichnam werde dann regelmäßig in die Pathologie gebracht, erklärt Angela Altz, Sprecherin des Gummersbacher Krankenhauses, auf Nachfrage. Die Kriminalpolizei wiederum eröffnet ein sogenanntes Todesermittlungsverfahren.

Die Beamten nehmen also den Leichnam in der Pathologie in Augenschein und verfassen einen Bericht, der dann, gemeinsam mit Arztberichten über den oder die Tote, an die Staatsanwaltschaft geschickt wird. Von dort gelangen die Unterlagen zur Rechtsmedizin, wo Experten eine Einschätzung abgeben, ob man der Todesursache genauer nachgehen sollte oder eben nicht.

Erscheint alles unauffällig, läuft die Kette rückwärts: Die Rechtsmediziner informieren die Staatsanwaltschaft, die wiederum die Polizei und von dort erreicht die Nachricht über die Freigabe der Leiche das Krankenhaus und natürlich die Angehörigen.

Bergneustädter planten arglos die Trauerfeier

Genau diese Kommunikation habe im Falle seiner Mutter aber nicht funktioniert, kritisiert Wolfgang Klippert. Das Krankenhaus habe ihm überhaupt nicht mitgeteilt, dass Margarete Klippert ein „unklarer Todesfall“ sei. Während der Leichnam also tatsächlich beschlagnahmt war, begann die Familie Klippert arglos mit der Planung der Trauerfeier.

Noch einen Schritt weiter geht Uwe Pfingst, Inhaber des Aeterno-Trauerhauses in Pernze. Er berichtet, dass er – in Klipperts Auftrag – am Nachmittag des 13. Oktober in Gummersbach vorgefahren sei, um den Leichnam abzuholen. „Dort hieß es plötzlich, es gebe noch gar keine Freigabe. Das hat mich total überrascht.“

Nach eigener Darstellung rief Pfingst daraufhin bei der Polizei an, um sich zu erkundigen. „Selbst dort wusste man noch nichts von einem unklaren Todesfall Klippert. Erfahren hat die Polizei das erst durch mich“, betont der Bestatter.

Kriminalpolizei untersuchte Leichnam in Gummersbach

Klippert und Pfingst mahnen an, dass sich das Klinikpersonal stärker bewusst macht, welchen Rattenschwanz das kleine Kreuzchen bei der unklaren Todesursache nach sich zieht, insbesondere für die Angehörigen. Die oberbergische Polizei bestätigt, dass sie am 14. Oktober ein Verfahren eröffnet hat und Beamte den Leichnam in Gummersbach untersuchten. Noch am selben Tag wurde der Bericht an die Staatsanwaltschaft Köln übermittelt. Wie die Ermittler vom Tod der Bergneustädterin erfuhren – ob durch die Klinik oder durch Bestatter Pfingst – lasse sich nicht mehr nachvollziehen.

Das Krankenhaus bleibt auf konkrete Anfrage vage: „Die Ärzte erklären den Angehörigen in der Regel, warum auf dem Totenschein ,Todesursache ungeklärt’ bescheinigt werden muss und dass die Polizei auf die Angehörigen zukommen kann.“ Fest steht jedenfalls: Trotz der Ermittlungen rechnete Uwe Pfingst fest mit der zügigen Freigabe der Leiche, die Trauerfeier wurde für den 19. Oktober, den Mittwoch nach dem Todestag, in seinem Haus vorbereitet. „Nach unserer Erfahrung dauert die Routine in solchen Fällen maximal zwei Tage. Sonst hätte ich den Termin doch später gemacht“, so Pfingst.

Da sitzen die Angehörigen da und dann fehlt der Leichnam - wie peinlich.
Uwe Pfingst, Bestatter aus Bergneustadt, ärgert sich über die verspätete Freigabe

Am Montag und Dienstag wurde Pfingst allerdings immer nervöser und hakte mehrfach nach. Am Mittwochmorgen zeichnete sich ab, dass der Leichnam nicht rechtzeitig freigegeben werden würde – da hatten sich die Angehörigen aber längst auf den Weg gemacht. Abschied nahm die Familie letztlich von einem Bild der Toten, das von Blumen umringt wurde. „Da sitzen die Angehörigen da und dann fehlt der Leichnam – wie peinlich“, ärgert sich Uwe Pfingst.

Die Staatsanwaltschaft Köln hält den benötigten Zeitrahmen für die Untersuchung im Fall Klippert dagegen für durchaus üblich – vor allem, weil noch ein Wochenende dazwischen lag, wie eine Sprecherin betont. Am Mittag des 19. Oktobers wurde der Leichnam von Margarete Klippert freigegeben – da waren ihre Angehörigen aber bereits auf der Rückfahrt.

Bis heute keine Erklärung für die Bergneustädter Familie

Sie wurde am 24. Oktober im kleinsten Kreis in Bergneustadt beerdigt. Eine Erklärung dafür, warum die Todesursache seiner Mutter als unbekannt bewertet wurde, hat Wolfgang Klippert nach seiner Aussage bis heute nicht bekommen.

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