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KirchenstreitErzbistum kippt „Modellprojekt Bergisch Gladbach“ – Pfarrer bleiben vorerst

Lesezeit 5 Minuten
Die katholische Kirche St. Laurentius in Bergisch Gladbach.

Die geplante Neugestaltung der Pastoralen Einheit Bergisch Gladbach in einem Modellprojekt wird vorerst komplett zurückgenommen.

Kreisdechant Norbert Hörter hatte zuvor erklärt, nicht mehr als Leiter für das „Modellprojekt Bergisch Gladbach“ zur Verfügung zu stehen. 

Das „Modellprojekt“ Bergisch Gladbach ist vom Tisch. Das Erzbistum hat die umstrittene Einführung einer neuen Pastoralen Einheit aller fünf katholischen Seelsorgebereiche in der Kreisstadt zum 1. März zurückgenommen. Zuvor war am Freitag bekannt geworden, dass Kreisdechant Norbert Hörter erklärt hatte, als Leiter eines zum 1. März zu startenden „Modellprojekts“ nicht mehr zur Verfügung zu stehen.

Mit der Rücknahme des „Modellprojekts“ bleiben auch die leitenden Pfarrer Wilhelm Darscheid (Bergisch Gladbach-West) und Winfried Kissel (Refrath/Frankenforst) vorerst im Amt. Wie berichtet hatte das Erzbistum sie aufgefordert, ihren Amtsverzicht zu erklären, weil sie dem neuen Pastoralteam nicht mehr angehören und stattdessen andere Aufgaben im Erzbistum übernehmen sollten.

Bergisch Gladbach: Proteste unter den Katholiken

Als die Pläne Mitte Januar vom Erzbistum per Proklamandum (Vermeldung) in den Gottesdiensten der Gemeinden verkündet worden waren, hatte dies zu einem Proteststurm geführt, zumal sämtliche Gremien und auch betroffene Seelsorger betonten, dass bislang bei der Einrichtung der neuen, größeren Pastoralen Einheit stets von einem gemeinsamen Prozess die Rede gewesen sei, in dem Personalentscheidungen erst zum Schluss im Herbst 2023 hatten getroffen werden sollen.

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„Leider“ sei es bei dem Proklamandum „zu Fehlern und Versäumnissen von Seiten der Projektverantwortlichen im Generalvikariat gekommen, insbesondere was die Einbindung der Gremien und der Pastoralteams vor Ort angeht“, räumte am Freitag der   Leiter der Hauptabteilung Entwicklung Pastorale Einheiten, Monsignore Markus Bosbach ein. Er selbst hatte sich im Januar während des Proklamandums und des anschließenden Proteststurms in einer Auszeit befunden.

Das Proklamandum vom 14./15. Januar habe „in Bergisch Gladbach und im gesamten Erzbistum zu Irritationen, Enttäuschungen, Verärgerung und Wut geführt“, räumte Bosbach am Freitag in seiner ersten Stellungnahme in der Sache ein. Kurz nach dem Proklamandum hatte sich zunächst Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki eingeschaltet und Fehler seitens des Erzbistums eingeräumt.

Bergisch Gladbacher Pfarrer bleiben vorerst im Amt

Auf der Grundlage der danach von Weihbischof Ansgar Puff und einem Mitarbeiter Bosbachs geführten Gespräche in den Bergisch Gladbacher Gemeinden habe der „Erzbischof die Entscheidung getroffen, das Proklamandum zurückzunehmen“, heißt es in einer am Freitag an die Gremienvertreter versendeten Mitteilung des Erzbistums, die der Redaktion vorliegt.

Die betroffenen Pfarrer bleiben mit der Rücknahme des „Modellprojekts“ durch das Erzbistum zwar vorerst auch über den 1. März hinaus im Amt, doch in der „zukünftigen Personalplanung“ werde es wie im gesamten Erzbistum Köln auch in Bergisch Gladbach „perspektivisch“ nur einen Pfarrer und ein Personalteam geben, schränkt Monsignore Bosbach in seiner „Verlautbarung“ vom Freitag ein. Allerdings sei der Zeitpunkt „noch nicht festgelegt“.

Was dies für die kommenden personellen Konstellationen in Bergisch Gladbach bedeute, werde „auf der Basis der anstehenden Diskussionen mit den Gremien und deren Voten geplant und in Abstimmung mit den einzelnen Seelsorgerinnen und Seelsorgern in Gesprächen kommuniziert“, sichert Bosbach zu. Bis zu den Sommerferien sollen sich die Seelsorgebereiche per Votum entscheiden können, ob sie für oder gegen die Teilnahme an einem neuen Modellprojekt zu einem späteren Zeitpunkt sind.

Erzbistum Köln hatte Zusagen gebrochen

Dass mit dem Proklamandum Mitte Januar mehrere frühere Zusagen gegenüber den Gemeinden vor Ort gebrochen worden waren, hatte wie berichtet zu einem erheblichen Vertrauensverlust bei Gemeindemitgliedern, ehrenamtlich Engagierten, aber auch Seelsorgern geführt.

In einer schriftlichen Erklärung, die zu Beginn der jüngsten Gespräche von Weihbischof Ansgar Puff in den Bergisch Gladbacher Gemeindegremien verlesen wurde, hatte sich zuletzt auch Kreisdechant Norbert Hörter von dem „Modellprojekt“ distanziert.

Für seine Entscheidung, nicht mehr als Leiter des Pastoralteams zum 1. März zur Verfügung zustehen, hatte er in seiner Erklärung zwei Gründe genannt: „Es braucht intensive Gespräche der Projektverantwortlichen aus Köln mit allen Beteiligten in den fünf Seelsorgebereichen Bergisch Gladbachs über die Verletzungen, Fehler und Enttäuschungen.“ Und: „Die Pastorale Einheit Bergisch Gladbach hat nur eine Chance, wenn es einen gemeinsamen Blick nach vorne gibt, der zurzeit nicht möglich ist.“

Die Bekanntgabe des Modellprojekts hat viele hier getroffen
Norbert Hörter, Kreisdechant des Rheinisch-Bergischen Kreises

Wie Hörter betonte, habe er seine Entscheidung bereits am Donnerstag vergangener Woche (26. Januar) „gegenüber den Verantwortlichen im Erzbistum erklärt“. Er gehe davon aus, so Hörter, „dass dies an den Erzbischof kommuniziert worden ist“. Am Freitag erklärte er, dass auch das übrige „Kernteam“ mit Christiane Kurth, Armin Wirth und Christoph Bernards beschlossen habe, „dass wir nicht für die Steuerung des Modellprojektes am 1. März zur Verfügung stehen“.

Die Entscheidung des Erzbistums, das Proklamandum zurückzunehmen, begrüßte Hörter am Freitag und machte zugleich klar: „Es braucht intensive Gespräche der Projektverantwortlichen aus Köln mit allen Beteiligten in den fünf Seelsorgebereichen Bergisch Gladbachs über die Verletzungen, Fehler und Enttäuschungen.“ Und: „Die Bekanntgabe des Modellprojekts hat viele hier getroffen.“

Am Montag hatten auch die Gremienvertreter seiner eigenen Pfarrei St. Laurentius im Gespräch mit Weihbischof Puff gefordert, das Proklamandum zum „Modellprojekt“ zurückzunehmen. Das geht aus einem internen Protokoll der Sitzung hervor, das der Redaktion vorliegt.

Uns geht es um einen offenen Austausch, wo die Schwerpunkte, aber auch die Nöte der einzelnen Gemeinden liegen.
Alexander Nix, Kirchenvorstand Refrath/Frankenforst

Gleichwohl, so heißt es darin weiter, werde die Einführung des Modellprojekts als solches „von den Anwesenden nicht grundsätzlich abgelehnt, sondern muss unter Beteiligung aller gewählten Gremien der Katholischen Kirche in ganz Bergisch Gladbach neu entwickelt werden“. Die neue Pastorale Einheit müsse unter Beteiligung aller gewählten Gremien der Katholischen Kirche in Bergisch Gladbach „neu entwickelt werden“, so die Forderung.

Die Vertreter der Kirchengemeinde Refrath/Frankenforst haben bereits vor der Entscheidung des Erzbistums Vertreter aller fünf Bergisch Gladbacher Seelsorgebereiche   zu einem Gespräch für Sonntagabend eingeladen. „Uns geht es um einen offenen Austausch, wo die Schwerpunkte, aber auch die Nöte der einzelnen Gemeinden liegen“, erläutert Alexander Nix, Vize-Vorsitzender des Kirchenvorstands von St. Johann Baptist.

Die Resonanz sei groß gewesen, aus allen Gemeinden hätten sich Vertreter aus den Gremien angemeldet. Ein wichtiges Gesprächsthema dürften nun die neuen Rahmenbedingungen sein. „Alles wird überstrahlt von der Freude, dass wir das erreicht haben“, so Nix.


Das bedeutet die Rücknahme im Einzelnen

Personal: Die Pfarrer Christoph Bernards, Wilhelm Darscheid, Norbert Hörter und Winfried Kissel bleiben laut Erzbistum „als kanonische Pfarrer in ihren Aufgaben und Einsatzorten“; Pfarrer Hörter bleibt Pfarrverweser im Seelsorgebereich Bensberg/Moitzfeld.

Weiteres Vorgehen: Die Möglichkeit der Umsetzung eines Modellprojekts wird laut Erzbistum „mit den Gremien neu diskutiert und entschieden“. Die Entscheidung, dass Bergisch Gladbach zukünftig eine Pastorale Einheit sein wird, ist davon unberührt.

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