Was die Regionale 2025 im Bergischen verändert hat und wo noch nicht abgerufenes Potenzial liegt. Regionale-2025-Geshäftsführer im Interview.
„Hier sind sich zwei Welten neu begegnet“Was die Regionale 2025 im Bergischen verändert hat und wo noch Potenzial liegt

Im Interview spricht Regionale-2025-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor darüber, was die Regionale für Großprojekte wie die Neugestaltung des Zanders-Gelände bedeutet und wo noch ungenutzte Ressourcen wie die Wasserkompetenz der Region liegen.
Copyright: Guido Wagner
An diesem Samstag ist nicht nur der längste Tag des Jahres, sondern auch der „Lange Tag der Region“, der seit 2001 jedes Jahr an einem anderen Ort in der Region Köln/Bonn stattfindet. Diesmal in Gummersbach, im Bergischen RheinLand, dem Projektraum des Landesstrukturprogramms der Regionale 2025, die gerade mit der Präsentation ihrer Ergebnisse begonnen hat. Darüber wie die Regionale das Bergische verändert, hat Guido Wagner mit Regionale-2025-Geschäftsführer Dr. Reimar Molitor gesprochen.

Dr. Reimar Molitor ist Geschäftsführer der Regionale 2025 im Bergischen RheinLand.
Copyright: Joachim Gies
An diesem Samstag ist die Region zu Gast im sogenannten „Bergischen RheinLand“, das ja im Rahmen der Regionale 2025 als Gebiet aus Rhein-Berg, Oberberg und Teilen des Rhein-Sieg-Kreises zusammengesetzt wurde. Wie hat die „Regionale 2025“ diese Region in den vergangenen Jahren verändert?
Die zahlreichen Projekte, die gemeinsam entwickelt worden sind – vom Schnellbusnetz bis zur Ressourcenschmiede auf Metabolon oder der Transformation ehemaliger Industriegelände wie dem Zanders-Areal, aber auch zahlreiche genossenschaftliche Initiativen unter anderem zum Betrieb eines Dorfmittelpunkts, einer Gaststätte oder eines Dorfladens, haben gezeigt, was die Region kann – und was sie braucht. Und was sie schafft, wenn die Menschen und Institutionen in diesem Raum zusammenarbeiten und aus einem Guss Projekte initiieren und umsetzen.
Haben die Menschen in den drei Kreisen denn etwas, das sie außer der Regionale 2025 und ihren Projekten verbindet?
Sicher mögen sich Menschen, die in Wermelskirchen wohnen, fragen: Was habe ich denn jetzt mit Hennef an der Sieg zu tun? Tatsächlich aber ist der Raum sehr ähnlich gestrickt.
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Inwiefern?
Sowohl kulturhistorisch als auch von der Landschaft her, vor allem aber auch durch das Wasser und die Flusssysteme, die diesen Raum gliedern, ihn aber auch verbinden. Alle heißen irgendwie mit Nachnamen „Rhein“, weil sie alle in den Rhein fließen. Das ist auch der Zugpunkt.
Also verbindet der Bezugspunkt zum Rheinland?
Nicht nur. Auch als Ressourcenstandort hat das Bergische RheinLand eine ganz eigene Prägung durch seine Bodenschätze, die Steinbrüche, historisch den Erzbergbau, bis hin zu seinen Wasserspeichern – nirgendwo gibt es eine höhere Talsperrendichte als im Bergischen Land. Das Bergische RheinLand umfasst das Beste aus beiden Welten: dem Bergischen und dem Bezug zum Rheinland.

Beim Auftakt des Präsentationszeitraums der Regionale 2025 schauten Experten aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland beim Kongress auf dem Zanders-Gelände im Bergisch Gladbach auf die Region Bergisches RheinLand.
Copyright: Christopher Arlinghaus
Kann so etwas denn über den Projektzeitraum der Regionale 2025 lebendig bleiben?
Davon bin ich jetzt fest überzeugt, nachdem auch die drei Landräte bei der Eröffnung des Präsentationszeitraums auf dem Zanders-Gelände von sich aus und ganz deutlich erklärt haben, dass sie die Zusammenarbeit fortsetzen und dazu eine eigene Geschäftsstelle schaffen wollen. Die Perspektive ist jetzt ganz deutlich, dass diese Zusammenarbeit als Raum auch fortgeführt wird. Der „Lange Tag der Region“ ist der geeignete Rahmen, um dem Land – wir bekommen ja auch Besuch aus der Staatskanzlei – zu zeigen, welches Potenzial, diese Region hat – und dass dieses Bergische RheinLand sich gefunden hat und weiter zusammenarbeiten will – und muss.
Warum „muss“?
Weil nur so Belange wie zum Beispiel die Zukunft von Investitionen in die Wasserinfrastruktur, gestemmt werden können. Das wird sicherlich nicht eine Kommune oder ein Verband alleine schaffen.
Jetzt war das ja bei der ersten Regionale 2010 auch schon ein Thema, dass diese Vernetzung und das Bewusstsein, eine Verbindung zu haben, durch die gemeinsamen Projekte geschaffen worden ist. Was ist nun anders?
Jetzt ist dieses Bewusstsein auch bei den anderen Kommunen und Kreisen in der Region angekommen. Auch die großen Städte am Rhein, Köln und Leverkusen und die gesamte Rheinschiene sehen das Bergische RheinLand mittlerweile anders.
Wie anders?
Ich habe letztens mal zusammengefasst: von passiv zu aktiv. Also auf beiden Seiten. Man kann jetzt aus der Rheinschiene aktiver auf den Raum zugehen und sagen: Wie machen wir das mit Mobilität und Radpendlerrouten? Wie machen wir das mit Wohnen, mit der Frage der Konversion von Flächen? Da sind sich diese Welten noch mal neu begegnet. Die Idee vom guten Leben, das beides gleichzeitig hat. Zum einen gibt es im Bergischen RheinLand ein landschaftlich tolles Umfeld mit Arbeitsplätzen vor der Haustür, aber immer auch noch die Möglichkeit, auf die Rheinschiene zu pendeln oder auch mit Homeoffice das vielleicht auf zwei Tage zu beschränken.

Ob Freizeitgestaltung oder auch Wohnen - das Bergische Rheinland hat auch auf Großstädter in den vergangenen Jahren eine nochmal zunehmende Anziehungskraft ausgewirkt.
Copyright: Guido Wagner
Damit wäre das Bergische RheinLand ja auch für Großstädter wie Kölner interessant.
Ja, das hat ja auch für eine unglaubliche Zuzugssituation auch von jungen Familien gesorgt, die einfach sagen: wenn ich beides haben kann, wenn ich beides auf einmal will, dann besser so – und im Bergischen RheinLand. Das ist auch anders als vor 15 Jahren.
Das heißt aber doch auch, überalternde Dörfer dürften im Bergischen der Vergangenheit angehören?
Genau. Auch unsere ländlichen Dörfer werden jünger – und auf ihre Art aktiv.
Die Genossenschaften und Initiativen, in denen auch im Rahmen der Regionale viele Menschen ihr Lebensumfeld selbst attraktiver gestalten wollen?
Richtig. Das macht es glaube ich auch sehr attraktiv, dass man eine lebendige Dorfgemeinschaft hat: das gute Leben selbst gemacht. Und ich glaube, dieser Trend hat auch mit und nach Corona nochmal eine Beschleunigung bekommen. Dass die Immobilienpreise wieder hochgegangen sind und dann das Zinsniveau hat nochmal für eine ganz starke Verdrängung von jungen Familien aus der Rheinschiene hierher ins Bergische RheinLand geführt. Und die bringen die Arbeit mit für zwei oder drei Tage im Homeoffice. Hier kannst du arbeiten und wohnen – und Eigentum bilden. Und es gibt noch eine relativ gute Versorgung mit Kita- und Schulangeboten. Das ist in den Städten am Rhein ja auch zunehmend ein großes Problem mit den immensen Sanierungsrückständen.
Heißt das innerhalb der Region Köln/Bonn liegt das Bergische RheinLand nun auf der Sonnenseite?
Tendenziell ist es innerhalb der Gesamtregion mit der Rheinschiene und Räumen wie dem Rheinischen Revier im Linksrheinischen in jedem Fall einer der Gewinnerräume.
In dem die Menschen selbst aktiv werden, um für ein gutes Leben zu sorgen.
Klar, das ist Kunst, Theater, Kneipe, aber das geht jetzt auch zunehmend in die harten Bereiche von Pflege und Ärzteversorgung. Also man könnte sagen, da wo Staat und Markt sich zurückziehen, da packen sich diese Leute eben ihre Vorstellungen vom guten Leben selbst und machen sie selber.

Das gute Leben selbst gemacht: Zunehmend nehmen Menschen im Bergischen das, was fehlt und sich nicht anderweitig realisieren lässt, selbst in die Hand. Jugendheim. Wie die Carsharing-Genossenschaft Marialinden, die 2024 bereits fünfjähriges Bestehen feierte.
Copyright: Anton Luhr
Was treibt die Menschen dazu an?
Wenn man das mal von oben betrachtet, könnte man sagen: Im Bergischen RheinLand gibt es das Beste aus beiden Welten an einem Ort. Und dieser Lagevorteil motiviert natürlich auch mehr dazu, die paar Dinge, die dann eventuell von Staat und Markt nicht mehr so gemacht werden, sich halt selber auch noch zu organisieren. Von dieser Grundausstattung zu sagen: Dann baue ich mir jetzt noch die Kneipe und die Ärzteversorgung und das Mobilangebot, ist ja was anderes, als wenn du irgendwo am Ende der Welt wohnst und nichts hast. Im Bergischen RheinLand hast du aus der Lagegunst eine Position der Stärke, also der inneren Stärke. Und das betrifft nicht nur private Initiativen.
Sondern auch?
Auch in der Wirtschaft war hier immer die Ausgangslage, dass selbst gestaltet wurde. Hier wurde das Erfinden erfunden. Viele beschäftigen sich einfach traditionell sehr offensiv mit Zukunft. Also wenn du so ein Unternehmen hast wie Schwalbe in Oberberg oder Cleansort in Rösrath, die jüngst den NRW-Umweltpreis bekommen haben . . . die sind ja eigentlich alle Avantgarde.
Weitere Innovationsimpulse wollte die Regionale 2025 setzen.
Und das hat sie auch, indem sie die Forschung hier in den Raum nochmal verstärkt hineingetragen hat. Und die Innovationsimpulse über den Campus in Gummersbach, über Projekte wie Aqualon, Metabolon, auch die Denkschmiede in Hennef sind dann auch nochmal Direktimpulse für die Region. Da muss keiner mehr bis nach Aachen fahren. Die kommen hier hin, weil sie dabei sein wollen, bei dem, was hier passiert.
Was fehlt denn der Regionale 2025 noch?
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die Folgen mögen mit dazu beigetragen haben, dass wir die Ressourcen-Thematik noch nicht gut nutzen für die Zukunft. Wir haben definitiv noch keinen richtigen Plan für Erneuerbare Energien in der Region. Wir haben noch keine Haltung entwickelt, wie wir mit dem Thema Wind und Sonne hier in dem Raum umgehen. Das bedingt halt einen Landschaftsumbau und neue Infrastruktur, selbst entlang der Autobahnen geht es erst zaghaft los. Da muss das Bergische RheinLand noch zu seiner früheren Innovationskraft zurückfinden, die es ja definitiv gab, als hier beispielsweise mit der besonderen Situation des Wasserreichtums und moderner Ingenieurskunst die höchste Talsperrendichte Deutschlands entstand.
Woran liegt es, dass diese Innovationskraft heute fehlt?
Ich weiß es nicht. Wir gehen dem aber ja im Herbst noch einmal mit dem Kongress „Ressource“ auf Metabolon nach und machen nächstes Jahr Zukunftswerkstätten zu Wasser, zu Wald und zu Energie. Also Anfang 2026 und da setze ich sehr auf die neuen Ratsmitglieder nach der Kommunalwahl, dass sie diesen Bereich noch neu entdecken für sich und das Thema Klimawandel und Landschaftsumbau und Erneuerbare Energien, dass sie das progressiv gestalten, offensiv für den Raum und nicht defensiv. Also das ist ein echtes Anliegen. Und dann bin ich mal gespannt, was sich da noch bewegen lässt. Ich bin überzeugt, dass da noch einiges drinsteckt im Bergischen RheinLand.
Weitere Informationen zur Regionale 2025 im Bergischen RheinLand sind hier www.regionale2025.de und hier www.neuessehen.com zu finden.